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LOGISTIK express Fachzeitschrift | 2017 Journal 3

Wirtschaft, Handel, E-Commerce, Intralogistik, Industrie 4.0, Digitalisierung, Transportlogistik, Job Karriere

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auch der Hund begraben, wenn man<br />

sich fragt, warum die Digitalisierung in<br />

der Binnenschifffahrt so zögerlich funktioniert.<br />

Denn, wie vor 100 Jahren gilt<br />

auch heute noch, mit Binnenschifffahrt<br />

kann man nicht reich werden, an der<br />

Binnenschifffahrt schon. Erst wenn unbelastete,<br />

hungrige und junge Leute<br />

an das Ruder kommen, kann die Digitalisierung<br />

auch in der Binnenschifffahrt<br />

zu neuen Erfolgen führen.<br />

E-Commerce Boom fast verpasst<br />

Im Gegensatz zur Befürchtung von<br />

Joachim Zimmermann (Vizepräsident<br />

Bundesverband öffentlicher Binnenhäfen),<br />

dass die Binnenschifffahrt auf<br />

„Selbstheilungskräfte“ vertraut und<br />

den E-Commerce Boom verpasst, muss<br />

man jedoch auch sehen, dass es schon<br />

einige wenige Beispiele gibt, die einen<br />

neuen Kurs in der Binnenschifffahrt<br />

vorgeben. Imperial Logistics zum Beispiel,<br />

hat mit der IFMS (Imperial Freight<br />

Management System) gerade eine<br />

digitale Lösung für die Binnenschifffahrt<br />

entwickelt und disponiert nach<br />

eigenen Angaben bereits täglich 600<br />

Binnenschiffe damit. Eine andere Plattform<br />

– Cargoplatform.com (Bargelink<br />

& Railcargo.com) – ist schon länger am<br />

Markt und betreut deutlich mehr Binnenschiffe,<br />

die von der Plattform profitieren<br />

können. Beides Lösungen, deren<br />

ICT Sektor innerhalb definierter Grenzen<br />

abläuft. Noch nicht die perfekten Lösungen,<br />

aber immerhin.<br />

Auch die EU müht sich redlich. Zählt<br />

die Digitalisierung doch zu den Lieblingsthemen<br />

von Präsident Jean-Claude<br />

Juncker. 2015 wurde eine Expertengruppe<br />

eingesetzt. „Forum für die<br />

Digitalisierung in Verkehr und Logistik“<br />

(Digital Transport and Logistics Forum/<br />

DTLF) heißt das Ding. Die Kommission<br />

hält es für notwendig, alle Beteiligten<br />

aus verschiedenen Verkehrs- und Logistikkreisen<br />

an einen Tisch zu bringen,<br />

eine gemeinsame Zukunftsvorstellung<br />

zu formulieren, ihre Verwirklichung zu<br />

koordinieren und Vorbereitungen für<br />

die Normung und mögliche Gesetzgebungsmaßnahmen<br />

zu treffen. Viel Zeit<br />

bleibt den Experten jedoch nicht mehr.<br />

2018 läuft das Programm bereits wieder<br />

aus. Eine Programmverlängerung wird<br />

wohl das erste greifbare Ergebnis sein.<br />

Ein weiterer positiver Ansatz, die „Digital<br />

Inland Waterways Agenda“. Sie soll<br />

die bereits bestehende Digitalisierung<br />

durch River Information Services (RIS)<br />

weiter verbessern. Derzeit ist ein neuer<br />

Ansatz vorgesehen, um Informationen<br />

bezüglich Infrastruktur, Personen, Schiffe,<br />

Management, Operationen und<br />

Fracht miteinander zu verbinden. Damit<br />

will man zum Beispiel erreichen, dass<br />

die Einbindung der Binnenschifffahrt<br />

in multimodale Logistikabläufe besser<br />

funktioniert. Dazu würde zwar aktive<br />

Verkehrspolitik auch schon ausreichen,<br />

aber besser man digitalisiert, statt gar<br />

nichts zu tun. Die größten Hoffnungen<br />

setzen allerdings die E-Commerce Vorreiter<br />

in die aktuelle EU-Ratspräsidentschaft<br />

von Estland. Ein Schwerpunkt des<br />

Vorsitzlandes ist nämlich, Europa auf<br />

den grenzüberschreitenden E-Commerce<br />

und E-Services Kurs zu bringen.<br />

Das Land ist wild entschlossen, binnen<br />

sechs Monaten in einer analogen Welt<br />

ein „e-Europe“ zu schaffen.<br />

Neue Buchungsplattform in Holland<br />

In den Niederlanden hat ein Startup<br />

erstmals eine echte Alternative zu<br />

den üblichen Befrachtern und Genossenschaften<br />

entwickelt. Auf eine Buchungsplattform<br />

(4shipping) können<br />

sich jetzt Verlader und Binnenschifffahrtsunternehmen<br />

direkt treffen. Die<br />

Betreiber der neuen Plattform versprechen<br />

eine wesentliche Verbesserung<br />

beim Zeitmanagement und insgesamt<br />

eine Steigerung der Effizienz bei Binnenschiffstransporten.<br />

Der Mehrwert für Verlader besteht außerdem<br />

darin, dass sie auch während<br />

des Transportes jederzeit über den aktuellen<br />

Stand der Transportsituation informiert<br />

werden und per Chat mit dem<br />

Kapitän an Bord im Kontakt bleiben können.<br />

Das gibt es noch nicht mal in der<br />

Handelslogistik. In diese Richtung muss<br />

es auch weiter gehen. Die Erfahrung<br />

mit E-Commerce im Handel hat gezeigt,<br />

dass es jetzt darauf ankommt,<br />

wer letztlich das bessere Service hat.<br />

Ein weiteres, aktuelles Beispiel: Einige<br />

Bundesländer in Deutschland haben<br />

erkannt, dass die Binnenschifffahrt auf<br />

der Elbe digitalisiert werden muss, um<br />

zukunftsfähig zu bleiben. Mit einer umfassenden<br />

Bestandsaufnahme durch<br />

die Studie „Digitalisierung des Elbkorridors<br />

– Elbe 4.0“, ist ein erster Schritt gemacht,<br />

damit der Wasserstraßentransport<br />

auf der Elbe nachhaltig gesteigert<br />

werden kann. Konkrete Maßnahmen,<br />

die geeignet sind, um dieses Ziel zu erreichen,<br />

wurden auch schon genannt.<br />

Wer nicht komplett digitalisiert, verliert<br />

Wer sagt übrigens, dass die Binnenschifffahrt<br />

als Verkehrsträger, nicht<br />

wie LKW, Bahn oder Flugzeug auch<br />

vom Boom des E-Commerce profitieren<br />

kann? Aircargo-Analysten singen<br />

jedenfalls schon Loblieder auf den<br />

grenzüberschreitenden elektronischen<br />

Handel und der Airline-Dachverband<br />

IATA führt die letzte Steigerung von 12,7<br />

Prozent bei Air Cargo genau auf den<br />

Boom bei E-Commerce zurück. Es ist<br />

zumindest nicht ausgeschlossen, dass<br />

die Binnenschifffahrt auch ein Stück<br />

vom E-Commerce Kuchen ergattern<br />

kann. Allerdings wird es auf europäischer<br />

Ebene nicht reichen, nur digital<br />

denken und handeln zu wollen. Gerade<br />

in der Logistik wird die Interoperabilität<br />

im Gleichschritt verbessert werden<br />

müssen. Sonst wird die schöne digitale<br />

Zukunft auf einem Bein humpeln.<br />

Es gibt allerdings noch eine mächtige<br />

Sandbank in der Wasserstraßenlogistik,<br />

an der alle schönen E-Commerce Projekte<br />

und Ideen auf Grund laufen könnten.<br />

Die Sandbank heißt EU-Harmonisierung<br />

der Ausbildungsqualifikationen in<br />

der Binnenschifffahrt. Dort wird aktuell<br />

ein „Mindestmaß“ an Qualifikation für<br />

alle Binnenschiffer in Europa angestrebt.<br />

Vater der Gedanken ist die allgemeine<br />

Personalnot und der Wunsch<br />

nach Billigarbeitskräften. Ob man so der<br />

Branche im digitalen Revolutionszeitalter<br />

dienen kann, wird sich zeigen. (PB)

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