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Berliner Zeitung 20.11.2019

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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 270 · M ittwoch, 20. November 2019 11<br />

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Berlin<br />

Im Mutterleib totgespritzt<br />

Landgericht verurteilt zwei Frauenärzte zu Bewährungsstrafen –sie töteten nach Absprache mit der Mutter einen hirngeschädigten Zwilling durch eine Injektion<br />

VonKatrin Bischoff<br />

Als der Richter an diesem<br />

Dienstagmittag im gut besetzten<br />

größten Schwurgerichtssaal<br />

des Landgerichts<br />

das Urteil verkündet, stehen<br />

Babett R. und KlausV. wie versteinert<br />

neben ihren Anwälten. Ein Zeichen,<br />

dass die beiden renommierten Frauenärzte<br />

bis zum Schluss an ein für sie<br />

gutes Ende geglaubt haben. An einen<br />

Freispruch, so wie es auch ihre Verteidiger<br />

geforderthaben.<br />

Doch Matthias Schertz, der Vorsitzende<br />

Richter,geht in seinem Urteil<br />

wegen Totschlags im minderschweren<br />

Fall bei dem angeklagten<br />

V. sogar noch über das Strafmaß<br />

hinaus, das die Staatsanwältin verlangt<br />

hatte.Erverurteilt den 73-jährigen<br />

einstigen Chefarzt einer <strong>Berliner</strong><br />

Geburtsklinik zu einem Jahr<br />

und neun Monaten Haft. Die 58-<br />

jährige Oberärztin Babett R. erhält<br />

ein Jahr und sechs Monate Freiheitsentzug.<br />

DieStrafen werden zur<br />

Bewährung ausgesetzt. Die Staatsanwältin<br />

hatte für die Angeklagten<br />

Freiheitsstrafen von jeweils 18 Monaten<br />

gefordert.<br />

Es geht um einen Fall, der mittlerweile<br />

mehr als neun Jahre zurückliegt<br />

und bei dem die Angeklagten<br />

bei einem Kaiserschnitt nach der Geburt<br />

eines gesunden Mädchen den<br />

schwer hirngeschädigten Zwilling<br />

noch im Mutterleib eine tödliche Injektion<br />

injizierten.<br />

Damit hätten die Angeklagten im<br />

Kreißsaal eine rote Linie überschritten,<br />

sagt der Vorsitzende Richter in<br />

seiner halbstündigen Urteilsbegründung.<br />

Selbst jeder Feld-, Wald- und<br />

Wiesenarzt wisse, dass es verboten<br />

sei, ein Kind im schon geöffneten<br />

Mutterleib totzuspritzen, so Matthias<br />

Schertz.<br />

Am 12. Juli 2010 hatten Babett R.<br />

und KlausV. bei einer 27-jährigen Patientin<br />

die Geburt von Zwillingen<br />

eingeleitet. Die werdende Mutter<br />

war erst in der 32. Schwangerschaftswoche,<br />

Wehen hatten eingesetzt.<br />

Wochen zuvor war festgestellt<br />

worden, dass sich die Zwillinge eine<br />

Plazenta teilten und an einem sogenannten<br />

fetofetalen Transfusionssyndrom<br />

litten. Ein Fötus wurde<br />

überversorgt, der andere unterversorgt.<br />

Spätabbruch bis zur Geburterlaubt<br />

Bei dem unterversorgten Fötus<br />

wurde wenig später eine schwere<br />

Hirnschädigung festgestellt. Deswegen<br />

stimmte die Frau einem selektivenFetozid,<br />

der Tötung des kranken<br />

Zwillings im Mutterleib, zu. Das ist<br />

nach dem Gesetz als Spätabbruch<br />

bis zur Geburt erlaubt, wenn die<br />

Schädigung des Kindes eine unzumutbare<br />

Belastung für die Mutter<br />

darstellt.<br />

Um 5.20 Uhr brachten die Ärzte<br />

ein gesundes Mädchen zur Welt.<br />

Dann spritzten sie dem kranken<br />

Zwilling 20 Milliliter Kaliumchlorid<br />

Babett R. droht nach dem Urteil die Aberkennung der Approbation.<br />

OLAF WAGNER<br />

in die Nabelvene.Eskam zum Herzstillstand,<br />

das Kind wurde um<br />

5.30 Uhrtot geboren.<br />

Die Ärzte erklärten zu ihrer Verteidigung,<br />

sie hätten sich auf der sicheren<br />

Seite gewähnt und seien davon<br />

ausgegangen, dass der kranke<br />

Zwilling noch nicht geboren worden<br />

sei. Zudem sagten sie, dass sie mit<br />

dem Spritzen des Kaliumchlorids<br />

noch vor dem Kaiserschnitt auch<br />

den gesunden Zwilling gefährdet<br />

hätten und mit ihrerVorgehensweise<br />

das Risiko für das gesunde Kind minimieren<br />

wollten.<br />

Dieser Argumentation widersprach<br />

das Gericht. Mit der Geburt<br />

des gesunden Zwillings sei von dem<br />

kranken Kind keine Gefahr mehr<br />

ausgegangen.<br />

Anonyme Anzeige<br />

Laut Schertz spritzten die Ärzte das<br />

tödliche Kaliumchlorid, obwohl sie<br />

ganz genau gewusst hätten, dass es<br />

sich nicht mehr um eine Abtreibung<br />

gehandelt habe.DerToddes kranken<br />

Zwillings sei von Anfang an geplant<br />

gewesen. Babett R. und Klaus V. hätten<br />

die Vereinbarung mit der Mutter<br />

„um jeden Preis“ umsetzen wollen.<br />

„Wir schließen aus, dass die Angeklagten<br />

die rechtlichen Grenzen<br />

nicht gekannt haben“, sagte der<br />

Vorsitzende Richter. Das Anliegen,<br />

ein gesundes Kind zur Welt zu bringen,<br />

sei nachvollziehbar. Doch<br />

seien die Ärzte dabei zu weit gegangen.<br />

Schertz spricht von Aussortieren<br />

eines kranken Kindes am offenen<br />

Mutterleib. Das sei nicht hinnehmbar<br />

und ein Schlag ins Gesicht<br />

behinderter Menschen. Der Richter<br />

betont auch, dass die Ärzte sehr<br />

wohl jegliches Risiko hätten ausschließen<br />

können: Mit der Geburt<br />

eines gesunden und eines behinderten<br />

Kindes.<br />

Für die Richter haben die Ärzte<br />

zwar durchaus planvoll und gemeinschaftlich<br />

gehandelt. Trotzdem erkannten<br />

sie nur auf Totschlag im<br />

minderschweren Fall. Der Fall liege<br />

bereits neun Jahre zurück, so<br />

Schertz. Eine anonyme Anzeige,eingegangen<br />

erst im Jahr 2013, hatte das<br />

Verfahren ins Rollen gebracht. Babett<br />

R., die noch immer als Oberärztin<br />

arbeitet, droht nach dem Urteil<br />

die Aberkennung der Approbation.<br />

Siehabe sich laut Schertz im Verfahreneinsichtig<br />

gezeigt.<br />

Dereinstige Chefarzt gehe jedoch<br />

noch heute davon aus, richtig gehandelt<br />

zu haben. Klaus V. ist seit<br />

2012 im Ruhestand.<br />

Nach dem Urteil eilen Ärzte dem<br />

Ausgang entgegen. „Kein Kommentar“<br />

ist alles, was Klaus V. zu dem<br />

Schuldspruch sagen will. Das Urteil<br />

ist noch nicht rechtskräftig. DieVerteidiger<br />

wollen in Revision gehen.<br />

Katrin Bischoff ist gespannt,<br />

wie der Bundesgerichtshof<br />

entscheiden wird.<br />

Bürgerdaten<br />

unter Verschluss<br />

Senat zu Datensicherheit und Kooperation mit BerlinOnline<br />

„Die Daten<br />

sind bei<br />

uns<br />

hoheitlich<br />

verankert.“<br />

Ines Fiedler Vorstand des <strong>Berliner</strong><br />

Dienstleistungszentrums ITDZ<br />

Die Angriffe auf das IT-Netz der<br />

<strong>Berliner</strong> Verwaltung nehmen<br />

zu. Das erklärte Ines Fiedler vom<br />

<strong>Berliner</strong> Dienstleistungszentrum<br />

ITDZ bei einer Pressekonferenz am<br />

Dienstag. Die Zahl von Cyberattacken<br />

mit Schadsoftware habe sich<br />

innerhalb von fünf Jahren auf zuletzt<br />

rund sieben Millionen verdoppelt.<br />

Die Verwaltung habe umfangreiche<br />

Schutzmaßnahmen installiert,<br />

Bürgerdaten und sensible Informationen<br />

seien in keinem der<br />

Fälle entwendet oder eingesehen<br />

worden.<br />

Ebenfalls Thema auf der Pressekonferenz<br />

zur Datensicherheit in<br />

der <strong>Berliner</strong> Verwaltung: die Rolle<br />

des privaten Partners BerlinOnline<br />

und seine Zugriffsrechte auf Bürgerdaten.<br />

BerlinOnline betreibt das<br />

Landesportal Berlin.de, Marke und<br />

URL gehören dem Land –eine Kooperation<br />

also zwischen Privatwirtschaft<br />

und öffentlicher Hand. Der<br />

<strong>Berliner</strong> Verlag, in dem die <strong>Berliner</strong><br />

<strong>Zeitung</strong> erscheint, ist mit 74,8 Prozent<br />

an der „BerlinOnline Stadtportal<br />

GmbH &Co. KG“ beteiligt. 25,2<br />

Prozent werden von der Investitionsbank<br />

Berlin gehalten.<br />

Anfang November wechselte der<br />

<strong>Berliner</strong> Verlag wie berichtet den<br />

Eigentümer – neue Besitzer sind<br />

die <strong>Berliner</strong> Unternehmer Holger<br />

und Silke Friedrich. Das Ehepaar<br />

hatte der „Neuen Zürcher <strong>Zeitung</strong>“<br />

gesagt, dass berlin.de der „eigentliche<br />

Schatz“ des Erwerbs des Unternehmens<br />

sei und man auf der<br />

Plattform „prinzipiell jede Dienstleistung<br />

ausspielen“ könne.Bei der<br />

Pressekonferenz wurde in diesem<br />

Zusammenhang die Frage aufgeworfen,<br />

wer den Zugriff auf die<br />

Bürgerdaten habe.<br />

Die Senatskanzlei gab am Montag<br />

bekannt, dass der Senat den Vertrag<br />

mit BerlinOnline bereits 2018 –<br />

vor der Übernahme durch die<br />

neuen Eigentümer –zuEnde 2021<br />

gekündigt habe. Sabine Smentek,<br />

Staatssekretärin für Informationsund<br />

Kommunikationstechnik,<br />

sagte:„Wir sind weit davon entfernt,<br />

einem privaten Unternehmen tiefere<br />

Einblicke in die sensiblen Daten<br />

der <strong>Berliner</strong> zu gewähren.“ Und:<br />

„Kommerzielle Interessen dürfen<br />

an dieser Stelle keine Rolle spielen.“<br />

Das bekräftigte auch Ines Fiedler,<br />

Vorstand des ITDZ und damit<br />

zuständig für die Sicherheitsarchitektur<br />

des <strong>Berliner</strong> IT-Netzes, am<br />

Dienstag erneut. Man kooperiere<br />

zwar häufiger mit Privatunternehmen,<br />

Bürgerdaten aber würden<br />

nicht weitergereicht und ausschließlich<br />

im streng gesicherten<br />

Datenzentrum des ITDZ gespeichert:<br />

„Die Daten sind bei uns hoheitlich<br />

verankert, kein privater<br />

Partner bekommt Bürgerdaten von<br />

uns.“ Auch von BerlinOnline heißt<br />

es auf Nachfrage: „BerlinOnline hat<br />

keinen Zugriff auf die Bürgerdaten.“<br />

Die Daten lägen ganz in der Hoheit<br />

des ITDZ.<br />

Zurzeit wirdinder Senatskanzlei<br />

darüber nachgedacht, wie es nach<br />

dem Vertragsende mit BerlinOnline<br />

weitergehen wird. „Derzeit wird an<br />

einem Folgekonzept gearbeitet“,<br />

hieß es am Dienstag. Immer wieder<br />

aber hatten in der Vergangenheit<br />

Abgeordnete darauf gedrängt, das<br />

Onlineangebot ganz zurück in die<br />

Hände des Landes zu holen und die<br />

Partnerschaft mit Privaten in dem<br />

sensiblen Bereich zu beenden.<br />

(BLZ)<br />

Warum der Flug EJU5841von Berlin<br />

nach Wien in dieGeschichte eingehen wird.<br />

Der Flug EJU5841 am 19. November war für uns ein ganz besonderer.<br />

Denn seitdem gleichen wir die durch Treibstoffverbrennung verursachten<br />

CO2-Emissionen allerinternationalen wie nationalen easyJet-Flüge aus.<br />

Flugreisen bleiben ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens und vieler<br />

besonderer Momente: Sie bringen uns in andere Länder, zu Verwandten<br />

und Freunden sowiezuGeschäftspartnern und ermöglichen es uns, andere<br />

Kulturen zu erleben. Doch Fliegen hat nachweislichAuswirkungen auf<br />

unseren Planeten. Das müssen wirkompensieren. Deshalb gleichen wir<br />

alle durch unsere Flüge verursachten CO2-Emissionen ausund investieren<br />

in Klimaschutzprojekte, in denen beispielsweiseBäume gepflanzt werden<br />

und Abholzung verhindert wird.<br />

Wir wissen, dass Emissionsausgleichnicht perfekt ist, glauben aber, dass<br />

er derzeit die beste Option darstellt. Langfristig mussdie Luftfahrtbranche<br />

ganz neue Wege finden. Wir tragen mit unserer Beteiligung an der<br />

Entwicklung von Elektro- und Hybridflugzeugen maßgeblich dazu bei –<br />

zum Beispiel durch unsere neue Partnerschaft mit Airbus.<br />

Wir richten weiterhin alles konsequent auf die Minimierung unserer<br />

Umweltauswirkungen aus. So lassen unsere Piloten bereits jetzt auf<br />

den Rollwegen nur ein Triebwerk laufen und wir erneuern unsere Flotte<br />

ausschließlich mit treibstoffsparenden Maschinen.<br />

Das Fliegen besser und erschwinglicher zu machen war schon immer<br />

Teil unserer Philosophie. Dass wir nun weltweit die erste große<br />

Fluggesellschaft sind, diealle CO2-Emissionen ihres Treibstoffverbrauchs<br />

ausgleicht, ist einweitererSchritt auf unserer Reise.<br />

Mehr Infos: easyJet.com/nachhaltigkeit

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