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Berliner Zeitung 15.06.2019

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B2 <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 136 · 1 5./16. Juni 2019<br />

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Reise<br />

Einst war hier ein bedeutender Hafen, wo die römische Welt Griechenland und dem Osten so nah war wie sonst nirgends. Für heutigeVerhältnisse ist der Hafen von Otranto winzig und deshalb besonders reizvoll.<br />

IMAGO/ROBERTHARDING<br />

Der alte Mann und der Mezzogiorno<br />

Wo Adria und Ionisches Meer sich treffen, liegt Otranto, eines der reizvollsten Städtchen Süditaliens<br />

VonStefanie Bisping<br />

Antonio Milo fischt seit<br />

1946. Wie esdamals war?<br />

„Anders“, sagt er und<br />

lacht vergnügt. „Ganz anders<br />

als heute. Wir sind mit Ruderbooten<br />

rausgefahren, es war<br />

Schwerstarbeit.“ Milo orientiertesich<br />

nach Wind, Mond und Sternen. Er<br />

musste das Meer und die Küste kennen,<br />

wissen, wo das Wasser wie tief<br />

ist und wie die Sandverhältnisse<br />

sind. Das heutige Fischen sei viel<br />

einfacher.„Da draußen sind viele Dilettanten<br />

unterwegs.“<br />

Fang im Flechttrichter<br />

Der Fischer lacht gutmütig. Es liegt<br />

ihmfern, die jungen Kollegen zu beleidigen.<br />

Es sei halt nur ein anderes<br />

Arbeiten in einer anderen Welt. „Sie<br />

müssen die Natur nicht kennen, um<br />

den Job zumachen. Eine normale<br />

technische Begabung reicht aus.“<br />

Antonio Milo ist 87 Jahrealt. „Ich bin<br />

der älteste Fischer Otrantos.Alle anderen<br />

habe ich überlebt.“ Er sagt das<br />

ohne Bitterkeit. So ist es eben. Vor<br />

zehn Jahren hat er mit dem Fischen<br />

aufgehört. Doch er fährtnoch immer<br />

ab und zuaufs Meer hinaus. „Aber<br />

nur zum Spaß, für mich.“ Er weiß,<br />

dass der Fisch weniger geworden ist;<br />

das ist nur logisch, weil die Produk-<br />

tion so gewachsen ist. Früher verkaufte<br />

jeder seinen Fang im eigenen<br />

Dorf, heute versorgen deutlichweniger<br />

Fischer die ganzeKüste.<br />

Die Ausrüstung war damals, kurz<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg, nicht<br />

im Fachgeschäft zu kaufen. Es gab<br />

wenig Material und kaum Netze.<br />

Antonios Vater flocht aus Binsen<br />

viereckige Trichter, die er ins Meer<br />

setzte. Darin wurden die Fische gesammelt.<br />

Der Sohn sah erst zu und<br />

begann dann mitzuhelfen. Damals<br />

wurde nur im Sommer gefischt. Im<br />

Herbst und Winter kümmerte man<br />

sich um die Ausrüstung. „Wir haben<br />

um die hundert dieser Trichter im<br />

Jahr geflochten, denn sie gingen<br />

ziemlich schnell kaputt.“<br />

Als Antonio heiratete, flocht er<br />

weiter –aber nun auch fürs Heim.<br />

Lampenschirme zum Beispiel. Das<br />

Flechten wurde zum Hobby. Noch<br />

immer beteiligt er sich anAusstellungen,<br />

zeigt seine Arbeiten auf<br />

Märkten und bringt anderen Menschen<br />

bei, wie man Binsen zu Körben<br />

und Wandschmuck verarbeitet.<br />

Vier bis fünf solcher Kurse gibt er im<br />

Jahr,meist sind die Teilnehmer Leute<br />

aus der Gegend.<br />

Auch neben der Tür des Hauses,<br />

in dem er mit seiner Frau oberhalb<br />

der Bucht lebt, hängt ein handgeflochtener<br />

Wandschmuck. Schon<br />

Anreise: Lufthansa fliegt mehrmals in der<br />

Woche von Frankfurt nach Bari; einen<br />

Mietwagen gibt es über Auto Europe ab<br />

64 Euro/Woche, autoeurope.de. Übernachten:<br />

Im Schatten der Burg liegt das<br />

kleine Hotel Corte di Nettuno (www.cortedinettuno.it).<br />

DZ ab 110 Euro.<br />

Pauschal: Studiosus bietet z.B.eine<br />

achttägige Reise ab 1695 Euro p.P.an.<br />

daran erkennt man, dass hier „der<br />

Fischer, der auch Korbflechter ist“,<br />

lebt. Weresnicht weiß, fragt in der<br />

kleinen BarzweiHäuser weiter nach<br />

ihm. Manchmal ist er hier, manchmal<br />

plaudertermit Freunden, die er<br />

an einer Straßenecke getroffen hat.<br />

Oder er ist mit dem Auto unterwegs.<br />

Antonio ist immer beschäftigt. Er<br />

kennt fast jeden in dem Dorf, in dem<br />

er 1932 geboren wurde und das er<br />

nie dauerhaft verlassen hat.<br />

Im Gegensatz zu vielen Jungen.<br />

Der Mezzogiorno, das südliche Italien,<br />

kämpftseit Jahrzehnten: Schwierige<br />

Wirtschaftslage, Arbeitslosigkeit,<br />

wenig Nachwuchs. Wer jung ist, der<br />

REISEINFO OTRANTO<br />

Schlemmen: Ein guter Tipp für den kleinen<br />

Hunger ist die Wein-Bar „Barcollo“,<br />

das „Tartufo efunghi“, die hervorragende<br />

Salami- und Käseplatten bietet. Gute<br />

Fischgerichte und vielseitige Pizzen gibt<br />

es im „La Cala dei Normanni“ an der Promenade,<br />

wo man beim Essen auch noch<br />

schön über dem Meer sitzt. Wer gehobene<br />

Küche sucht, ist im „L’Altro Baffo“ in der<br />

Altstadt an einer guten Adresse.<br />

zieht nach Norditalien oder ins Ausland.<br />

Aber Antonio hatte nie Interesse,<br />

woanders zu leben als hier, in<br />

Otranto,der Perle des Südens.<br />

Einst wardiesein wichtiger,durch<br />

eine starke Festung gesicherter Posten<br />

an jenem Punkt, wo adriatisches<br />

und Ionisches Meer aufeinandertreffen.<br />

Nur80Kilometer trennen Otranto<br />

von Albanien. Die Nähe zum<br />

Osten und zu Griechenland ließ es<br />

Griechen und Römern sinnvoll erscheinen,<br />

hier einen Hafen anzulegen.<br />

Heute ist der einstmals so bedeutende<br />

Adria-Hafen ein Häflein,<br />

doch das kann den Reiz des Städtchens<br />

nicht schmälern.<br />

Es sind die großen Attraktionen<br />

aber auch die kleinen Details,die die<br />

Herzen Fremder schneller schlagen<br />

lassen: der tiefblaue Himmel, die<br />

weiß blitzenden Boote unten im Hafen,<br />

die Festung, die wuchtig gleich<br />

neben der ummauerten Altstadt auf<br />

einer Anhöhe thront, die breite Promenade,<br />

die um eine der schönsten<br />

Buchten desSüdens führt.<br />

In der Cattedrale Santa MariaAnnunziata,<br />

der größten romanischen<br />

Kirche Apuliens, fügen sich zehn<br />

Millionen Steinchen zu einem Wunder:<br />

einem 1600 Quadratmeter großen<br />

Mosaik, das den Boden vonMittelschiff,<br />

Querschiff und Apsis fast<br />

vollständig bedeckt. Pantaleone hieß<br />

der Mann, dem diese Pracht zu verdanken<br />

ist; vermutlich war er ein<br />

Mönch in einem nahegelegenen<br />

Kloster oderhatte zumindestZugriff<br />

auf dessen Schriften.<br />

Denn viele der Szenen und Figuren,<br />

die hier klar wie in einem Comic<br />

dargestellt sind, gehörten in den Jahren<br />

1163 bis 1165, in denen Pantaleone<br />

sich in erstaunlicher Geschwindigkeit<br />

seiner herkulischen<br />

Aufgabe widmete, nicht zum Allgemeinwissen.<br />

Im Mittelschiff wächst<br />

ein Lebensbaum aus dem Rücken<br />

zweier Elefanten, die im 12. Jahrhundert<br />

niemand aus dem Zoo kannte.<br />

Gleich daneben macht die Göttin<br />

Diana mit Pfeil und Bogen Jagd auf<br />

einen Hirsch; sie erwähnte der GeistlicheinseinenPredigten<br />

gewiss eher<br />

selten. Sicher ist, dass Bischof Jonathan<br />

Pantaleones Auftraggeber war.<br />

Leben auf dem Lungomare<br />

Die Kapelle der Märtyrer im Seitenschiff<br />

erinnert anein finsteres Kapitel<br />

der Stadtgeschichte, als 1480 bei<br />

einem Überfall der Türken achthundert<br />

Bewohner Otrantos enthauptet<br />

wurden. Sie hatten sich geweigert,<br />

ihrem Glauben zu entsagen. Fortan<br />

schützte eine Mauer die Stadt, dem<br />

Überfall folgte kein weiterer.<br />

Draußen steuert ein Priester seinen<br />

Fiat Panda durch ein schweres<br />

Holztor neben der Kathedrale und<br />

gibt somit das Signal, dass der Abend<br />

naht. Der Strom der Menschen<br />

schiebt sich durch die Gassen der<br />

Altstadt auf den Lungomare hinaus,<br />

die Promenade, auf der sich das<br />

pralle Leben zu entfalten beginnt.<br />

Bellende Hunde, spielende Kinder,<br />

kreischende Teenager, junge Paare,<br />

ganze Familien – sie alle purzeln<br />

durcheinander, strömen hinauf und<br />

hinab, während Liegestühle am<br />

Strand zusammengeklappt, Sonnenschirme<br />

festgezurrt und die Tische<br />

in den Ristorantes eingedeckt<br />

werden. Die Menschen drängen in<br />

die Bars.Zeit für denAperitivo.<br />

Airlines machen Kasse mit Koffern<br />

Vermeintlich günstige Flugtickets werden oft richtig teuer, wenn Urlaubs- oder Sperrgepäck mit sollen. Ein Überblick über die Fallstricke<br />

Von Stefan Weißenborn<br />

Reisetasche, großer Koffer, Golfausrüstung<br />

oder Kinderwagen:<br />

WereinenFlug bucht, muss sich gut<br />

überlegen, welches Gepäck mit soll.<br />

Denn: „Das vermeintlich günstige<br />

Ticket ist samt Zusatzbuchungen<br />

schnell so teuer wie etwa bei der<br />

Lufthansa“, sagt Alexandra Hawlicek<br />

vom Fluggastrechte-Portal Fairplane.Geht<br />

einevierköpfige Familie<br />

mit vier Koffern auf Reisen, verteuert<br />

sich der Flugpreis schnell um<br />

200 Euro oder mehr. Wer zum Beispiel<br />

im Sommer 2019 im günstigsten<br />

Tarif mit Brussels Airlines von<br />

Berlin nach Brüssel fliegt, zahlt für<br />

den Flug gut 80 Euro plus 50 Euro<br />

fürs Aufgabegepäck, so das Verbraucherportal<br />

Check24.<br />

Vor allem Billigairlines versuchen,<br />

mit Gepäck Geld zu machen.<br />

Ein Tipp der Experten: das Gepäck<br />

gleich beim Ticketkauf mitbuchen.<br />

„Die größte Falle ist, nach abgeschlossener<br />

Buchung erst am Flughafen<br />

Gepäck aufzugeben“, sagt<br />

Hawlicek. Denn da langen die Airlines<br />

ordentlich zu.<br />

Nach einer Auswertung von<br />

Check24 kassiert zum Beispiel Tuifly<br />

im Pure-Tarif pro maximal 20 Kilo<br />

schwerem Aufgabegepäckstück bei<br />

Sofortbuchung ab 19 Euro, amFlughafen<br />

werden 120 Euro fällig. Bei<br />

Selten fliegt Gepäck kostenlos.<br />

GETTYIMAGES/WUNDERVISUALS<br />

Condor sind es demnach im Economy-Light-Tarif<br />

ab 24,99 Euro versus<br />

75 Euro, bei Ryanair sechs Euro für<br />

ein Zehn-Kilo-Stück gegenüber<br />

40 Euro am Flughafen. MancheAirlines<br />

machen dabei einen weiteren<br />

Unterschied am Airport zwischen<br />

Schalter und Gate.Der Check24-Auswertung<br />

zufolge verzichtet praktisch<br />

keine der wichtigsten Linienfluggesellschaften<br />

und Low-Cost-Airlines<br />

innerhalb Europas auf einen Günstigtarif<br />

ohne Freigepäck. Einzig die<br />

türkische Airline Sun-Express bietet<br />

15 bis 40 Kilogramm Freigepäck. In<br />

der Regel darf das erste Aufgabegepäckstück<br />

nicht über 23 Kilo wiegen –<br />

bei vielen der Billiglinien nur 15.<br />

Wie viel der Fluggast für Sperrgepäck<br />

zahlt und ob er doch etwas<br />

ohne Aufpreis mitnehmen darf,<br />

hängt von der Buchungsklasse ab<br />

oder seinem Status als Meilensammler,<br />

so Hawlicek. Sport- und Sperrgepäck<br />

sollte unbedingt direkt bei der<br />

Buchung angegeben werden, da es<br />

dafür nur begrenzten Platz gibt.<br />

Manche Airlines zeigen sich kulant:<br />

Die Lufthansa etwa erhebt oft keine<br />

Extrakosten für eine Skiausrüstung,<br />

ein ähnliches Angebot macht Turkish<br />

Airlines.Einen Service lassen die<br />

Fluggesellschaften dabei unangetastet:<br />

Kinderwagen und Buggys dürfeninder<br />

Regel immer noch kostenfrei<br />

mitfliegen. (dpa)

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