O+P Fluidtechnik 6/2018
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STEUERUNGEN UND REGELUNGEN<br />
1. EINLEITUNG<br />
Ventilgesteuerte hydraulische Zylinderantriebe im geschlossenen<br />
Regelkreis werden in vielen Anwendungen eingesetzt, in denen große<br />
Kräfte bei hoher Präzision zu steuern sind, wie beispielsweise in<br />
Kunststoff-Spritzgießmaschinen, Pressen, Materialprüfmaschinen<br />
oder Großmanipulatoren. Geringe Investitionskosten stellen einen<br />
großen Vorteil konventioneller, ventilgesteuerter Zylinderantriebe<br />
dar, wohingegen sie aufgrund prinzipbedingter Energieverluste an<br />
den Steuerkanten nur eine geringe Energieeffizienz aufweisen.<br />
Neben lastgerechter Druckversorgung in Kombination mit<br />
herkömmlicher Ventiltechnik oder der Verdrängersteuerung stellen<br />
getrennte Steuerkanten (GSK) einen Ansatz zur Verbesserung der<br />
Energieeffizienz hydraulischer Antriebe dar. So kann durch unterschiedliche<br />
Regenerationsmodi der erforderliche Pumpenvolumenstrom<br />
reduziert und durch auf die Last abgestimmtes<br />
Öffnungsverhältnis von Zu- und Rücklaufkante der erforderliche<br />
Versorgungsdruck reduziert werden, insbesondere bei Teillast oder<br />
unterstützenden 1 Lasten. Diese Aspekte stellt Eriksson in seiner<br />
Dissertation umfangreich dar [1]. In vorangehenden Teilen dieser<br />
Themenreihe wurden Strukturvarianten zur Hebung dieser Potentiale<br />
ausführlich diskutiert (<strong>O+P</strong> 03/<strong>2018</strong>) und der Aspekt Sicherheit<br />
beleuchtet (<strong>O+P</strong> 04/<strong>2018</strong>). In <strong>O+P</strong> 05/<strong>2018</strong> wurden Strukturen für<br />
mobile Anwendungen in der offenen Steuerkette erarbeitet und<br />
Effizienzvergleiche mit handelsüblichen Ventilen angestellt.<br />
Demgegenüber ist der Schwerpunkt dieses abschließenden<br />
Artikels die Beherrschung der Achse mit getrennten Steuerkanten<br />
im geschlossenen Regelkreis. Dabei wird Wert auf eine gute<br />
Trajektorienfolge der Zylinderposition gelegt, die das positionsgeregelte<br />
Lasthalten im Stillstand explizit mit einschließt. Es wird<br />
eine gesamtheitliche Steuerungsstruktur vorgestellt, die autonom den<br />
energieeffizientesten Betriebsmodus detektiert und störungsfreie Umschaltvorgänge<br />
durchführt. Eine unterlagerte Mehrgrößen regelung<br />
zur exakten Folge der Sollposition und eines kompatiblen<br />
Zylinderdruckniveaus bildet die Grundlage der Ansteuerungs strategie.<br />
2. SYSTEMSTRUKTUR<br />
Geht man methodisch von einem herkömmlichen 4/3-Wege-<br />
Ventilschieber aus und trennt gedanklich dessen mechanisch<br />
gekoppelte Steuerkanten, so liegt eine Ventilkonfiguration<br />
bestehend aus vier proportionalen 2/2-Wegeventilen nahe. Für<br />
derartige Konfigurationen ging die Forschung in der Vergangenheit<br />
Fragestellungen der mobil-hydraulischen Systeme mit<br />
hydraulisch- mechanischer Lastkompensation [1, 2], der<br />
regelungstechnischen Beherrschung und Nutzbarmachung der<br />
erhöhten Freiheitsgrade [3–5] und der Erhöhung der Energieeffizienz<br />
durch Schaltmodi [2, 5, 6] nach.<br />
Untersuchungen zu Ventilstrukturen führten Sitte und Beck mit<br />
dem Fokus auf wirtschaftlich-technische Umsetzbarkeit in mobilen<br />
Anwendungen durch [7]. Mit dem Ziel der Reduktion des Komponentenaufwandes<br />
wurden Ventilstrukturen entwickelt, die eine<br />
möglichst geringe Anzahl proportional verstellbarer Ventile für die<br />
Anforderungen einer Baggerausrüstung mit umschaltbaren<br />
Betriebsmodi aufweist. Den Extremfall nur einer proportionalen<br />
Steuerkante je Verbraucher stellt [8] dar. Diese Systemvarianten mit<br />
reduziertem kontinuierlichen Freiheitsgrad haben gemein, dass<br />
sowohl für das Umschalten zwischen Regenerationsmodi als auch<br />
für das Wechseln der Bewegungsrichtung die Betätigung mindestens<br />
eines Schaltventils erforderlich ist, was für ein hydraulisches<br />
System im Allgemeinen eine Diskontinuität darstellt.<br />
Insbesondere für das stationäre, geregelte Lasthalten bieten<br />
mehrere kontinuierliche Freiheitsgrade entscheidende Vorteile.<br />
Beispielhaft ist in Bild 01 eine aufgelöste Struktur mit zwei kontinuierlichen<br />
Freiheitsgraden einer aufgelösten Struktur mit einem<br />
1<br />
auch: ziehende oder negative Lasten: Last, die dem Aktor Energie zuführt, durch<br />
Beaufschlagung mit Kraft in Bewegungsrichtung<br />
kontinuierlichen Freiheitsgrad für einen Verdrängerraum<br />
gegenübergestellt. Im Fall des dargestellten Systems mit nur einem<br />
kontinuierlichen Freiheitsgrad (a) ist bei stationärem Lasthalten<br />
mit x ̇ = 0 die Druck-Signalverstärkung unendlich:<br />
∂pA K<br />
p γ<br />
= →∞<br />
(1)<br />
∂ γ<br />
Bezogen auf die Positionierung unter variabler Last ergibt dies,<br />
abgesehen von den Diskontinuitäten durch Betätigung des Schaltventils<br />
VS, ein schlecht gedämpftes Streckenverhalten und extrem<br />
hohe Anforderungen an die Auflösung des Proportionalventils VP.<br />
Demgegenüber kann mit zwei kontinuierlichen Freiheitsgraden (b)<br />
eine flexible hydraulische Vollbrücke je Verdrängerraum realisiert<br />
werden, deren Verstärkung und Leckagevolumenstrom einstellbar<br />
sind. Dies steht in Analogie zur negativen Überdeckung eines<br />
herkömmlichen 4/3-Wege-Proportionalventils.<br />
Zur Hebung des regelungstechnischen und energetischen<br />
Potentials wird eine Struktur zugrunde gelegt, welche sämtliche in<br />
der Literatur beschriebenen, kontinuierlichen Freiheitsgrade<br />
aufweist, siehe Bild 02 (a). Neben den vier 2/2-Wegeventilen<br />
zwischen Tank bzw. Versorgung und den Verdrängerräumen wird<br />
ein weiteres sogenanntes Kurzschlussventil zur direkten Regeneration<br />
von Volumenströmen zwischen den beiden Verdrängerräumen<br />
des eingesetzten Differentialzylinders vorgesehen. Dieses<br />
hat gegenüber der Systemstruktur ohne Kurzschlussventil zwei<br />
Vorteile: Erstens erweitert es den Betriebsbereich effizienter<br />
Regenerationsmodi [9] und zweitens ermöglicht es schnellere und<br />
einfachere Moduswechsel.<br />
3. BETRIEBSMODI<br />
Technisch sinnvolle Betriebsmodi werden in Bild 02 (b) entsprechend<br />
[9] dargestellt. Alle genannten Betriebsmodi weisen Betriebsgrenzen<br />
bezüglich des anliegenden Versorgungsdrucks, der Last und<br />
der geforderten Kolbengeschwindigkeit auf. Ein Betriebsmodus ist<br />
genau dann prinzipiell durchführbar, wenn die geforderte Geschwindigkeit<br />
ẋ bei gegebener Lastkraft F L<br />
und gegebenem Nenndurchfluss<br />
der eingesetzten Ventile erreicht werden kann.<br />
Die Durchführbarkeit eines Modus wird anhand stationärer<br />
Betrachtungen mit den Kontinuitätsgleichungen<br />
ẋ<br />
⋅ AA<br />
= Q1 + Q2 −Q3<br />
(2)<br />
ẋ<br />
⋅ A = Q −Q −Q<br />
(3)<br />
B<br />
3 4 5<br />
dem Kräftegleichgewicht<br />
F = A ⋅ p<br />
L A L<br />
p = p −α<br />
⋅ p<br />
L A B<br />
(4)<br />
(5)<br />
und als turbulent angenommener Ventildurchströmung mit der<br />
Volumenstrombegrenzung<br />
ΔpV<br />
QV = B( γ ) ⋅ ΔpV ≤ Bmax ⋅ Δ pV = QNenn<br />
⋅<br />
(6) (5)<br />
Δp<br />
bestimmt, wobei γ den relativen Öffnungsgrad eines Ventils und<br />
Δp V<br />
die Druckdifferenz am Ventil bezeichnet.<br />
Mit diesen Zusammenhängen lassen sich für Systeme mit aufgeprägtem<br />
Druck theoretische Effizienzgewinne gemäß den Kennfeldern<br />
in Bild 03 ermitteln. Dargestellt sind der Effizienzgrad<br />
P<br />
ε =<br />
P<br />
mit<br />
GSK<br />
hyd<br />
konv<br />
hyd<br />
P p Q<br />
Nenn<br />
(7) (6)<br />
hyd<br />
=<br />
0<br />
⋅<br />
0 (8) (7)<br />
über spezifischer Geschwindigkeit und spezifischer Lastkraft sowie<br />
die Betriebsbereiche der jeweils effizientesten Schaltmodi.<br />
<strong>O+P</strong> <strong>Fluidtechnik</strong> 6/<strong>2018</strong> 43