AUTOINSIDE Ausgabe 4 – April 2019
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TECHNOLOGIE / ANTRIEBE<br />
Herausforderungen der E-Mobilität<br />
E als Antwort? <strong>–</strong> Fragen zu<br />
Ladeinfrastruktur und<br />
Rohstoffen bleiben offen<br />
Die «Geneva International Motor Show» (GIMS) zeigte dieses Jahr erneut eine breite Palette von neuen batterieelektrischen<br />
Fahrzeugen (BEV) und Plug-in-Hybriden, die in den kommenden Monaten den Markt erobern werden. Um die CO 2<br />
-Emissionen<br />
und die lokalen Abgasimmissionen zu senken und grundsätzlich von den fossilen, endlichen Energieträgern wegzukommen,<br />
drängt sich die E-Mobilität auf. Die grössten Herausforderungen wollen wir skizzieren und Prognosen wagen. Andreas Senger<br />
Kaum sind die Scheinwerfer in den Palexpohallen erloschen und die<br />
Präsentationsstände abgebaut, geht es für das Automobilgewerbe wieder<br />
ans «daily Business». Die Flut von angekündeten BEV und Plug-in-Hybriden,<br />
die in den kommenden Monaten und Jahren in den Showrooms der<br />
Garagisten Einzug halten werden, bringt die Geschäftsführung aber auch<br />
die Werkstattmitarbeiter ins Grübeln: Sind wir eigentlich vorbereitet<br />
auf die Flut von E-Fahrzeugen? Bieten wir genügend Ladeinfrastruktur?<br />
Welche Auswirkungen hat der Antriebswechsel auf unsere Werkstattauslastung<br />
und den Aftersales? Kauft der Kunde die E-Autos überhaupt?<br />
Das angekündigte hohe Tempo, mit dem die OEM den Kunden und<br />
den Werkstätten die E-Mobilität schmackhaft machen wollen, ist beeindruckend.<br />
Der Grund für das enorm hohe Marschtempo: Die Strafgebühren<br />
für die CO 2<br />
-Abgaben bei zu hohem Flottenverbrauch zwingen<br />
die OEM drastisch zu handeln. Es geht also nicht primär darum, den<br />
sinnvollsten Antrieb zu pushen, sondern vielmehr den am schnellsten<br />
umsetzbaren, möglichst CO 2<br />
-freien Antrieb zu etablieren.<br />
Die OEM argumentieren auf einer anderen Ebene. «Der neue ‹I.D.›<br />
wird das erste bilanziell klimaneutral hergestellte Serienauto des Volkswagen-Konzerns.<br />
Damit die Nutzungsphase emissionsfrei bleibt, sorgen<br />
wir für vielfältige Möglichkeiten, Grünstrom zu laden. Wirklich nachhaltige<br />
Mobilität ist machbar, wenn alle es wollen und gemeinsam daran<br />
arbeiten», sagt Thomas Ulbrich, Vorstand für E-Mobilität der Marke<br />
Volkswagen, dazu und lässt einige technische Argumente aussen vor,<br />
die gegen den brachialen Mobilitätsumbau sprechen.<br />
Speicherdichte und Wirkungsgrad<br />
Der hohe Wirkungsgrad des E-Antriebes ist zweifelsohne beeindruckend.<br />
Die Energieumwandlung von elektrisch in mechanisch<br />
ist unschlagbar. Kein Wunder, waren zu Beginn des Automobils E-<br />
Antrieb und Verbrenner ebenbürtig. Wird die Wirkungsgradkette<br />
allerdings von der Stromproduktion bis in den Akkumulator genauer<br />
unter die Lupe genommen, erhält die Euphorie einen Dämpfer. Je<br />
nach Annahmen sind ein E-Fahrzeug und ein modernes Dieselfahrzeug<br />
über die komplette Energiewirkungsgradkette gleich gut oder<br />
schlecht.<br />
Ein weiteres Handicap der BEV: Die Speicherkapazität und damit<br />
die Energiedichte ist im Vergleich zu fossilen Treibstoffen verschwindend<br />
klein. Ein moderner Lithium-Ionen-Akku kann rund 200 Wh/kg<br />
speichern. In einem Kilogramm Akku (ohne Peripherie wie Ladegerät,<br />
Leistungselektronik usw.) sind also 200 Wattstunden elektrische<br />
Energie speicherbar. Im Vergleich: Ein Kilogramm Benzin speichert<br />
die Energie von 11 400 Wh, rund 60-mal mehr als in einer Batterie<br />
mit gleicher Masse. Dies ist der Hauptgrund, warum eigentlich nur<br />
kleine Fahrzeuge mit leichten Batterien technisch sinnvoll sind. Bei<br />
angenommenen 20 kWh Energieverbrauch auf 100 km sind für diese<br />
Strecke also 100 kg Akku nötig.<br />
Je mehr Reichweite beim BEV verlangt wird, desto immens schwerer<br />
der Akkumulator. Bei den OEM boomen aber derzeit grosse,<br />
schwere SUV und Limousinen, die bis zu eine Tonne Akkumasse<br />
mitschleppen. Die Kaufkraft soll in diesem Segment der E-Mobilität<br />
zum Durchbruch verhelfen und die grössten Flotteneinsparungen<br />
an CO 2<br />
-Emissionen ermöglichen. Viel sinnvoller sind dagegen Plug-in-<br />
Hybridantriebe, die ebenfalls beim Verzögern rekuperieren und mit<br />
vollgeladenen Akkus Strecken zwischen 30 und 70 Kilometer rein<br />
elektrisch zurücklegen können.<br />
Woher stammt in Europa der Strom?<br />
Wer jetzt mit dem Argument der Emissionen dem Verbrenner den<br />
46 <strong>April</strong> <strong>2019</strong> | <strong>AUTOINSIDE</strong>