06.04.2019 Aufrufe

Berliner Zeitung 05.04.2019

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 80 · F reitag, 5. April 2019 23 *<br />

·························································································································································································································································································<br />

Feuilleton/Medien<br />

Die Flucht<br />

als<br />

Naherfahrung<br />

Lina Atfahs Lyrik ringt um<br />

Hoffnung in der Sprache<br />

VonBjörnHayer<br />

Wenn man die erfahrungsstarken<br />

Poeme Lina Atfahs liest,<br />

spürtman erst, wie gesättigt doch unsere<br />

in der Wohlstandsgesellschaft<br />

entstandene Lyrikeigentlich ist. Manche<br />

schreiben hierorts über den Flug<br />

der Bienen, anderesuchen nach dem<br />

adäquaten Ausdruck für neue Geschlechterverständnisse.<br />

Derweil<br />

berichten die Miniaturen der 2014<br />

aus Syrien emigrierten Autorin von<br />

fundamentalen Erlebnissen vonTerrorund<br />

Krieg im Nahen Osten.<br />

Überall finden sich in ihren Versen<br />

die Lakonie verbrannter Asche<br />

und „Narben des Abschieds“. „Seelen<br />

gingen in zwei Richtungen: zur<br />

Fata Morgana oder zum Grabstein“.<br />

Weraufbricht, folgt der Illusion von<br />

einer besseren Existenz im Irgendwo<br />

oder stirbt unterwegs. Vom Ersticken,<br />

Ertrinken und überhaupt dem<br />

völligenVerlust derVergangenheit ist<br />

immer wieder die Rede. Geschildert<br />

werden häufig anonyme Kollektivschicksale.<br />

Im Zentrum steht das<br />

„Wir“, das sich aus verletzten, namenlosen<br />

Individuen zusammensetzt.„Wunde<br />

umWunde flickten wir<br />

unsere Geschichten zusammen /<br />

und gingen weiter.“ Obgleich solcherlei<br />

Bilder von einem ungemeinen<br />

Nihilismus zeugen, bilden sie<br />

zugleich die Basis für das Dichten an<br />

sich. Poesie erweist sich als Modus<br />

der Traumabewältigung und Möglichkeit,<br />

für eigentlich Unaussprechliches<br />

Wortezufinden.<br />

Die Sprache und endlich wieder<br />

ein Gefühl wahrzunehmen, stellen<br />

die Ambition der 1989 in Salamiyah<br />

geborenen Schriftstellerin dar. Ihre<br />

Melancholie kreist um die Frage,was<br />

sie nach den beschwerlichen Jahren<br />

des Auszehrens und Leidens letztlich<br />

noch zu berühren vermag. Gibt es<br />

ein Jenseits der Leere? –Ja, nämlich<br />

in Geschichten und Reverien. Dominieren<br />

zwar in diesem Band die traurig-finsteren<br />

Poeme, trifft man hier<br />

und da ebenso auf erbauliche Texte<br />

wie „Inmeiner Hand erblühte“. Anaphorisch<br />

beginnen die Verse mit den<br />

Worten „eine Rose für“. Beschenkt<br />

werden mit ihr Bücher, die Einsamkeit<br />

oder die Liebe.Wie Rainer Maria<br />

Rilke nutzt Atfah die rote Blüte als<br />

Sinnbild einer Entfaltung von innen<br />

nach außen, als Idee eines geschützten<br />

Raumes,der im Wechselspiel mit<br />

der Umwelt steht. Die Rose signalisiert<br />

Offenheit und Gabe und steht<br />

überdies für die Schöpfungsgabe der<br />

Frau. In diesem etwas archaischen<br />

und essenzialistischen Imago, das<br />

zumindest die westliche Feminismusbewegung<br />

zur Distanzierung<br />

veranlassen dürfte, äußert sich der<br />

Gegenpol zur Destruktionskraft des<br />

Krieges.Seine Gewalt endet dort, wo<br />

Geburtneues Leben schafft.<br />

Damit wir an diesem zuletzt noch<br />

hoffnungsvollen Akt teilhaben können,<br />

haben namhafte deutsche Poeten,<br />

darunter JanWagner oder Hellmuth<br />

Opitz, die lyrischenWerkeLina<br />

Atfahs, die im zweiten Teil des Buches<br />

überdies in arabischer Schrift<br />

vorliegen, übersetzt oder nachgedichtet.<br />

Dokumentationen mögen<br />

die makropolitischen Ausmaße<br />

von Hass und Zorn in ihrer Heimat<br />

veranschaulichen, die Poesie verhilft<br />

uns hingegen dazu, den Schrecken<br />

mental nachvollziehen zu können.<br />

Wir lesen buchstäblich<br />

Syriens Asche<br />

auf: beklommen<br />

und mit<br />

großer Achtsamkeit.<br />

Lina Atfah:<br />

Das Buch von<br />

der fehlenden<br />

Ankunft<br />

Gedichte aus<br />

Syrien. Pendragon,<br />

Bielefeld 2018.<br />

152 S.,22Euro<br />

DuMont gut gerüstet für die Zukunft<br />

Das Medienunternehmen, in dem auch die <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> erscheint, präsentiert sein Geschäftsergebnis<br />

Das Medienunternehmen<br />

DuMont sieht sich mit<br />

einem erneut verbesserten<br />

Ergebnis im Geschäftsjahr<br />

2018 und nach der strategischen<br />

Neuausrichtung gut gerüstet<br />

für eine erfolgreiche Zukunft. Im<br />

vergangenen Jahr konnte DuMont<br />

den Gruppenumsatz auf 621 Millionen<br />

erhöhen, wie das Unternehmen<br />

mitteilt. Das konsolidierte operative<br />

Ebitda (operativer Gewinn vor Steuern,<br />

Zinsen und Abschreibungen)<br />

stieg auf 74,6 Millionen Euro.Das ist<br />

ein Plus vonmehr als drei Prozent im<br />

Vergleich zum Vorjahr.<br />

„Unsere Geschäftsentwicklung<br />

bestätigt, dass die Diversifikations-<br />

Strategie von DuMont und die Aufstellung<br />

als digitales Medienunternehmen<br />

mit drei Geschäftsfeldern<br />

aufgehen“, sagte der DuMont-CEO<br />

Christoph Bauer.<br />

Besonders positiv sieht DuMont<br />

die Entwicklung der digitalen Umsätze.<br />

Deren Anteil lag über alle drei<br />

Geschäftsfelder – Regionalmedien,<br />

Business Information, Marketing<br />

Technology –hinweg im abgelaufenen<br />

Geschäftsjahr bei 33 %. Ende<br />

März 2019 trugen die digitalen Erlöse<br />

bereits rund 40 %zum Unternehmensumsatz<br />

bei. DieMarktpositionierung<br />

in den digitalen Wachstumsfeldern<br />

wurde durch Zukäufe<br />

weiter ausgebaut.<br />

In den vergangenen fünf Jahren<br />

hat sich DuMont vor dem Hintergrund<br />

der Herausforderungen im<br />

Medienmarkt neu aufgestellt. DerErfolg<br />

dieses Prozesses spiegele sich in<br />

der positiven operativen Geschäftsentwicklung<br />

bei gleichzeitig solider<br />

Finanzierungssituation wider, sodie<br />

Unternehmensführung. Seit 2013<br />

sind die Umsätze bei DuMont kontinuierlich<br />

gewachsen: von 541,4 Millionen<br />

Euro (2013) auf die genannten<br />

621 Millionen Euro im vergangenen<br />

Jahr.Auch das in 2018 erwirtschaftete<br />

operative Ebitda stellt einen neuen<br />

Höchstwertseit 2013 dar.<br />

„Wir verzeichnen hohe Wachstumsraten<br />

in den beiden Geschäftsfeldern<br />

Business Information und<br />

Marketing Technology,und die Digitalisierung<br />

im Geschäftsfeld Regionalmedien<br />

zeigt sehr gute Ergebnisse“,<br />

so der CEO Christoph Bauer.<br />

Auch in Berlin –amneuen Standortinder<br />

Alten Jakobstraße 105 –hat<br />

DuMont in den vergangenen zweieinhalb<br />

Jahren stark indie Digitalisierung<br />

der Produkte und Prozesse<br />

investiert. Die <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong>, die<br />

im DuMont <strong>Berliner</strong> Verlag erscheint,<br />

ist die meistgelesene <strong>Zeitung</strong><br />

in Berlin mit 274 000 Lesern<br />

(MA 2018). Auch die E-Paper-Auflage<br />

VonDoris Meierhenrich<br />

Der Ferrati-Bau in Kreuzberg,hier wird die <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> gemacht, die meistgelesene<br />

<strong>Zeitung</strong> Berlins.<br />

BERLINER ZEITUNG/MIKE FRÖHLING<br />

der <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> ist auf einem<br />

neuen Höchststand und liegt gegenwärtig<br />

bei 20 252 Exemplaren (verkaufte<br />

Auflage Mo-Sa Q4/2018). Die<br />

Webportale der <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> und<br />

des <strong>Berliner</strong> Kurier erreichten im<br />

März 2019 insgesamt 5,7 Millionen<br />

Unique Visitors. Die Nutzung der<br />

<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> liegt damit 24 %<br />

über der im Vorjahr und die des <strong>Berliner</strong><br />

Kurier 34 %. (Quelle AGOF<br />

2019). Um unsere Leser und User<br />

noch besser kennenzulernen und<br />

unsereProdukte stetig verbessernzu<br />

können, hat die <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> in<br />

den vergangenen Wochen für be-<br />

DIE ZAHLEN<br />

621 Millionen Euro Umsatz machte DuMont im Geschäftsjahr 2018.<br />

74,6 Millionen Euro betrug der operativeGewinn (Ebitda).<br />

33 Prozent war der Anteil der digitalen Erlöse im Jahr 2018. Ende März 2019 trugen<br />

die digitalen Erlöse bereits rund 40 Prozent zum Unternehmensumsatz bei.<br />

Rund 4000 Mitarbeiter sind bei DuMont beschäftigt.<br />

stimmte Artikel eine Registrierungsmöglichkeit<br />

geschaffen, die uns auf<br />

diesem Weghilft.<br />

Dasneue Layout der <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong><br />

wurde im vergangenen Aprilerfolgreich<br />

präsentiert. Mit neuen Seiten<br />

zur <strong>Berliner</strong> Wirtschaft und der<br />

Hauptstadtpolitik sowie einer noch<br />

größeren Wochenendausgabe hat<br />

die <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> ihr Angebot für<br />

die Leserinnen und Leser noch einmal<br />

deutlich verbessert. MitSonderausgaben<br />

zur Vier-Millionen-Stadt-<br />

Berlin und dem Jubiläum des Mauerfalls<br />

sorgte die <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> für<br />

Aufmerksamkeit in der Stadt und<br />

Freundschaft mit Fremden<br />

Das Festival „Timbuktu Is Back!“ zeigt nordafrikanischen Tanz in den HAUs<br />

In eigener Sache<br />

ckeln, sind geblieben. Und soeröffnete<br />

auch dieses Mal wieder der<br />

burkinische Meister-Choreograf Salia<br />

Sanou das Festival, das sein<br />

ebenso bekannter Landsmann<br />

Serge Aimé Coulibaly am Dienstag<br />

mit dem großen Historienstück „Kirina“<br />

beschließt.<br />

Interessanterweise kreisen beide<br />

Produktionen um Flucht- und Migrationsbewegungen,<br />

die innerhalb<br />

Afrikas selbst stattfinden und immer<br />

noch weit größer sind als die in<br />

Europa bekannten, dorthin strebenden.<br />

Um Menschen also,die mit<br />

ihrer Heimat auch ihre persönliche,<br />

körperliche Sicherheit verlieren.<br />

Unterwegs und in den Zwangsgemeinschaften<br />

der Flüchtlingscamps<br />

erfahren sie ganz neue Formen von<br />

Nähe, Aggression, Angst, Fremdheit,<br />

aber auch Freundschaft.<br />

Sanou und seine Tänzer waren in<br />

solchen Camps, in denen sie Geschichten<br />

hörten, die sie nun in zart<br />

steigerte den Einzelverkauf deutlich.<br />

Journalistinnen und Journalisten der<br />

<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> gewannen im vergangenen<br />

Jahr angesehene Preise<br />

wie den Theodor-Wolff-Preis und<br />

den Otto-Brenner-Preis.<br />

Auch die Werbevermarktung<br />

spielt eine wesentliche Rolle in der<br />

Digitalisierung der Marke <strong>Berliner</strong><br />

<strong>Zeitung</strong>. Für unsere Werbekunden<br />

haben wir neue digitale Produkte<br />

entwickelt. Mit der hauseigenen<br />

Werbeagentur MDS Creative bieten<br />

wir unseren Kunden professionelle<br />

Content-Marketing-Lösungen und<br />

produzieren im Auftrag Kundenmagazine.<br />

Mit der Reisemesse im<br />

Herbst 2019 bietet der DuMont <strong>Berliner</strong><br />

Verlag seinen Kunden und Lesern<br />

die Möglichkeit, sich bei mehr<br />

als 40 Ausstellern über Reisewünsche<br />

und -ziele für das Jahr 2020 zu<br />

informieren. DieMesse ist neben der<br />

ITB die einzige Reisemesse in Berlin.<br />

Der Verlag setzt sich auch für eine<br />

nachhaltige Verkehrspolitik in der<br />

Stadt Berlin ein und engagiert sich<br />

als Medienpartner bei der VELO<br />

Ende April2019.<br />

DuMont ist an fünf Hauptstandorten<br />

in Deutschland mit insgesamt<br />

rund 4000 Mitarbeiterntätig. Im Geschäftsfeld<br />

Regionalmedien erscheinen<br />

in den vier Medienhäusern in<br />

Köln, Berlin, Halle und Hamburgneben<br />

der <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> und dem<br />

<strong>Berliner</strong> Kurier unter anderem der<br />

Kölner Stadt-Anzeiger,die Kölnische<br />

Rundschau, EXPRESS, die Mitteldeutsche<br />

<strong>Zeitung</strong> und die Hamburger<br />

Morgenpost. Die Digitalangebote<br />

der DuMont-Regionalmedien<br />

gehören mit durchschnittlich knapp<br />

80 Millionen monatlichen Visits zu<br />

den reichweitenstärksten News-Portalen<br />

in Deutschland.<br />

Im Geschäftsfeld Business Information<br />

werden Daten für Unternehmen<br />

und Institutionen aufbereitet.<br />

Neben den öffentlichen Aufgaben<br />

der Evidenzzentrale gehören die<br />

Marken Reguvis für Fachmedien<br />

und Validatis für Datenservice sowie<br />

der DTAD Deutscher Auftragsdienst<br />

zu diesem Geschäftsfeld.<br />

Im Geschäftsfeld MarketingTechnology<br />

bietet DuMont Software für<br />

Vertriebs- und Kommunikationsaktivitäten<br />

vonUnternehmen mit dem<br />

Ziel, deren Inhalte optimal an ihre<br />

Zielgruppen zu bringen. DieMarken<br />

Facelift, censhare und upljft zählen<br />

große deutsche und internationale<br />

Firmen zu ihren Kunden.<br />

Geschäftsführung und Chefredaktion<br />

der <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> bedanken<br />

sich an dieser Stelle herzlich bei<br />

allen Leserinnen und Lesern sowie<br />

Kunden und Partnernfür ihreTreue.<br />

Nein, ganzwörtlich darfman das<br />

Motto „Timbuktu Is Back!“<br />

nicht nehmen. Dasgesteht auch der<br />

in Berlin lebende Tanz- und Film-<br />

Kurator Alex Moussa Sawadogo ein,<br />

der seinem Tanzfestival im HAU,<br />

das seit Mittwoch fünf Choreografien<br />

und einen Film aus der nordafrikaischen<br />

Sahel-Region zeigt, dennoch<br />

den Titel mit Ausrufezeichen<br />

verpasst. Zurück auf der (Welt-)<br />

Bühne ist Timbuktu noch lange<br />

nicht, zu instabil, zu gefährlich ist<br />

das für Afrika so bedeutende Mali<br />

nach wie vor.<br />

2012 eroberten aus Libyen einfallende<br />

islamistische Truppen fast<br />

die gesamte Nordhälfte des Landes,<br />

was letztlich nur die Militärintervention<br />

Frankreichs stoppt. Mittlerweile<br />

sichern UN-Truppen die Region,<br />

doch schaut man sich die religiös<br />

und ethnisch motivierten Anschlagsmeldungen<br />

allein des<br />

vergangenen März an, ist Mali weit<br />

entfernt von Frieden. Und weit entfernt<br />

von jener ruhmreichen Geschichte,<br />

die Sawadogo mit seinem<br />

Motto in die Gegenwart, zumindest<br />

in nahe Zukunft zurückrufen will. Er<br />

meint jenes Mali, dessen Wüstenstadt<br />

Timbuktu immer wichtigster<br />

Kreuzungspunkt zwischen Nordund<br />

Südafrika war und als lebendiger<br />

Schmelztiegel vieler afrikanischer<br />

Kulturen und Ethnien als<br />

Symbol Afrikas selbst galt.<br />

Viel Wunschdenken spielt also<br />

mit bei der vierten Ausgabe des<br />

Afrika-Festivals, das Sawadogo unter<br />

wechselnden Motti seit 2011 im<br />

HAU veranstaltet. Aus anfänglich<br />

zehn Spieltagen sind mittlerweile<br />

vier geworden, aber die Handvoll<br />

bewährter Choreografen, die seit<br />

Jahren durch und für die finanzstarken<br />

europäischen Tanz- und Theaterzentren<br />

ihre Arbeiten entwitastende,<br />

ohnmächtig schlingernde,<br />

verschüchtert trippelnde<br />

und immer wieder beherzt ausgreifende<br />

Bewegungen umsetzten. „Du<br />

desir d’horizon/ Vom Wünschen<br />

nach Horizonten“ heißt das Stück,<br />

dessen Bewegungsbilder anschaulicher<br />

kaum sein könnten. Trotz der<br />

biederen Klischees, die es auch mitschleppt<br />

(Frauen straucheln, Männer<br />

fahren Moped), besticht die präzise<br />

getaktete Spannung zwischen einsamen,<br />

minimalistischen Muskelzuckungen<br />

und kraftvoll schaufelnden<br />

Simultansprüngen aller acht Tänzer.<br />

Eine sehr eigene Verbindung aus<br />

Grazie und Kraft eignet diesen Tänzern,deren<br />

sehr individuelle Körper<br />

weniger in Bewegung zu geraten<br />

scheinen als Bewegungen zu Körpernmachen.<br />

Lebensnah und klar.<br />

Timbuktu Is Back! Hebbel am Ufer 1-3, bis9.4.,<br />

www.hebbel-am-ufer.de<br />

Jetzt auch<br />

auf<br />

Deutsch<br />

Jane Comerford gab sich<br />

„Filmreif“ im BKA-Theater<br />

VonTorsten Wahl<br />

Erst als Zugabe singt sie ihren Hit,<br />

den sie 2006 mit der Band Texas<br />

Lightning beim Eurovision Song<br />

Contest präsentierte.„No No Never“<br />

ist eine schmissige Country-Nummer.<br />

Und so energisch, wie Jane Comerforddas<br />

Stück erst als Gospel am<br />

Piano, dann zwischen ihren Begleitern<br />

Michael Hagel am Akkordeon<br />

und Jürgen Attig am Kontrabass aufführt,<br />

gewinnt es sogar an Klasse.<br />

Bislang hat die gebürtige Australierin,<br />

die Anfang der 80er-Jahre als<br />

Musical-Sängerin nach Deutschland<br />

kam, stets auf Englisch gesungen.<br />

Nun, mit 60, wagt sie sich mit einem<br />

deutschsprachigen Solo-Programm<br />

auf die Bühnen, spielt „Filmreif“<br />

erstmals in Berlin. Mit Songs aus<br />

Filmklassikern wie „As Time Goes<br />

By“ aus „Casablanca“, „Moon River“<br />

à la Audrey Hepburn und Marilyn<br />

Monroes „Diamonds AreaGirl’s Best<br />

Friend“ eröffnet sie den Abend.<br />

„Filmreif“ ist<br />

auch ihre Garderobe,<br />

erst ein Kimono,<br />

dann ein<br />

enges rosa Glitzerkleid.<br />

Der Clou des<br />

Programms aber<br />

ist der fließende<br />

Übergang zwischen<br />

den Hollywood-Klassikern<br />

IMAGO IMAGES/HORST GALUSCHKA<br />

und den eigenen deutschen Songs.<br />

So widmet sie der Monroe und deren<br />

Affäremit JFK die Ballade „ImFilm“.<br />

Shirley Bassey holt sie erst mit dem<br />

Bond-Hit „Goldfinger“ auf die<br />

Bühne, umsich ihr dann mit dem<br />

Stück „Nitroglyzerin“ zu nähern.<br />

Nicht nur auf Liz Taylor zielt der eingängige<br />

neckische Song ab: „Ich wär<br />

so gern beziehungsweise“. Immer<br />

mehr rückt Jane Comerford sich<br />

selbst in die Ahnenreihe. Auf den<br />

Evergreen „Close to You“ folgt die<br />

Ballade über ihren früh verstorbenen<br />

Vater, der sie nicht nur für die<br />

Musik begeisterte,sondernder erste<br />

Mann war,der vorihr auf Knien lag.<br />

Nach der Pause veranstaltet sie<br />

bei „Tico Tico“ einen Workshop mit<br />

dem Publikum. Das Animieren ist<br />

ihr Hauptjob: Seit Jahrzehnten gibt<br />

Jane Comerford ander Hamburger<br />

Musikhochschule einen Popkurs,<br />

brachte Bands wie Wir sind Helden<br />

zusammen. Im Pyjama-Oberteil<br />

und mit Netzstrümpfen widmet sie<br />

sich nun dem Liebesleben ihrer<br />

Generation, besingt ein gescheitertes<br />

Treffen mit dem Ex und gibt einen<br />

todsicheren Tipp,das Alternzu<br />

verstecken: „Einfach früh sterben!“<br />

Anders als <strong>Berliner</strong> Kleinkunstgrößen<br />

versenkt sich Jane Comerford<br />

nie tiefernst in ihre Divenrolle,<br />

sondern quasselt gern, wirkt<br />

dabei mal wie eine kumpelige Frau<br />

von nebenan, mal wie ein Mädchen,<br />

das aus Spaß mit Flitter<br />

spielt. Sie habe als Kind im Duett<br />

mit ihrer großen Schwester immer<br />

den Mann geben müssen, erklärt<br />

sie. Mit „Filmreif“ kann sie sich<br />

endlich ausleben.<br />

TOP 10<br />

Mittwoch, 3. April<br />

Die Chansonniere<br />

Jane Comerford<br />

1 DFB-Pokal ARD 6,29 22 %<br />

2 Der Kommissar ... ZDF 5,44 17 %<br />

3 Tagesthemen ARD 5,32 17 %<br />

4 DFB-Pokal ARD 5,00 27 %<br />

5 Sportschau: Studio ARD 4,53 17 %<br />

6 Tagesschau ARD 4,52 15 %<br />

7 heute ZDF 3,81 16 %<br />

8 SokoWismar ZDF 3,79 20 %<br />

9 Wer weiß denn ...? ARD 3,39 18 %<br />

10 heute journal ZDF 3,33 12 %<br />

ZUSCHAUER IN MIO/MARKTANTEIL IN %

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!