Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 267 · 1 6./17. November 2019 7<br />
·························································································································································································································································································<br />
Wirtschaft<br />
Eine Milliarde<br />
Überstunden<br />
im Halbjahr<br />
Bundesweit mehr als die<br />
Hälfte nicht bezahlt<br />
Von Rasmus Buchsteiner<br />
Arbeitnehmer in Deutschland haben<br />
im ersten Halbjahr des laufenden<br />
Jahres 960 Millionen Überstunden<br />
geleistet –davon waren mit<br />
490 Millionen mehr als die Hälfte unbezahlt.<br />
Dasgeht aus der Antwortdes<br />
Bundesarbeitsministeriums auf eine<br />
Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion<br />
hervor, die dem Redaktions-<br />
Netzwerk Deutschland (RND) vorliegt.<br />
DasMinisterium beruft sich dabei<br />
auf Daten des Instituts für<br />
Arbeitsmarkt und Berufsforschung<br />
der Bundesagentur für Arbeit.<br />
Im Jahr 2018 sind den Angaben<br />
zufolge insgesamt 2,02 Milliarden<br />
Überstunden gezählt worden –<br />
1,8 Prozent mehr als 2017. Damit waren<br />
3,8 Prozent aller Arbeitsstunden<br />
von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten<br />
Überstunden. 1,04 Milliarden<br />
Überstunden waren im vergangenen<br />
Jahr bezahlt, gut 980 Millionen Überstundenunbezahlt.<br />
DasVolumen der<br />
Überstunden des vergangenen Jahres<br />
entspricht den Angaben zufolge<br />
rechnerisch rund 1,2 Millionen Vollzeitstellen.<br />
Arbeitnehmer, die zum Teil auch<br />
im Homeoffice arbeiten, leisten<br />
überproportional viele Überstunden.<br />
Linken-Arbeitsmarktexpertin<br />
Jessica Tatti fordert schärfere Regeln<br />
für Überstunden.<br />
Von Burkhard Fraune<br />
Nach nur eineinhalb Jahren<br />
bei der Deutschen<br />
Bahn steht der Finanzvorstand<br />
AlexanderDoll<br />
vor dem Abgang. Nach wochenlangem<br />
Führungsstreit hat der Manager<br />
nach dpa-Informationen am<br />
Freitag einen Auflösungsvertrag<br />
unterschrieben. Der Aufsichtsrat<br />
des bundeseigenen Konzerns müsse<br />
dem Schritt in einer Sondersitzung<br />
amMontag noch zustimmen,<br />
hieß es.Dem Vernehmennach würde<br />
die Abfindung aufeinen einstelligenMillionenbetrag<br />
hinauslaufen.<br />
Doll wurde im Aufsichtsrat zur<br />
Lastgelegt, dassesbislang nicht gelungen<br />
ist, dieKonzerntochterArriva<br />
und damit einen großen Teil des<br />
Auslandsgeschäfts zu verkaufen.<br />
Dassollte bis zu vier MilliardenEuro<br />
für die Eisenbahn in Deutschland<br />
bringen.Doch die Interessenten boten<br />
deutlich weniger,weilSchulden<br />
und Pensionsverpflichtungen auf<br />
Arriva lasten. Eine Rolle soll auch<br />
spielen, dass sich Dolldem Wunsch<br />
des Bahnchefs Richard Lutz widersetzt<br />
habe, das Finanzressort abzugeben<br />
und sichauf Güterverkehrzu<br />
konzentrieren.<br />
Für einen Abgang des früheren<br />
Bankers hatte sich auch Verkehrsminister<br />
Andreas Scheuer (CSU)<br />
hinter den Kulissen starkgemacht,<br />
sagen Insider. Bevor die Entscheidung<br />
bekannt wurde,hatteScheuer<br />
am Freitag betont, die Bahn befinde<br />
sich nicht im Krisenmodus. „Streit<br />
Führungsstreit bei der Bahn<br />
Finanzvorstand Alexander Doll verlässt das Unternehmen<br />
AlexanderDollhat einen Auflösungsvertrag unterschrieben.<br />
FOTO: REINER ZENSEN/IMAGO IMAGES<br />
ist immer schlecht“, sagte er nach<br />
einer Sondersitzung des Verkehrsausschusses.<br />
Notwendig seien aber<br />
eine bessere Bahn für die Kunden<br />
undein schlankerer Konzern.<br />
„Die Entwicklungenrund um die<br />
Deutsche Bahn werden immer skurriler“,<br />
kritisierte der FDP-Verkehrspolitiker<br />
Torsten Herbst.Zügefielen<br />
aus, der Gewinn sinke, die Pünktlichkeitswerte<br />
blieben schlecht,<br />
und die Schulden wüchsen –und<br />
der Vorstand beschäftige sich mit<br />
internen Personaldebatten. Der<br />
Ausschuss wollte von Scheuer wissen,<br />
was die Bundesregierung zu<br />
Verbesserungen beitrage. Für mehr<br />
Fahrgäste und ein besseres Angebot<br />
hatte der Bund der Bahn in den vergangenen<br />
Monaten deutlich mehr<br />
Geld in Aussicht gestellt. Außerdem<br />
bekommt die Deutsche Bahn aus<br />
demKlimapaket bis 2030jedes Jahr<br />
eine Milliarde Euro Eigenkapital,<br />
zudem wurden die Mittel für den<br />
Regionalverkehr aufgestockt.<br />
Der Haushaltsausschuss des<br />
Bundestags machte amFreitag den<br />
Wegfür die zusätzlichen Milliarden<br />
frei. Er stimmte bei seinen abschließenden<br />
Beratungen einer neuen<br />
Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung<br />
zwischen dem Bund und<br />
dem bundeseigenen Konzern zum<br />
Erhalt des Schienennetzes zu. Die<br />
Vereinbarung hat eine Laufzeit von<br />
zehn Jahren. Der Entwurf sieht<br />
Haushaltsmittel des Bundes in<br />
Form eines „Infrastrukturbeitrags“<br />
von insgesamt 51,4 Milliarden Euro<br />
vor.<br />
Zunehmende Ungeduld<br />
Scheuer sprach von einer Topfinanzausstattung<br />
der Deutschen<br />
Bahn. Nun müsse für Fahrgäste am<br />
Bahnsteig auch spürbar werden,<br />
dass die Bahn auf dem richtigen<br />
Gleis unterwegs sei. „Bei mir steigt<br />
natürlich auch eine Ungeduld, weil<br />
ichweiß, dass die Bürgerwas erwarten“,<br />
sagteScheuer. Es gebe Verbesserungen,<br />
ergänzte der Minister.<br />
„Aber die Verbesserungen sind<br />
nochnichtgut genug.“ (dpa)<br />
Dem örtlichen<br />
Versorger<br />
treu<br />
Stromkundenwechseln<br />
eherselten<br />
Von Claus Haffert<br />
Bei der Wahl des Stromlieferanten<br />
bleiben die meisten Haushalte in<br />
Deutschland dem örtlichen Versorger<br />
treu. Im vergangenen Jahr seien<br />
rund 69 Prozent aller Haushalte von<br />
dem für ihren Wohnortzuständigen<br />
Grundversorger beliefert worden,<br />
heißt es im Entwurfdes neuen Monitoringberichts<br />
von Bundesnetzagentur<br />
und Bundeskartellamt. „Die<br />
immer noch starke Stellung der<br />
Grundversorger in ihren jeweiligen<br />
Versorgungsgebieten ist damit im<br />
Vergleich zum Vorjahr konstant“,<br />
stellen die Behörden fest. Keine weiteren<br />
Marktanteile haben demnach<br />
andere Anbieter hinzugewonnen.<br />
Sie verkauften wie im Vorjahr rund<br />
31 Prozent des an Haushaltskunden<br />
gelieferten Stroms. Allerdings hat<br />
sich der Stromverkauf der häufig mit<br />
günstigen Preisen werbenden Anbieter<br />
in den vergangenen zehn Jahren<br />
mehr als verdoppelt. Insgesamt<br />
haben im vergangenen Jahr rund<br />
4,7 Millionen Haushalte den Stromanbieter<br />
gewechselt, ähnlich viele<br />
wie 2017.<br />
Seit der Öffnung des Strommarkts<br />
im Jahr 1998 können die Kunden<br />
ihrenLieferantenfreiwählen.Im vergangenen<br />
Jahr hatte jeder Haushalt<br />
im Durchschnitt die Wahl unter<br />
124 Anbietern. (dpa)