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18 * <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 136 · 1 5./16. Juni 2019<br />
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Schönes Wochenende<br />
WARENKUNDE<br />
FUNDSTÜCKE<br />
VonKirsten Herrmann<br />
Haben Sie auchetwas Neues in derStadtentdeckt?<br />
Bitte schreiben Sie uns an: berlin.fundstuecke@dumont.de<br />
VonBettina Cosack<br />
DPA<br />
IMAGO IMAGES<br />
Wie reist es sich mit dem<br />
Flixtrain Richtung Westen?<br />
Wie flink ist er,der neue Flixtrain? Wiepünktlich ist er? Wie<br />
komfortabel? Seit gut dreiWochen fahren jetzt auch Flixzüge<br />
zwischen Berlin und Köln –das ist Konkurrenz für Deutsche<br />
Bahn, das ist gut. Als ich vonder neuen Flix-Strecke hörte,<br />
es ist die dritte in Deutschland, war ich elektrisiert. DieRoute<br />
ist meine Hausstrecke,einmal im Monat reise ich vonBerlin<br />
nach Dortmund, um in meiner Heimatstadt nach dem Rechten<br />
zu sehen, und wieder zurück. Ichfahreimmer mit dem<br />
Zug, das ist schneller als mit dem Auto und klimafreundlicher.<br />
Dasist aber auch –trotz Bahncard25–relativ teuer,wenn ich<br />
klug buche,lande ich bei 70 Euro,sonst eher bei 100 Euro für<br />
Hin- und Rückfahrt. Ichkomme immer heil an, aber fast immer<br />
mitVerspätung. Ichbeschloss also,den Flixtrain zu testen.<br />
Momentan fährttäglich einmal einer dieser Züge,betrieben<br />
vonder Flixbus-Firma Flixmobility,inRichtung Ruhrgebiet<br />
und Rheinland, nur mittwochs nicht, ab Juli gibt es zwei<br />
Verbindungen täglich in diese Richtung (und zurück auch). Ich<br />
buchte rechtzeitig, man kann das online tun unter flixtrain.de<br />
oder mithilfe der Flixbus-App.Ich kaufte ein Ticket für einen<br />
Dienstag um 8.20 UhrabBerlin-Hauptbahnhof –für 9,99 Euro,<br />
sagenhaft. Wiebei der Bahn fährtman bei Flixtrain an Tagen,<br />
an denen wenig los ist, günstiger,wie bei der Bahn lohnt es<br />
sich, früh zu buchen. Ichgönnte mir eine Sitzplatz-Reservierung<br />
in der Kategorie Panorama, was besser klingt als Fensterplatz.<br />
Kostete 3,99 Euro,ein guter Ausblick hebt die Stimmung.<br />
Mansolle unbedingt pünktlich erscheinen, hieß es bei der<br />
Buchung, 20 Minuten vorAbfahrtdes Zuges.Und so stand ich<br />
an einem Dienstag um Punkt acht Uhrauf einem Gleis tief unten<br />
im Hauptbahnhof. DerFlixtrain selbst erschien knapp<br />
pünktlich um 8.19 Uhrund fuhr nach Aufnahme der meist jungen<br />
Passagiereflott los.Die Lok war blau, ein paarWaggons warentatsächlich<br />
flixgrün, meiner war rot. BeiFlixens reist man in<br />
eher älteremWagenmaterial, wie der Fachmann sagt, ich fand<br />
mich in einem ehemaligen Sechser-Liegewagenabteil, vermutlich<br />
aus den Achtzigerjahren stammend, wieder,schob mein<br />
Köfferchen unter den Sitz und setzte mich auf den etwas durchgesessenen<br />
Panorama-Platz, eine Glücksbuchung, wie sich<br />
zeigte,denn es war heiß draußen, und eine Klimaanlage gab es<br />
nicht, was aber nicht schlimm war,weil man das Fenster öffnen<br />
konnte.Wie früher! Mitmir im Abteil saßen diverse reizende<br />
junge Frauen, mit Obst,Wasser,Büchernund Tageszeitungen<br />
ausgestattet, gut so,dennWLAN gab es nur im Bistrowagen, wobei<br />
das Bistroeher kargausgestattet und der Kaffee schnell verkauft<br />
war.Wir ließen uns im Abteil den Fahrtwind um die Nasen<br />
wehen, lasen und aßen, das Bordpersonal war heiter,die Toilette<br />
sauber.Der Flixtrain, mit IC-Tempo unterwegs,erreichte<br />
Dortmund nach vier Stunden und sieben Minuten um 12.28<br />
Uhr, also drei Minuten zu früh.Wasfür eine feine bunte Fahrt!<br />
Food Festival<br />
Mehr vom<br />
grünen Früchtchen<br />
Obmit Ei und Kresse oder ohne, Avocado auf Toast oder<br />
besser noch selbst gebackenem Sauerteigbrot darfauf der<br />
Speisekarte eines <strong>Berliner</strong> Cafés heute anscheinend nicht<br />
mehr fehlen, wenn es in Sachen Hipness in den oberen Rängen<br />
mitspielen will. Doch aus der eigentlich etwas seltsam anmutenden<br />
Frucht lässt sich noch so viel mehr machen als<br />
Brotbelag. Davon können sich Besucher am Sonntag im Club<br />
und Biergarten James June in Friedrichshain überzeugen. Dort<br />
findet das Avocado-Festival statt. Neben „Klassikern“ wie dem<br />
Avocado-Burger und Avocado-Pommes werden hier auch interessante<br />
Kreationen mit dem grünen Früchtchen gereicht,<br />
die Sie wahrscheinlich so noch nicht probiert haben. Ich bin<br />
sehr gespannt auf Avocado-Ramen, -Dumplings und zum<br />
Dessert eine Avocado-Crème-brûlée. Dazu gibt es Musik,<br />
Tanzshows,und sogar Hunde sind willkommen.<br />
Avocado-Festival Berlin, James June, Karl-Marx-Allee 93, Friedrichshain,<br />
Sonntag12–20 Uhr, 3Euro, Kinder bis 12 Jahre frei<br />
Bücher<br />
Ode an das<br />
Bilderbuch<br />
Die ersten Bilderbücher,andie ich mich erinnernkann, sind<br />
die Raupe Nimmersatt –wer kennt sie nicht –und gleich<br />
danach der Maulwurf Grabowski, von dem ich schon früh gelernt<br />
habe,dass das Bauen neuer Häuser und Straßen nicht immer<br />
nur positiveSeiten hat. Eingutes Bilderbuch nämlich sieht<br />
nicht nur schön aus,esbringt uns schon im zarten Alter bei, wie<br />
die Welt funktioniert. Grund genug, dem Bilderbuch auch in<br />
diesem Jahr wieder einen ganzen Tagzuwidmen: Beim Bilderbuchfest<br />
rund um und auf dem Helmholtzplatz im Prenzlauer<br />
Berg könnenBesucher am Sonntag an über 40 Ständen die neuesten<br />
Bilderbücher entdecken. Für Abwechslung sorgt ein Programm<br />
aus Lesungen, Live-Musik, eine Kreativecke und ein<br />
wandelndes Theater –eswird gemunkelt, dass der Drache Kokosnusshöchstselbst<br />
zu Gast sein wird.<br />
<strong>Berliner</strong> Bilderbuchfest, Helmholtzplatz, Prenzlauer Berg,Sonntag10–17 Uhr,<br />
Eintritt frei<br />
DPA<br />
Architektur<br />
Die Ästhetik<br />
des Rohen<br />
Die Lange der Wissenschaften –das sind Experimente,Ausprobieren,Vorträge<br />
und Diskussionen aus Physik, Biologie,<br />
Chemie oder Medizin. Aber auch Kunst und Kultur finden sich<br />
dort wieder. AmCampus Benjamin Franklin der Charité zum<br />
Beispiel dreht sich nicht alles nur um Medizin. DieLange Nacht<br />
des Brutalismus feiertden vonLaien oft als hässlich verschrienen,<br />
jedoch häufig überwältigenden Baustil mit einer Reihe von<br />
Kurzvorträgen. Seinen Namen trägt der Architekturstil nicht<br />
etwa, weil die Gebäude besonders brutal wirken. Er stammt<br />
vomfranzösischen „Béton brut“, roher Beton. Aber auch Rohes<br />
hat seine Ästhetik und Berechtigung –darum soll es am Sonnabend<br />
gehen. Zudem werden drei brutalistische <strong>Berliner</strong> Bauten<br />
vorgestellt: Mäusebunker und Hygieneinstitut der Charité<br />
sowie die Tschechische Botschaft in Mitte.<br />
Lange Nacht des Brutalismus, Hörsaal Hygiene und Umweltmedizin, Hindenburgdamm,<br />
Steglitz,Sa18–20 Uhr, TicketsLangeNacht der Wissenschaften,<br />
14 Euro, ermäßigt 9Euro<br />
Kleidertausch<br />
Zweite Chance<br />
für Aussortiertes<br />
InDeutschland werden jährlich insgesamt 1,5 Milliarden Kleidungsstücke<br />
aussortiert –und unzählige davon landen im<br />
Müll. Nurlogisch, dass viele Menschen den Schritt zu nachhaltiger<br />
Mode machen. Der muss gar nicht schwer sein, sondern<br />
kann auch Spaß machen, zum Beispiel bei Kleidertauschpartys.<br />
Etwa bei der Kleidertausch-Disco am Sonntag im Club OST.Wer<br />
dieNasevollhat vonder eigenen Kleidung, findet dortvielleicht<br />
bei anderen neue Teile und wird die aussortieren dafür los. Bis<br />
zu fünf Kleidungsstücke darfjeder mitbringen, diese gegen eine<br />
Wertmarkefür neue Stücke tauschen. Veranstalter MitVergnügensorgt<br />
dabei nicht nur für den nötigen Raum, sondernauch<br />
für Drinks und die richtige Shopping-Musik. Alles,was am Ende<br />
desTages keinen neuen Besitzer gefunden hat, wirdaneinen gemeinnützigenVerein<br />
gespendet.<br />
Kleidertausch-Disco im Club OST,Alt-Stralau, Friedrichshain,<br />
Sonntag 14–22 Uhr,3Euro<br />
DPA<br />
WOHIN AM WOCHENENDE?<br />
Die große<br />
Welt der<br />
Stoffe<br />
Die Textile Art Berlin zeigt<br />
Neues vom Filzen, Sticken<br />
und Spinnen.<br />
Die Gedenkstätte <strong>Berliner</strong><br />
Mauer blickt auf die Teilung<br />
der Stadt<br />
VonIda Luise Krenzlin<br />
Wie eine kleine Meerjungfrau<br />
sitzt die weiße Frau aus Filz auf<br />
einer hölzernen Wurzel und blickt in<br />
die Weite. „Die Anmutige“ ist ein<br />
Werk der Leipziger Textilkünstlerin<br />
Yvonne Zoberbier. Mit einer Nadelfilztechnik<br />
schafft sie entzückende<br />
Figuren. Zu sehen sind diese und<br />
viele andere textile Kunstwerke am<br />
Wochenende auf der Textile Art Berlin.<br />
In der Ackerstraße dreht sich alles<br />
um zeitgenössische Textilkunst.<br />
Rund 100 Verkaufsstände finden in<br />
den Räumen eines alten Backsteingebäudes<br />
Platz.<br />
Die Textile Art Berlin ist mehr als<br />
eine reine Verkaufsmesse. ImFokus<br />
steht seit Jahren die Weitergabe alter<br />
und neuer handwerklicher Techniken.<br />
Filzen, Sticken und Spinnen,<br />
Upcycling, Patchwork und Batik,<br />
Knöpfe, Perlen und Spitze, der<br />
Reichtum in der Welt der Stoffe und<br />
deren Verarbeitung ist unfassbar<br />
groß. Alle, die selbst gerne nähen,<br />
Feines aus Filz. „Die Anmutige“ von Yvonne Zoberbier.<br />
ROBERT QUENTIN<br />
können auf der Messe Neues erfahren,<br />
denn es finden an die 30 Workshops<br />
statt. Wererinnert sich nicht<br />
an die dekorativen Zwirnknöpfe an<br />
der Bettwäsche unserer Großmütter?<br />
Knopfmacherin Helene Weinold<br />
nutzt eine alte Handwerkstechnik,<br />
um mit den Teilnehmern große<br />
Knöpfe in allen erdenklichen Farben<br />
zu gestalten.<br />
In weiterenWorkshops vermitteln<br />
Künstlerinnen, wie man mit Schablonen<br />
Stoffe bedruckt oder auf<br />
Schulwebrahmen Armbänder webt.<br />
Zu den mehrstündigen Workshops<br />
muss man sich vorab anmelden, es<br />
gibt aber auch Mini-Workshops, die<br />
spontan besucht werden können.<br />
Eine Schau widmet sich der Herstellung<br />
vonStoffen und Kleidung in<br />
Westafrika. Der Deutsch-Kirgisische-Kulturverein<br />
stellt in einer weiteren<br />
Schau Nomadenschmuck vor.<br />
So sollen Amulette, getragen über<br />
dem Herzen, gegen böse Geister helfen.<br />
Auch eine große Modenschau<br />
gehört zum Programm. Unter dem<br />
Motto„Synergie“ stehen Nachhaltigkeit,<br />
Migration und sogar Bauhaus<br />
im Mittelpunkt der Show.<br />
Werden Ausflug in die Welt der<br />
Stoffe noch mit einem Spaziergang<br />
verbinden will, dem sei empfohlen,<br />
die Ackerstraße Richtung Gesundbrunnen<br />
herunterzulaufen. Schnell<br />
kommt man zur Gedenkstätte <strong>Berliner</strong><br />
Mauer ander Bernauer Straße.<br />
Die ganze Anlage erstreckt sich über<br />
eine Länge von1,4 Kilometern.<br />
Die Mauer war hier an der Bernauer<br />
Straße besonders präsent. An<br />
kaum einem anderen Ort lagen Ost<br />
und West so nah beieinander und<br />
waren doch so qualvoll voneinander<br />
getrennt. An der Ackerstraße wurden<br />
im August 1961 die ersten Teile der<br />
Grenzanlage errichtet.<br />
Im Gedächtnis sind die Bilder der<br />
Menschen geblieben, die aus den<br />
Grenzhäusern springen. Unten auf