Berliner Zeitung 28.11.2018
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8 28. November 2018<br />
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Vor dem Fest<br />
Weniger<br />
U<br />
ist mehr<br />
Manches Kind ist an<br />
Weihnachten überfordert, weil es<br />
zu viele Geschenke bekommt<br />
v<br />
GETTYIMAGES/HAKINMHAN<br />
GETTYIMAGES/HAKINMHAN<br />
Von Martina Reckermann<br />
Alle Jahre wieder kommt die Frage aller Fragen:<br />
Was schenkt man den Kindern zu Weihnachten<br />
und wie viele Päckchen sollen unter dem Baum<br />
liegen? Besonders an der letzten Fragescheiden<br />
sich die Geister. Eine Fraktion ist der Meinung, der Grad<br />
der Zuneigung lassesich an der Anzahl der Präsente ablesen.<br />
Die andere findet, dass es nicht auf die Menge, sondern<br />
aufdie Qualitätankommt.<br />
Dabei geht es nicht darum, wieteuer,gut und pädagogisch<br />
wertvoll das Geschenk ist, sondern wieviele Gedankenman<br />
sichdazugemachthat.Natürlichist die Begeisterung<br />
jedes Kindes groß,wenn es voreinem Berg Geschenke<br />
steht. Aber leider sind Kinder damit oft überfordert,<br />
können sichgar nicht richtigüber daseinzelne Buch oder<br />
Spiel freuen, sondern reißen nurschnell nacheinander jedes<br />
Papierauf und widmen sich dem nächsten Päckchen.<br />
Die Kleinen sind überdreht und können diesen Geschenkerausch<br />
nicht verarbeiten, erklärt Psychologin Anette<br />
Hauser.„Die Kinder wissen die Geschenkenichtrichtig<br />
zuschätzen und entwickeln eine hohe Anspruchshaltung.<br />
Die Folge ist Enttäuschung, nicht nur bei den Beschenkten,<br />
sondern auch bei den Schenkenden.“ Das<br />
Spielzeug fristet dann oft sein Dasein im Kinderzimmer,<br />
nurkurzbespielt und verstaubt.<br />
Wassollte mantun, um diesen Teufelskreis zu durchbrechen?<br />
Gar nichts zu schenken, ist auch nicht die<br />
Lösung. Eine Möglichkeit ist es, das Kind zu fragen, was<br />
es sich ammeisten wünscht. Und das sollte dann beim<br />
Weihnachtsmann in Auftrag geben werden. Dieser ist in<br />
Spielzeuggeschäften zuhause, die nicht nur alles verkaufen,<br />
sondern auch beratendzur Seitestehen, wiezum<br />
Beispiel das Fachgeschäft „Werken Spielen Schenken“<br />
in Steglitz.<br />
„Natürlich kommen gerade jetzt meist Mütter und<br />
Omas zu uns und fragen nach bestimmten Spielen, die auf<br />
den Wunschzetteln standen. Besonders beliebt ist indiesemJahr<br />
die Kugelbahn „GraviTrax“von Ravensburger,die<br />
eine Vielzahl an Möglichkeitenbietet,sie zusammenzusetzen“,sagt<br />
diestellvertretende Filialleiterin Melanie Müller.<br />
Empfohlen sei die Bahn für Kinder ab acht Jahren, aber<br />
auch jüngerekönnen mit Hilfe der Elternschnell die Bauteile<br />
zusammensetzen.<br />
131<br />
Euro habenEltern<br />
2017 proKind für<br />
Weihnachtsgeschenkeausgegeben.<br />
„Das Schöne daran ist, dass das Spielzeug die Kreativität<br />
fördert“, sagt die Fachfrau. Trotzdem sei esviel schneller<br />
spielbereit,als beispielsweiseein Legokasten.<br />
Gern verschenkt werden auch Experimentierkästen,<br />
um Kristalle zu züchten oder komplizierte Elektroschaltkreise<br />
zukombinieren. „Hierbei wird nicht nur die Tüftler-Leidenschaft<br />
geweckt, sondern auch der Teamgeist<br />
gestärkt,weil Elternund Kinder oft zusammen daranbasteln“,<br />
sagt Müller.<br />
Generell sollte manbei denSpielsachen, die manverschenkt,<br />
darauf Wert legen, dass man sie nicht einfach<br />
nurdem Kind hinlegt, sondern sichauch zusammen damit<br />
beschäftigt.<br />
„Gerade auch Gesellschaftsspiele vermitteln schon den<br />
Kleinsten, dass man esgemeinsam tut –egal obman gewinntoder<br />
verliert. Ichdenke, dasist eine wichtige Erfahrung,<br />
diedadurch spielerischerlerntwird“,sodie Expertin.<br />
Wenn man esnicht alleine, sondern „in Familie“ macht,<br />
sind auch Wii- oder x-box-Spiele durchaus pädagogisch<br />
wertvoll. Warumsich also nicht mit dem Sohn beim virtuellen<br />
Tennis messenoder mit der Tochter dasDance-Battle<br />
gegendie Männer gewinnen?<br />
Bei Jugendlichen sind derzeit Escape-Spiele angesagt.<br />
Hierbei muss eine Gruppeineinem bestimmten Zeitlimit<br />
gemeinsam alle Rätsel lösen, um sich zubefreien. Diese<br />
Spiele sind zwar mit rund 13 Euro nichtsoteuer wieandere,<br />
man kann sie aber leider nur einmal benutzen, weil<br />
dann das Geheimnis gelüftet ist. In diesem Fall würde es<br />
sich dann aber auch lohnen, vielleichtgleich zwei oderdrei<br />
Stückzuverschenken.<br />
Wernochkeine richtigeIdeehat, sollte sich am besten<br />
beraten lassen. „Wir stellendann dieFrage nach besonderenHobbys<br />
des Kindesoderwelches Spielzeug schon vorhanden<br />
sind“, erzählt Müllerund ergänzt:„Wenn das Kind<br />
beispielsweise schon eine Brio-Eisenbahn hat, freut es<br />
sich bestimmt über eine Erweiterung und noch ein paar<br />
Züge mehr.“<br />
GETTY IMAGES/CHOREOGRAPH<br />
Dann könne es auch viele Geschenke auspacken und<br />
sei trotzdem nicht überfordert. „Natürlich versuchen wir<br />
auch, unsere Kunden darauf hinzuweisen, eine Geschenke-Reizüberflutung<br />
zuvermeiden. Viele nehmen mittlerweile<br />
diesen Ratschlag an, aber natürlichnichtalle.“<br />
30<br />
bis 90 Euro sind eher angemessenfür<br />
Weihnachtsgeschenke, meintAnette Hauser.<br />
Zwar habe das Weihnachtsgeschäft gerade erst begonnen,<br />
aber schon jetzt seizuspüren, dass Eltern undGroßeltern<br />
zwar bewusster schenken, aber auch vonJahrzuJahr<br />
mehrausgeben.<br />
Eine Beobachtung, dieauch andere Spielzeuggeschäfte<br />
sowieOnline-Anbieter machen. Laut einer vonmyToysin<br />
Auftrag gegebenen Umfrage der Research &Consulting<br />
GmbH gaben Eltern 2017 pro Kind 131 Euro für Weihnachtsgeschenkeaus.2016<br />
warenes129 Euro.Befragtwurden<br />
rund 1060 Eltern vonKindern zwischen Babyalter und<br />
15 Jahren. Ob zwei Euro mehr oder weniger, Eltern geben<br />
zu viel aus, meint Psychologin Anette Hauser. Eher angemessenseien<br />
30 bismaximal 90 Euro.<br />
Zahlenspiele vonallen Seiten–sinddennabernicht die<br />
Geschenke, die selbst gemacht sind, die besten? Theoretisch<br />
schon, praktisch stehen da manchmal die zwei linken<br />
Hände vonMamaund Papa im Weg.<br />
Aus eigener Erfahrung, sowohl aus meiner Kindheit, als<br />
auch alsMutter, habe ichgelernt, dass es oft aufdie Mischung<br />
ankommt. Also, eine Sachekaufen, die sichdas Kind wirklich<br />
wünscht, dabeiist der Preis fastegal, denn ein 20-Euro-Geschenk,<br />
was sich das Kind wirklich wünscht, kann genauso<br />
leuchtende Augenhervorrufen wieein teureres.Und da bei<br />
allen guten Vorsätzen, es nicht zu übertreiben, ruhig noch<br />
ein paar Kleinigkeitenerlaubtsind, dürfen noch einT-Shirt,<br />
eine Taucherbrille,ein Buch oder ein Spiel unterden Baum.<br />
Unddann könnenSie dasGanzenochmit etwas ganz Besonderem<br />
versüßen. Das kann ein selbstgestrickter Schal<br />
sein, der auch oder gerade mitein paar kleinen Schönheitsfehlern<br />
ein strahlendes Lächeln hervorrufen wird, weil das<br />
Kind weiß,wie viel Mühe Siesich damit gemachthaben.Oder<br />
Sie verschenken einen Gutschein für eine gemeinsame Unternehmungwie<br />
ein Besuch derHarryPotter-Ausstellungund<br />
ein„Home Kino-Abend“ mit Popcorn. Ihrer Fantasie sind da<br />
keine Grenzen gesetzt, es muss nurvon Herzen kommen.<br />
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