02.07.2019 Aufrufe

Die Wirtschaft Köln - Ausgabe 04 / 2019

Mehr Wissen, besser entscheiden, erfolgreich unternehmen: Die Wirtschaft Köln bietet Ihnen mit exklusiven Einblicken in Branchen, Märkte und Betriebe sechs Mal jährlich einen spannenden Mix aus aktuellen Nachrichten der Kölner Wirtschaft, Unternehmensportraits und Interviews mit Entscheidern der Region.

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Leben & Wissen |<br />

BUNDESTAG SPRICHT<br />

ÜBER TAMPONS<br />

Damen-Hygieneartikel sind Anstoß für eine Reform der Mehrwertsteuer<br />

Foto: © janvier – stock.adobe.com<br />

<strong>Die</strong> Petitionen zur „Tamponsteuer“ bringen<br />

nun neuen Wind in die Diskussion, welche<br />

Leistungen und Produkte unter den verringerten<br />

Mehrwertsteuersatz fallen sollen.<br />

<strong>Die</strong> Menstruierenden haben sich ihre Periode<br />

nicht ausgesucht. Sie ist über viele Jahre<br />

nicht zu umgehen. Mehrere Petitionen<br />

wollen nun ändern, dass Menstruationsprodukte<br />

als Luxusartikel deklariert werden.<br />

Innerhalb weniger Wochen sammelten diese<br />

zusammen weit mehr als 250.000 Unterschriften,<br />

zum Beispiel die Petition mit dem<br />

Titel „<strong>Die</strong> Periode ist kein Luxus – senken<br />

Sie die Tamponsteuer!“. „Wir möchten nicht<br />

weiterhin einfach zusehen, sondern mitmachen“,<br />

sagen die Initiatoren und Urheber<br />

der Petition, Nanna-Josephine Roloff und<br />

Yasemin Kotra. „Wir entschieden uns dazu,<br />

den Finger in die Wunde der systematischen<br />

Diskriminierung zu legen und etwas<br />

gegen die unfaire Besteuerung unserer Monatsblutung<br />

zu tun. Eine Ungerechtigkeit,<br />

die wir nicht mehr hinnehmen!“<br />

Petition 91015 knackt<br />

50.000er-Marke<br />

Tampons werden mit 19 Prozent Mehrwertsteuer belegt.<br />

Im Schnitt alle 28 Tage für drei bis fünf Tage Blutungen und viele weitere Symptome,<br />

die mit der Menstruation einhergehen. Nach Luxus klingt das wahrlich nicht.<br />

Doch werden Menstruationsartikel, wie Tampons, Binden oder Menstruationstassen,<br />

als Luxusartikel mit 19 Prozent Mehrwertsteuer belegt. Eine Online-Petition zur Senkung<br />

der Steuer auf Periodenprodukte erhielt innerhalb weniger Tage Zehntausende<br />

Unterschriften und schaffte es in den Bundestag.<br />

Grundnahrungsmittel<br />

Trüffel, Luxusartikel<br />

Wasser<br />

In Deutschland gelten zwei Mehrwertsteuersätze.<br />

Für Grundnahrungsmittel und Dinge<br />

des täglichen Bedarfs werden sieben Prozent<br />

Mehrwertsteuer berechnet. Nach einer<br />

Reform der Mehrwertsteuer im Jahr 1963<br />

gilt dieser verringerte Satz auch für Bildung<br />

und Kultur. Daher werden auch Eintrittskarten<br />

ins Kino, Theater oder Fußballstadion<br />

sowie Zeitungen, Bücher und Tickets<br />

für den öffentlichen Nahverkehr mit sieben<br />

Prozent besteuert. Für sogenannte Luxusartikel<br />

sind 19 Prozent fällig, so auch<br />

für Menstruationsartikel. Doch eine wirklich<br />

klare Linie ist bei der Unterscheidung,<br />

was Grundnahrungsmittel und Dinge des<br />

täglichen Bedarfs sind und was Luxus ist,<br />

nicht klar erkennbar. Zum Paragrafen 12<br />

des Umsatzsteuergesetzes gehören noch<br />

zwei Tabellenanhänge mit über 50 Kategorien<br />

sowie ein 140 Seiten starkes Ministeriumsschreiben,<br />

das Finanzbeamten bei der<br />

Einordnung hilft, ob sieben oder 19 Prozent<br />

fällig sind. Darin ist auch geregelt, dass Babynahrung,<br />

Rasierklingen sowie sämtliche<br />

Getränke, also auch Mineralwasser, mit 19<br />

Prozent besteuert werden – Tierfutter oder<br />

Trüffel, Riesengarnelen und Kartoffeln hingegen<br />

nur mit sieben Prozent Mehrwertsteuer<br />

belegt sind. Bei Süßkartoffeln sind es<br />

wieder 19 Prozent.<br />

Petitionen werden<br />

von Hunderttausenden<br />

unterstützt<br />

Nun muss sich der Petitionsausschuss mit<br />

dem Thema beschäftigen, nachdem die Petition<br />

91015 die Unterschriften-Marke von<br />

50.000 geknackt hatte. <strong>Die</strong> Petitionen haben<br />

außerdem prominente Unterstützer sowie<br />

Politiker oder Drogerieketten wie dm<br />

oder Rossmann. Sollte die Forderung nach<br />

einer Gesetzesänderung erfolgreich sein und<br />

die Tamponsteuer sinken, wäre Deutschland<br />

nicht das erste Land, das diesen Schritt gehen<br />

würde. In Kenia, Indien, Kanada und einigen<br />

US-Bundesstaaten zahlen Frauen keine<br />

Mehrwertsteuer mehr auf Menstruationsprodukte.<br />

In Spanien oder Großbritannien gelten<br />

reduzierte Mehrwertsteuersätze. Der Petitionsausschuss<br />

im Bundestag wird sich mit der<br />

Petition 91015 voraussichtlich erst nach der<br />

Sommerpause im September befassen.<br />

Startup verkauft<br />

Tampons in Büchern<br />

Das Stuttgarter Startup „The Female Company“<br />

hat schon vor einer möglichen Gesetzesänderung<br />

einen Weg gefunden, wie der<br />

Luxus-Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent<br />

kreativ umgangen werden kann. Sie verkaufen<br />

ihre Tampons als Bücher. Dafür sind nur<br />

sieben Prozent Mehrwertsteuer fällig. Im Inneren<br />

von „The Tampon Book“ sind Tampons<br />

eingelegt. Außerdem gibt es auf rund 40 Seiten<br />

Informationen rund um das Thema Menstruation<br />

oder auch Cartoons. W<br />

Christian Esser<br />

www.diewirtschaft-koeln.de 51

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