architektur Fachmagazin Ausgabe 2 2019
Architektur Fachmagazin - Heft 2 / 2019 - Februar März 2019 - Bauwirtschaft - Planer - Ingenieure - Architekten - Wissen - Bildung - Baukultur
Architektur Fachmagazin - Heft 2 / 2019 - Februar März 2019 - Bauwirtschaft - Planer - Ingenieure - Architekten - Wissen - Bildung - Baukultur
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<strong>architektur</strong> FACHMAGAZIN<br />
46<br />
<strong>architektur</strong>szene<br />
Bauhaus<br />
Baukunst oder Bausünde?<br />
Mit dem Jahr <strong>2019</strong> ist das sogenannte „Bauhausjahr“ angebrochen. Denn schließlich<br />
feiert die einst und auch heute noch prägende Strömung heuer ihr 100-jähriges<br />
Jubiläum. Dadurch ergibt sich die Gelegenheit, die wohl berühmteste Kunstschule der<br />
Moderne kritisch zu hinterfragen, aber auch deren positive Seiten zu durchleuchten.<br />
Text: Dolores Stuttner<br />
Ein kostensparender Baustil, der sich nach<br />
den Bedürfnissen seiner Bewohner richtet.<br />
Nach diesen Grundsätzen arbeiteten die<br />
Anhänger der Bauhaus-Schule. Heute ist<br />
das historische Bauhaus als einflussreichste<br />
Bildungsstätte in der Sparte der Architektur<br />
im 20. Jahrhundert bekannt. Die von 1919<br />
bis 1933 bestehende Einrichtung gilt daneben<br />
als Gründungsstätte der Avantgarde in<br />
der Klassischen Moderne. Und auch heute<br />
noch lassen sich Einflüsse des Bauhaus in<br />
den modernistischen Strömungen der Baubranche<br />
erkennen.<br />
Unverkennbarer Stil oder<br />
experimentelle Kunst?<br />
Seinen Ursprung fand die Idee des Bauhaus<br />
in der gleichnamigen Schule für Architektur<br />
und Kunst. Der Architekt Walter Gropius<br />
gründete sie im Jahr 1919 in Weimar, um<br />
das Experimentieren mit neuen Formen und<br />
Stilen zu ermöglichen – neben der Baulehre<br />
wurden Malerei, Grafik, Tanz, Bühnenkunst<br />
und Fotografie unterrichtet. Ab 1927 trat<br />
aber der praktische Ansatz und mit ihm die<br />
Architektur in den Vordergrund – sowohl<br />
für das Design als auch für bildnerische<br />
Tätigkeiten sollte der Bau stets das Endziel<br />
sein. Der Grundgedanke des Gründers<br />
Walter Gropius war, das Kunsthandwerk und<br />
mit ihm einen auf Funktionalität hin ausgerichteten<br />
Stil wiederzubeleben. Damit entwickelte<br />
er eine Gegenströmung zum auf<br />
Ästhetik ausgerichteten Historismus mit<br />
seinen verzierten Gründerzeithäusern.<br />
Gleich drei Direktoren – Walter Gropius, Mies<br />
van der Rohe und Hannes Meyer – machten<br />
sich mit ihren Baustilen, die allesamt Teil<br />
der Kunstströmung der 1920er-Jahre waren,<br />
einen Namen. Die Meister verfolgten<br />
aber jeweils unterschiedliche Ziele. So ging<br />
es Walter Gropius in erster Linie darum, das<br />
kostensparende Bauen mit Fertigteilen voranzutreiben.<br />
Mies van der Rohe wollte die<br />
Grenzen zwischen Innen- und Außenraum<br />
verschwimmen lassen, während Hannes<br />
Meyer bei seinen Arbeiten stets die Bedürfnisse<br />
der Bewohner in den Mittelpunkt<br />
stellte. Ein einheitlicher oder gar unverkennbarer<br />
Stil hat sich aufgrund der unterschiedlichen<br />
Strömungen also nie etabliert.<br />
Und doch fand die Idee des Bauhaus im internationalen<br />
Raum Verbreitung. Da viele<br />
Absolventen nach der Auflösung der Schule<br />
durch die Nationalsozialisten auswanderten,<br />
wurden die Lehren nicht nur in deutschsprachigen<br />
Ländern, sondern auch in den USA<br />
und in Israel angewendet. So gilt Tel Aviv<br />
© Peter Kuley<br />
auch heute noch als die Bauhausmetropole<br />
schlechthin.<br />
„Form follows Function“<br />
Eine Verbindung aus Kunst und Industrie,<br />
modern und sachlich zugleich – so lässt<br />
sich Bauhaus als Baustil beschreiben. Es<br />
galt, die Unterscheidung zwischen Künstler<br />
und Handwerker aufzuheben und rationale<br />
Entwürfe in den Vordergrund zu stellen. Der<br />
Grundgedanke vom Bauhaus bestand darin,<br />
das Bauen zu industrialisieren. Wohnbauten<br />
sollten – in Anlehnung an die Autoproduktion<br />
Henry Fords der 1920er-Jahre – wie auf<br />
dem Fließband entstehen und so für die Allgemeinheit<br />
leistbar sein. So schuf die Strömung<br />
erstmals die Grundlage für anonymisiertes<br />
Wohnen.