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Berliner Zeitung 28.11.2018

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14 * <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 278 · M ittwoch, 2 8. November 2018<br />

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Berlin/Brandenburg<br />

Flucht um jeden Preis<br />

Mit 160 durch die Tempo-30-Zone: Ein 27-Jähriger steht wegen Mordes an der Studentin Johanna Hahn vor dem Landgericht<br />

VonKatrin Bischoff<br />

Die Schwester von Johanna<br />

Hahn weint, als<br />

die Anklage verlesen<br />

wird. Ihr Bruder starrt<br />

den Angeklagten an, der ihm im Saal<br />

des Landgerichts gegenübersitzt.<br />

Ihre Mutter hat sich zum Oberstaatsanwalt<br />

gedreht, als wolle sie jedes<br />

Wort der Anklage tief in sich aufnehmen.<br />

Die drei sind Nebenkläger in<br />

dem Prozess um den Todder 22-jährigen<br />

Studentin Johanna Hahn. Der<br />

Vater hat es an diesem Tagaus psychischen<br />

Gründen nicht in den Gerichtssaal<br />

geschafft.<br />

Johanna Hahn war am Abend des<br />

6. Juni an der Ecke Windscheidstraße/Kantstraße<br />

von einem Auto<br />

getötet worden. DerWagen war in einer<br />

Tempo-30-Zone mit bis zu 160<br />

Kilometern pro Stunde über eine<br />

rote Ampel gerast und mit zwei bei<br />

Grün fahrenden Fahrzeugen kollidiert.<br />

Die Studentin hatte ebenfalls<br />

Grün und schob ihr Fahrrad, als sie<br />

die Straße überquerte.Sie wurde laut<br />

Anklage von dem Audi erfasst und<br />

durch die Luft geschleudert. Siestarb<br />

beim Aufprall durch eine sogenannte<br />

„innere Enthauptung“. In<br />

dem Audi saßen drei Männer,die zuvorWerkzeug<br />

aus einem Kleintransporter<br />

gestohlen und auf ihrer Flucht<br />

vor Fahndern eine Polizeiblockade<br />

durchbrochen hatten. Angeklagt ist<br />

der mutmaßliche Fahrer des Wagens.<br />

Die Staatsanwaltschaft wirft<br />

dem 27-jährigen Milinko P. besonders<br />

schweren Diebstahl, gefährliche<br />

Körperverletzung und Mord an<br />

Johanna Hahn vor. „Erwollte der Polizei<br />

um jeden Preis entkommen“,<br />

sagt Oberstaatsanwalt Hans-Jürgen<br />

Dorsch. Demaus Serbien stammenden<br />

Mann sei es egal gewesen, wer<br />

bei der Flucht auf der Strecke bleibe.<br />

Der Beifahrer des Angeklagten,<br />

der 18-jährige Danijel I., wurde bei<br />

dem Unfall so schwer verletzt, dass<br />

er einen Tagspäter im Krankenhaus<br />

starb. Der dritte Tatverdächtige ist<br />

erst 14 Jahrealt.<br />

Milinko P. gibt an diesem ersten<br />

Prozesstag zu, an dem Diebstahl beteiligt<br />

gewesen zu sein und das Auto<br />

gesteuertzuhaben. Er sei wegen der<br />

Hochzeit seiner Schwester nach<br />

Deutschland gekommen und habe<br />

in Berlin Danijel I. und dessen Bruder<br />

kennengelernt. Am 6. Juni seien<br />

sie zu einem Kleintransporter gefahrenund<br />

hätten daraus Werkzeugkoffer<br />

gestohlen. An einer roten Ampel<br />

habe sich ein Auto quer vor ihren<br />

Trauer um Johanna<br />

BLZ/PAULUS PONIZAK<br />

Audi gestellt, Männer in Zivil seien<br />

aus dem Wagen gesprungen. Danijel<br />

habe vonMafia gesprochen. DerAngeklagte<br />

legte den Rückwärtsgang<br />

ein, er schob dabei einen hinter dem<br />

Audi stehenden Polizisten gegen einen<br />

Polizeiwagen. „Wir wurden<br />

dann verfolgt, von ganz normalen<br />

Autos“, sagt Milinko P. Auch die<br />

Männer seien nicht als Polizisten erkennbar<br />

gewesen.<br />

AusAngst vorder Mafia<br />

Er habe geglaubt, dass es sich um die<br />

Mafia handelt. Danijel I. habe den<br />

Fußdes Angeklagten auf das Gasgedrückt.„Ich<br />

habe nicht gemerkt, dass<br />

eine junge Frau getroffen wurde“,<br />

sagt der Angeklagte. „Es tut mir unendlich<br />

leid, dass Frau Hahn und Danijel<br />

ums Leben gekommen sind.“<br />

„Johannas Familie geht es sehr<br />

schlecht“, sagt Gregor Gysi, der die<br />

51-jährige Mutter Susanne Hahn<br />

und die 24 und 26 Jahre alten Geschwister<br />

des Opfers vertritt. Johanna<br />

Hahn sei durch einen verbrecherischen<br />

Zufall ums Leben gekommen,<br />

sagt Gysi. Manmüsse aber<br />

auch die Rolle der Polizei hinterfragen.<br />

Warum verfolgten die Beamten<br />

das Diebestrio –zudem noch ohne<br />

Blaulicht und Martinshorn?<br />

Gysi kannte die junge Frau persönlich.<br />

„Sie war eine Mitschülerin<br />

meiner Tochter,ein sehr nettes Mädchen“,<br />

sagt er.Deswegen habe er auf<br />

Wunsch der Hinterbliebenen sofort<br />

das Mandat übernommen.<br />

Laut Gysi legt die Familie großen<br />

Wert darauf zu betonen, dass sich die<br />

getötete junge Frau für alle Benachteiligten<br />

egal welcher Nationalität<br />

eingesetzt habe. Johanna Hahn studierte<br />

im 7. Semester Sozialarbeit an<br />

der Alice Salomon Fachhochschule<br />

Berlin. Sie betreute Flüchtlinge und<br />

engagierte sich bei Amnesty International.<br />

Zusammen mit ihrer Schwester<br />

Katharina setzte sie sich für Waisenkinder<br />

in Afrika ein. Erst kurzvor<br />

ihrem Todhatte sie ein Auslandssemester<br />

in Norwegen absolviert.<br />

Katharina und Alexander Hahn<br />

haben nach dem Todihrer Schwester<br />

ein gemeinnütziges Unternehmen<br />

gegründet. Sie wollen durch Spenden<br />

Menschen bei der Trauerbewältigung<br />

helfen. Zudem hat die Familie<br />

ein Adventskonzert organisiert –für<br />

alle, die plötzlich einen lieben Menschen<br />

verloren haben. Das Konzert<br />

findet am 9. Dezember um 19 Uhrin<br />

der St.-Thomas-von-Aquin-Kirche<br />

in der Charlottenburger Schillerstraße<br />

statt. DerEintritt ist frei.<br />

Asylbewerber soll 15-Jährige vergewaltigt haben<br />

Die Tatsoll sich bereits am vergangenen Dienstag in Königs Wusterhausen ereignet haben. Der Haupttatverdächtige sitzt inzwischen in Untersuchungshaft<br />

VonJens Blankennagel,<br />

Königs Wusterhausen<br />

Die Polizei hat am Freitagabend<br />

in Königs Wusterhausen<br />

(Dahme-Spreewald) einen afghanischen<br />

Asylbewerber festgenommen.<br />

Dem 21-jährigen wird vorgeworfen,<br />

dass er eine 15-Jährige am Dienstag<br />

vergangener Woche in einer öffentlichen<br />

Toilette in einem Park der Stadt<br />

vergewaltigt haben soll. „Der 21<br />

Jahre alte Mann wurde dem Haftrichter<br />

vorgeführt“, sagte der Sprecher<br />

der Polizeidirektion Süd, Maik<br />

Kettlitz der <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong>. „Es<br />

wurde ein Haftbefehl gegen ihn erlassen<br />

und der Mann sitzt inzwischen<br />

in Untersuchungshaft.“ Ein<br />

zweiter Afghane, der das Mädchen<br />

bei der Vergewaltigung festgehalten<br />

haben soll, ist noch nicht gefasst.<br />

Nach dem Mann werdegefahndet.<br />

Die Boulevardzeitung BZ zitierte<br />

am Dienstag in ihrer Online-Ausgabe<br />

anonym einen Polizisten, der<br />

der Stadt und der Polizeileitung vorwirft,<br />

sie hätten den Vorfall bewusst<br />

unter Verschluss gehalten, „weil sie<br />

Reaktionen wie damals in Freiburg<br />

befürchten“.<br />

In der Studentenstadt hatte ein<br />

Asylbewerber die 19-jährige Studentin<br />

Maria L.imOktober 2016 verge-<br />

Tatein Haftbefehl vor, deraber nicht<br />

vollstreckt worden war. Acht Täter –<br />

sieben Syrerund ein Deutscher –sitzeninU-Haft.<br />

Im Fall Königs Wusterhausen, sei<br />

nichts verheimlicht worden, sagte<br />

der oberste Polizeisprecher des<br />

Landes Brandenburg, Torsten<br />

Herbst. „Diese Behauptung entbehrt<br />

jeder Grundlage. Die Polizei hatte<br />

keinerlei Anlass, die Sache zu verschleiernoder<br />

zu verheimlichen.“ Es<br />

ging zuerst einmal darum, den oder<br />

die Täter zu fassen. „Es bestand die<br />

Gefahr,dass die Täter untertauchen,<br />

bevor sie gefasst werden können,<br />

wenn der Fall zu früh öffentlich bewaltigt<br />

und ermordet. Damals hieß<br />

es auch, der Fall sei anfangs verheimlicht<br />

worden. Der Täter Hussein<br />

K. wurde wegen Mordes zu lebenslanger<br />

Haft verurteilt.<br />

Dann folgte der Fall vom 14. Oktober<br />

2018: Etwa zehn Männer, fast<br />

alle Asylbewerber, sollen eine 18-<br />

Jährige über Stunden neben einer<br />

Disco vergewaltigt haben. Es gab Demos<br />

von Rechtsaußen, die Polizei<br />

fuhr die Präsenz hoch. Und esgab<br />

Morddrohungen gegen den Bürgermeister,<br />

weil er vor Pauschalverurteilungen<br />

von Asylbewerbern gewarnt<br />

hatte. Gegen den Hauptverdächtigen<br />

lag zwei Wochen vor der<br />

kannt gegeben worden wäre“, sagte<br />

er. Die Gründlichkeit der Ermittlung<br />

stand im Vordergrund.<br />

Bei der Tat am vergangenen<br />

Dienstag ist das Opfer ein 15 Jahrealtes<br />

Mädchen aus Königs Wusterhausen,<br />

das die Täter gekannt haben<br />

soll. Das Mädchen kam am Donnerstagnachmittag<br />

in Begleitung zur<br />

Polizei und zeigte die Tat an. Sie<br />

sagte,dass sie durch zwei Männer in<br />

einer öffentlichen Toilette am Weidenufer<br />

zu sexuellen Handlungen<br />

genötigt worden sei. „Das Mädchen<br />

wurde bis Donnerstagabend von<br />

den Kriminalisten befragt“, sagte Polizeisprecher<br />

Kettlitz. Doch die 15-<br />

Jährige sei von der Gewalttat traumatisiert<br />

gewesen. Die Befragung<br />

wurde abgebrochen, bevor sie den<br />

Namen der Tatverdächtigen nennen<br />

konnte. „Die Befragung wurde am<br />

Freitag fortgesetzt“, sagte Kettlitz.<br />

Dann nannte das Mädchen auch die<br />

Namen. „Der aus Afghanistan stammende<br />

Asylbewerber wurde Freitagabend<br />

in seiner Unterkunft festgenommen.“<br />

Bürgermeister Swen Ennullat<br />

(Freie Wähler KW)sagte: „Eine solch<br />

entsetzliche Tatmuss schnellstmöglich<br />

und umfassend aufgeklärt werden.<br />

UnsereGedanken sind bei dem<br />

Opfer.“<br />

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