4* <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 270 · M ittwoch, 2 0. November 2019 ························································································································································································································································································· Politik NACHRICHTEN Karlsruhe soll über Recht auf Selbsttötung entscheiden Dasgenerelle Verbot des Erwerbs vonBetäubungsmitteln zur Selbsttötung ist nach Überzeugung des Verwaltungsgerichts Köln nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.Die Richter setzten daher am Dienstag sechs Klageverfahren vonschwer Erkrankten aus und legten die Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes dem Bundesverfassungsgericht vor. (Az.: 7K8461/18 u. a.) Die Kläger fordernvom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die Erlaubnis zum Erwerb einer tödlichen Dosis Natriumpentobarbital zur Selbsttötung. (AFP) Franco A. muss wegen Terrorverdachts vor Gericht DerBundeswehrsoldat Franco A. muss nun doch wegen Terrorverdachts vorGericht. Wieeine Sprecherin des Oberlandesgerichts FrankfurtamDienstag mitteilte, wurde die Anklage wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat durch den Bundesgerichtshof zugelassen. (dpa) CDU will Kopftuchverbot an Grundschulen und Kitas DieCDU-Spitzehat sich gegen das Tragen vonKopftüchernbei Mädchen an Grundschulen und Kitas ausgesprochen. Mansetzeauf die Überzeugung der Eltern, schließe aber „als letztmögliche Maßnahme auch ein Verbot nicht aus“, heißt es in der Beschlussempfehlung der Antragskommission für den Parteitag am Freitag in Leipzig. (dpa) Nato erklärtden Weltraum zum Operationsgebiet DieNato wappnet sich für Kriege im Weltraum. Nach dpa-Informationen haben die 29 Bündnisstaaten am Dienstag beschlossen, das All zu einem eigenständigen Operationsgebiet zu erklären. DieEntscheidung soll an diesem Mittwoch bei einem Außenministertreffen offiziell bekannt gegeben werden. (dpa) Paragraf 219a: Ärztin Hänel muss erneut vor Gericht Kristina Hänel wurde zu einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt. DPA Diewegen unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche angeklagte Ärztin Kristina Hänel steht in einer erneuten Berufungsverhandlung am 12. Dezember vorGericht, teilte das Landgericht Gießen mit. DasOberlandesgericht Frankfurt hatte die 2018 bestätigte Verurteilung der Gießenerin aufgehoben. Hintergrund war eine im März2019 geänderte Rechtslage. (dpa) Taliban lassen zwei westliche Geiseln frei Als Teil eines Gefangenenaustausches mit der afghanischen Regierung haben die Taliban am Dienstag die vordreiJahren entführten Professoren Kevin King aus den USA und Timothy Weeks aus Australien freigelassen, teilte die Polizei mit. Als Gegenleistung sollen drei Taliban freigelassen werden. (AFP) Trumps Geschenk Für die US-Regierung verstoßen israelische Siedlungen in den besetzten Gebieten nicht mehr gegen Völkerrecht VonAnja Reich, TelAviv Kurz bevor Benjamin Netanjahu eine weitere politische Niederlage droht, bekam der Premierminister ein unerwartetes Geschenk aus den USA: US-Außenminister Mike Pompeo verkündete am Montagabend in Washington, die Trump- Regierung sei zu der Erkenntnis gekommen, dass israelische Siedlungen im Westjordanland nicht gegen das Völkerrecht verstoßen. Israelische Siedlungen sind Städte und Dörfer, die sich in den palästinensischen Gebieten befinden, die 1967 im Sechstagekrieg von Israel erobert wurden. Die erste Siedlung wurde am Abend des jüdischen Neujahrsfestes im Oktober 1967 in Gusch Etzion errichtet. Eine weitere entstand ein Jahr später zum Pessachfest in Hebron. Heute, 52 Jahre später, siedeln rund 650 000, oft nationalreligiöse Israelis, im Jordantal, in Hebron, rund um Jerusalem oder Nablus. Für sie handelt es sich nicht um illegal besetzte Gebiete,sondernumdas heilige Land „Judäa und Samaria“, das Gott den Juden in der Tora versprochen hat. Hindernis für Zwei-Staaten-Lösung Premier Netanjahu (r.) besuchte am Dienstag Gusch Etzion im Westjordanland. „Bürger Israels! Dies ist ein historischer Tag und ein großer Erfolg unserer Politik. Nachdem Präsident Trump Jerusalem als Hauptstadt Israels und unseren Anspruch auf die Golanhöhen anerkannt hat, räumt die US-Regierung nun mit der Lüge auf, die Siedlungen seien illegal.“ Benjamin Netanjahu, israelischer Ministerpräsident, begrüßt in einer Ansprache an das Volk den Kurswechsel der US-Regierung. Chancen und Risiken AP Neue Siedlungen werden durch Schnellstraßen mit israelischen Städten verbunden. Für den Bau werden palästinensische Bewohner enteignet, Straßenblockaden hindern sie daran, diese Straßen zu benutzen. Zuletzt wurden im Oktober dieses Jahres erneut 2300 neue Wohnungen von der israelischen Planungsbehörde genehmigt, seit Jahresbeginn waren es bereits mehr als 8000. Nach internationalem Recht gelten Siedlungen als illegal, als Hindernis für eine Zwei-Staaten-Lösung und für Frieden im Nahen Osten. Das sah auch die US-Regierung bisher so.Vor drei Jahren hatte Ex-Präsident Barack Obama im UN-Sicherheitsrat der Resolution 2334 zugestimmt, die den Siedlungsbau als rechtswidrig bezeichnete. Vor einer Woche hatte der Europäische Gerichtshof in Luxemburg entschieden, dass exportierte Lebensmittel aus israelischen Siedlungen nicht mit„Made in Israel“, sondernbesonders gekennzeichnet werden müssen. Die israelische Regierung hatte die EU-Entscheidung als „diskriminierend“ bezeichnet. Trumps Siedlungs-Beschluss ist eine drastische Abkehr von jahrzehntelanger amerikanischer Nahost-Politik und freundliche Amtshilfe für den israelischen Premierminister, dem ein Gerichtsverfahren wegen Korruption bevorsteht und der die letzte Wahl knapp verloren hat. Bereits eine Stunde, nachdem die Nachricht bekannt geworden war, hielt Benjamin Netanjahu eine Ansprache ans Volk: „Bürger Israels! Dies ist ein historischer Tagund ein großer Erfolg unserer Politik. Nachdem Präsident Trump Jerusalem als Hauptstadt Israels und unseren Anspruch auf die Golanhöhen anerkannt hat, räumt die US-Regierung nun mit der Lüge auf, die Siedlungen seien illegal.“ Es war – wieder einmal – eine Wahlkampfrede. Nach zwei Neuwahlen innerhalb von sechs Monaten läuft am heutigen Mittwoch das Mandat von Oppositionsführer Benny Gantz zur Regierungsbildung ab. Schafft es der Blau-Weiß-Führer nicht, eine Koalition zu bilden, kommt es zum dritten Mal zuNeuwahlen. Gantz’Zustimmung Wie sehr Israels Siedlungspolitik inzwischen in fast allen Schichten der Gesellschaft akzeptiert wird, zeigt Gantz’ Reaktion auf Trumps Entscheidung. Der Mann, der als Hoffnung für einen Politikwechsel steht, reagierte fast genauso begeistertwie Netanjahu.„Ich gratuliereder amerikanischen Regierung zu ihrer Ankündigung. Siebeweist einmal mehr ihre unverbrüchliche Haltung zu Israel und ihr Engagement für die Sicherheit im Nahen Ostens.“ Aymen Odeh, Chef der Gemeinsamen Arabischen Liste, kritisierte die USA. „Kein Außenminister wird die Tatsache ändern, dass die Siedlungen auf besetztem Land gebaut wurden, auf dem neben dem Staat Israel ein palästinensischer Staat errichtet werden soll.“ Saeb Erekat, Generalsekretär der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), sagte: „Israelische Siedlungen stehlen palästinensisches Land, beschlagnahmen palästinensische natürliche Ressourcen und beuten sie aus.“ Jordaniens Außenminister Ayman Safadi warnte vor„gefährlichen Konsequenzen“. Premierminister Netanjahu brach noch am Dienstagmorgen nach Gusch Etzion auf, einem der größten Siedlungsblöcke im Westjordanland, traf sich mit Stadträten und ließ sich auf einem Balkon fotografieren, mit weitem Blick auf das Land, das er als seines betrachtet. Kanzlerin Merkel mahnt afrikanische Länder zu mehr Rechtsstaatlichkeit und ermutigt deutsche Firmen zu Investitionen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat afrikanische Länder zur Fortsetzung ihres Kurses für mehr Rechtsstaatlichkeit und ein transparenteres Finanz- und Steuersystem ermuntert. Mehr Transparenz werde auch mehr deutsche Investitionen bringen, sagte Merkel am Dienstag bei einer Investorenkonferenz im Rahmen der G20-Initiative „Compact with Africa“ in Berlin. DieInitiative wird wesentlich von Deutschland vorangetrieben, aber auch von derWeltbank und dem Internationalen Währungsfonds getragen. Afrika mit seinen mehr als 50 Staaten komme bei der Lösung globaler Fragen eine wichtige Rolle zu, sagte Merkel. Afrika und Europa stünden dabei vor vielen gemeinsamen Herausforderungen, etwa beim Klimaschutz, der Digitalisierung oder der Migration. Afrikanische Länder hätten sich etwa mit dem wegweisenden Beschluss für eine afrikanische Freihandelszone eine sehr anspruchsvolle Agenda gegeben, sagte Merkel. Es müsse nun der Übergang geschaffen werden zu einem sich selbst tragenden Wirtschaftsaufschwung in Afrika. Es sei einiges in Bewegung gekommen aber es seien auch noch viele Probleme zu lösen. Merkel nannte etwa die Sicherheitsfragen durch die terroristischen Herausforderungen in der Sahelzone sowie das Bevölkerungswachstum. Partnerschaft auf Augenhöhe Zu der Konferenz sind zahlreiche afrikanische Staats- und Regierungschefs nach Berlin gekommen. Die Initiative „Compact with Africa“, an der zwölf afrikanische Länder teilnehmen, wurde 2017 unter der deutschen G20-Präsidentschaft ins Leben gerufen. Ziele sind bessere Bedingungen für Handel und Investitionen sowie eine „Partnerschaft auf Augenhöhe“. Ein beim vergangenen Gipfel angekündigter Entwicklungsinvestitionsfonds mit bis zu einer Milliarde Euro wurde eingerichtet. Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi warb für mehr Investitionen in seinem Land. Der afrikanische Markthabe ein großes Potenzial. Deutschland sei für Ägypten ein ver- trauensvoller strategischer Partner. DasAuswärtige Amt hatte am Montag zur Verbesserung der Menschenrechtslage in Ägypten aufgerufen. Nach Angaben aus dem Wirtschaftsministerium haben sich die deutschen Direktinvestitionen in Afrika seit 2015 mehr als verdoppelt, auf 1,94 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Nach Angaben des Entwicklungsministeriums liegen etwa die Hälfte der 20 am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften in Afrika. Die Bevölkerung dort werde sich bis 2050 auf 20 Prozent derWeltbevölkerung verdoppeln. Die deutsche Wirtschaft sieht allerdings noch große Probleme für mehr Investitionen in Afrika. „Vielfach verhindern hohe Bürokratiehürden, Korruption oder Sicherheitsfragen, dass deutsche Unternehmen den ersten Schritt nach Afrika überhaupt wagen“, hatte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben gesagt. Das Entwicklungsministerium hat bereits mit drei der „Compact with Africa“-Länder sogenannte Re- formpartnerschaften geschlossen – Tunesien, Ghana und die Republik Elfenbeinküste. Müller will zudem mit Senegal und Äthiopien neue Reformpartnerschaften unterzeichnen. MitMarokko stehe die Einigung kurzbevor.„Wirsetzen auf Eigenverantwortung, Privatinvestitionen, Berufsbildung und Beschäftigung, damit Afrikas Jugend eine Zukunft in Afrika hat“, sagte Müller.„Voraussetzung ist, dass die Länder die Rahmenbedingungen verbessern: gute Regierungsführung, Aufbau von Steuerverwaltung und Rechnungshöfen, Rechtssicherheit, Korruptionsbekämpfung und Demokratie.“ Kritische Töne kamen von der Entwicklungsorganisation One. Deutschland-Direktor Stephan Exo- Kreischer sagte,zueiner guten Regierungsführung in Afrika gehörten auch Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechtsfragen. „Deutschland darf nicht den Fehler machen, die Compact-Länder hier aus der Pflicht zu nehmen.“ Es müssten zudem auch Bildung, Gesundheit und soziale Sicherung gefördertwerden. (dpa) Hongkonger Universität bleibt besetzt Demokratie-Aktivisten trotzen der Polizei Trotz einer drohenden Erstürmung der vonPolizisten belagerten Hochschule in Hongkong haben sich etwa hundertAktivisten der Demokratiebewegung auch am Dienstag weiter dort verschanzt gehalten. Regierungschefin Carrie Lam appellierte vergeblich an sie, sich zu ergeben. DiePolizei nahm innerhalb von 24 Stunden knapp 1000 Menschen fest, darunter auch zahlreiche Demonstranten, die aus der vonSicherheitskräften eingekesselten Universität geflüchtet waren. In ihrer ersten öffentlichen Erklärung zur Besetzung der Polytechnischen Universität sagte Regierungschefin Lam, die Demonstranten müssten „die Gewalt stoppen, die Waffen abgeben und friedlich herauskommen und die Anweisungen der Polizei entgegennehmen“. Unter 18-Jährige würden nicht festgenommen, ältere Demonstranten müssten sich aber dem Vorwurfder Unruhestiftung stellen. Lam bekräftigte, es gebe derzeit keine Notwendigkeit, dass chinesische Truppen in den Konflikt in der Sonderverwaltungszone eingriffen. In den vergangenen Tagen waren erstmals Soldaten der chinesischen Volksbefreiungsarmee in Hongkongs Straßen aufmarschiert, um nach den Protesten am Wochenende beim Freiräumen der Straßen zu helfen. Demonstranten hatten sich am Sonntag in der Universität auf der Halbinsel Kowloon verschanzt. Mit Pfeil und Bogen, Molotowcocktails und Steinschleudernversuchten sie, Polizisten abzuwehren. Die Sicherheitskräfte drohten im Gegenzug mit Demonstranten setzen in Hongkong Molotowcocktails gegen die Polizei ein. DPA dem Einsatz scharfer Munition. Rund um die Universität spielten sich am Montagabend dramatische Szenen ab. Einige Demonstranten entkamen der Polizei, indem sie sich von einer Fußgängerbrücke auf eine Straße abseilten, wo sie von Motorradfahrernabgeholt wurden. Andere suchten über die Kanalisation nach einem Ausweg vorbei an der Polizei. Zehntausend Menschen strömten zur Polytechnischen Universität, um die Sicherheitskräfte in Schach zu halten. Aufnahmen zeigten, wie Polizisten auf am Boden liegende Demonstranten einschlugen. Verwandte einiger der immer noch in der Hochschule verschanzten Demonstranten versammelten sich zu einer Mahnwache vor der Universität. Eine Frau, die ihren Namen als Cheung angab, sagte, sie habe die Nacht in einem Park in der Nähe einer Polizeiabsperrung verbracht. Sie warte auf eine Nachricht ihres erwachsenen Sohnes, der als Ersthelfer auf den Campus gekommen sei. „Er hat Angst. Er hat Angst davor, von der Polizei festgenommen zu werden“, sagte Cheung. Die Volksrepublik China bekräftigte derweil ihren Anspruch auf die alleinige Entscheidungsgewalt über Hongkongs Verfassung. Der chinesischeVolkskongress sei die einzige Institution, die Entscheidungen über die Verfassung der Sonderverwaltungszone treffen könne, sagte Parlamentssprecher Zang Tiewei laut staatlichen chinesischen Medien am Dienstag. (AFP)
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