STEUERUNGEN UND REGELUNGEN FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG 6.1 STÖRVERHALTEN Zur Untersuchung des Verhaltens nach sprungförmigem Störkrafteintrag wird durch den Lastsimulator ein Kraftsprung in Höhe von 10 kN aufgeprägt, während die Prüfachse mit getrennten Steuerkanten sich in stationärer Positionsregelung in Zylindermitte befindet. Messergebnisse dieses Versuchs zeigt Bild 09. Unmittelbar nach Kraftsprung enteilt die Achse in Kraftrichtung bis zu einer Regelabweichung von maximal 300 μm in Kraftrichtung. Etwa 140 ms nach Initiierung des Kraftsprungs befindet sich die Achse in einer Genauigkeit innerhalb 10 μm. Von dort erhöht sich die Stellgenauigkeit, bis sie nach etwa 400 ms lediglich von der Auflösung des inkrementalen Positionsgebers von 1 μm begrenzt ist. 6.2 ENERGIEEFFIZIENZ UND UMSCHALTVORGÄNGE Das energetische Potential getrennter Steuerkanten wird für die Randbedingung eines Konstantdrucksystems anhand des exemplarischen Zyklus einer Universal-Prüfmaschine validiert. Diese Validierung dient insbesondere dem Nachweis der störungsarmen Umschaltvorgänge und der Funktion der vorgestellten, übergeordneten Steuerungsstrategie. Für die Analyse wird eine sinusförmige, drückend schwellende Belastung einer großen Probe mit einer Kraftamplitude von 6 kN zu Grunde gelegt. Die Ergebnisse für den Zyklus mit einer Wegamplitude von 50 mm und einer Frequenz von 0,5 Hz sind in Bild 10 dargestellt. Der Zyklus startet in der Mitte der Ausfahrbewegung bei höchster Geschwindigkeit. Hier ist die Last durch das Prüfteil noch gering und Hochdruckregeneration kann eingesetzt werden, wodurch der erforderliche Volumenstrom reduziert wird. Ab einer gestimmten Last ist Hochdruckregeneration nicht mehr umsetzbar und der Normalmodus wird aktiviert. In diesem Bereich ist keine Ersparnis erzielbar. Während des gesamten Einfahrvorgangs ist die Last durch den vorgespannten Prüfling ausreichend groß, um in Niederdruckregeneration zu fahren, wodurch keine Energie seitens der Versorgung umgesetzt werden muss. Zu Beginn des neuerlichen Ausfahrvorgangs ist die Federkraft wieder gering und Hochdruckregeneration kommt zum Einsatz. Für diesen Zyklus wird eine Einsparung der Zyklusenergie ( ) tEnd = ∫ ⋅ d (24) Zykl t 0 0 Start E p Q t in Höhe von 55 % gegenüber herkömmlicher Ventiltechnik mit 2 % negativer Überdeckung gemessen. Während des Zyklus ist die Regelabweichung stets unter einem Betrag von 200 μm. Über einen Großteil des Zyklus werden deutlich bessere Werte erreicht; lediglich Umschaltvorgänge lösen geringe Spitzen in der Regelabweichung aus. Diese lassen sich durch geringere Stellgeschwindigkeit der Passiv-Ventile glätten, jedoch zu Lasten der Reaktionsfähigkeit auf schnelle Lastanstiege. Aus dem Messschrieb der Drucksignale geht der Einfluss der parallelen Druckregelung hervor. Die Solldrucktrajektorie für den kolbenseitigen Verdrängerraum wird stets so geführt, dass Umschaltvorgänge initiiert werden und der energetisch optimale Modus gefahren werden können. Der Druckregler weist für diesen Zweck ein ausreichendes Folgeverhalten auf. 7. ZUSAMMENFASSUNG (23) Getrennte Steuerkanten stellen aufgrund ihrer hohen Freiheits grade eine effiziente Alternative zu herkömmlichen Ventilsteuerungen für Zylinderantriebe dar. Jedoch stellt das Ansteuerungskonzept für Anwendungen im geschlossenen Regelkreis mit hohen Anforderungen an die Genauigkeit aufgrund seiner Komplexität eine große Hürde dar. In diesem Beitrag wird ein Ansteuerungskonzept für einen Differentialzylinder dargestellt, welches auf Basis der Druck messung in beiden Verdrängerräumen eine autonome Erkennung des energieeffizientesten Regenerationsmodus und die erforderliche Umschaltstrategie umfasst. Eine einfach zu parametrierende Mehrgrößenregelung auf Basis von Flachheit ermöglicht die Durchführung von Umschaltvorgängen während der Bewegung bei gleichzeitig gutem Folgeverhalten der Positionsvorgaben. Die Umsetzung eines Prüfmaschinenzyklus am Versuchsstand zeigt, dass mit getrennten Steuerkanten gerade bei Anwendungen mit geringer Flexibilität des Versorgungsdrucks und variierender Last ein erhebliches Energiesparpotential auch im geschlossenen Regelkreis zu heben ist. 8. DANKSAGUNG Das IGF-Vorhaben 18010 BR / 1 der Forschungsvereinigung Forschungskuratorium Maschinenbau e.V. - FKM, Lyoner Straße 18, 60528 Frankfurt am Main wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Literaturverzeichnis [1] Eriksson, B.: Mobile fluid power systems design: with focus on energy efficiency. Linköping, Department of Management and Engineering, Linköpings universitet. Dissertation. 2010 [2] Eriksson, B.: A High Energy Efficient Mobile Fluid Power System – Novel System Layout and Measurements. In: The 6th International Fluid Power Conference (6. IFK). Dresden, 2008, S. 103–114 [3] Elfving, M.: On Fluid Power Control - A Concept for a Distributed Controller of Fluid Power Actuators. Linköping University. Lic. Thesis. 1997 [4] Jansson, A. ; Krus, P. ; Palmberg, J.-O.: Decoupling Of Response And Pressure Level In Hydraulic Actuator. In: The 4th Bath International Fluid Power Workshop, 1991 [5] Linjama, M. ; Huova, M. ; Boström, P. ; Laamanen, A. ; Siivonen, L. ; Morel, L. ; Waldén, M. ; Vilenius M.: Design and Implementation of Energy Saving Digital Hydraulic Control System. In: The Tenth Scandinavian International Conference on Fluid Power. Tampere (Finnland), 2007 [6] Shenouda, A.: Quasi-static hydraulic control systems and energy savings potential using independent metering four-valve assembly configuration. Georgia Institute of Technology. Dissertation. 2006 [7] Sitte, A. ; Beck, B. ; Weber, J.: Design of independent metering control systems. In: The 9th International Fluid Power Conference (9. IFK). Aachen, 2014 [8] Vukovic, M. ; Murrenhoff, H.: Single Edge Meter Out Control for Mobile Machinery. In: ASME/BATH 2014 Symposium on Fluid Power & Motion Control, 2014 [9] Kolks, G. ; Weber, J.: Modiciency - Efficient industrial hydraulic drives through independent metering using optimal operating modes, Bd. 1. In: The 10th International Fluid Power Conference (10. IFK), 2016, S. 105–120 [10] Mattila, J. ; Virvalo, T.: Energy-efficient motion control of a hydraulic manipulator, Bd. 3. In: Proceedings of the 2000 IEEE International Conference on Robotlcs & Automation : IEEE, 2000, S. 3000–3006 [11] Bindel, R.: Antriebssysteme zur Reduzierung der Energieverluste bei rechnergesteuerten Großmanipulatoren mit Gelenkarmkinematik. Universität Stuttgart. Dissertation. 1999 [12] Yao, B.: Adaptive Robust Control–Theory and Application to Precision and Energy Saving Control of Electro-Hydraulic Systems. In: NSF Engineering Research and Innovation Conference. Honolulu, Hawaii, 2009 [13] Adamy, J.: Nichtlineare Systeme und Regelungen. 2 ., bearbeitete und erweiterte Auflage : Springer Vieweg, 2014 [14] Kolks, G. ; Weber, J.: Controller Design for Precise and Efficient Industrial Cylinder Drives Using Independent Metering Valves. In: The 9th FPNI Ph.D. Symposium on Fluid Power, 2016 [15] Schwarzmann, D. ; Lunze, J. ; Nitsche, R.: A Flatness-Based Approach to Internal Model Control. In: 2006 American Control Conference, 2006, S. 5666–5671 Autoren: Dipl.-Ing. Giacomo Kolks, Prof. Dr.-Ing. Jürgen Weber, Institut für <strong>Fluidtechnik</strong> (IFD), Professur für Fluid-Mechatronische Systemtechnik, Technische Universität Dresden 50 <strong>O+P</strong> <strong>Fluidtechnik</strong> 6/<strong>2018</strong>
STEUERUNGEN UND REGELUNGEN Formelzeichen und Abkürzungen A m 2 Fläche B l/(min ⋅ bar ( Blendenbeiwert d m Durchmesser D - Dämpfungsgrad E J Energie f Hz Frequenz f - Systemfunktion F N Kraft G - Übertragungsfunktion, Strecke h - Ausgangsfunktion i - Laufvariable J - Gütefunktional j - Laufvariable k - Laufvariable K - Verstärkungsfaktor l m Länge m kg Masse u - Systemeingangsvektor p bar Druck P W Leistung Q l/min Volumenstrom s 1/s Frequenz-Parameter t s Zeit u - normiertes Stellsignal v m/s Geschwindigkeit V m 3 Volumen x m Weg ẋ m⁄s Geschwindigkeit y - Systemausgangsvektor z - Zustandsvektor α - Flächenverhältnis γ - Normierter Ventilhub ε - Effizienzgrad Ψ - Transformationsvorschrift ω rad/s Winkelgeschwindigkeit Indizes 0 Versorgung A Verdrängerraum A ab abströmend aus Austrag aus dem System B Verdrängerraum B ein Eintrag in das System erf erforderlich Gr Grenz GSK Getrennte Steuerkanten hyd hydraulisch K Kolben konv konventionell L Last max maximal Mess Messung min minimal nenn Nenn- Öl Öl P Proportional R Regelung Ref Referenz Soll Sollwert S Steuerung St Stange T Tank tot tot V Ventil Verl Verlust zu zuströmend Zykl Zyklus <strong>O+P</strong> <strong>Fluidtechnik</strong> 6/<strong>2018</strong> 51