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Berliner Zeitung 20.11.2019

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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 270 · M ittwoch, 20. November 2019 – S eite 9 **<br />

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Berlin<br />

Ihre Meinung ist<br />

uns wichtig:<br />

Leserbriefe auf<br />

Seite 15<br />

Goldig, funkelnd, grün: Weihnachtsmärkte sollen umweltfreundlicher werden Seite 14<br />

Rot, schwarz, grün: Brandenburgs neue Regierungformiert sich Seite 16<br />

Stadtbild<br />

Mit Tempo auf<br />

die Nebenspur<br />

Torsten Landsberg<br />

wundertsich über<br />

Tempolimits.<br />

Indiesen Tagen musste ich öfter an<br />

den schrecklichen Unfall denken,<br />

der sich Anfang September in der Invalidenstraße<br />

ereignete. SUV müssten<br />

abgeschafft werden, hieß es damals,<br />

diese rollenden Panzer seien<br />

potenzielle Mordwerkzeuge. In der<br />

Innenstadt sollte die Geschwindigkeit<br />

auf Tempo 30 limitiert werden,<br />

wurde gefordert. Schnelle Rufe nach<br />

Konsequenzen sind eine logische Reaktion,<br />

um nach einem Unfall mit vier<br />

Todesopfernnicht untätig zu bleiben.<br />

Der Alltag verdeutlicht derweil, dass<br />

es auch andereGefahrenstellen gibt.<br />

Auf der Danziger Straße in Richtung<br />

Friedrichshain sind die Fahrstreifen<br />

vor einigen Monaten geändert<br />

worden, die dritte Spur rechts<br />

endet nun kurzhinter der Landsberger<br />

Allee zugunsten eines breiteren<br />

Radwegs. Seitdem spielen sich<br />

wahre Rennszenen ab, wenn Autofahrer<br />

mit durchgedrücktem Gaspedal<br />

von der Ampel starten, um bis<br />

zum beginnenden Radweg noch vor<br />

dem Auto auf der Nebenspur einscheren<br />

zu können. Mitten in diesem<br />

Chaos hält momentan auch<br />

noch ein Busdes Schienenersatzverkehrs,<br />

was vor ein paar Tagen dazu<br />

führte, dass eine Frau, die hinter<br />

dem Bushervorlugte,nur haarscharf<br />

nicht voneinem Raser erfasst wurde.<br />

Auch auf Mittelstreifen von<br />

Hauptstraßen kann es einem mulmig<br />

werden, wenn die Kolonnen direkt<br />

auf die dortwartenden Fußgänger<br />

zusteuern, ehe der Spurverlauf<br />

eine leichte Krümmung nimmt und<br />

vonihnen wegführt. Wieviel fehlt in<br />

solchen Momenten zur Katastrophe?<br />

Und wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass Autofahrer, die<br />

schon 50 nicht einhalten, plötzlich<br />

einen deutlich langsameren Höchstwert<br />

akzeptieren? In Nebenstraßen,<br />

die als Abkürzung genutzt werden,<br />

lassen sich jedenfalls nur wenige auf<br />

Tempo 30 ein.<br />

Wersich das durch den Kopf gehen<br />

lässt, kann sich nur wundern,<br />

dass es in unserem Straßenverkehr<br />

nicht viel mehr Tote gibt –egal, ob<br />

durch einen schweren SUV verursacht<br />

oder einen rostigen, alten<br />

Kleinwagen, gewerbliche Transporter<br />

oder neue Elektroautos.<br />

Die Zahl der in Berlin zugelassenen<br />

Autos hat übrigens zuletzt von<br />

2008 auf 2009 abgenommen, seitdem<br />

ist sie kontinuierlich gestiegen,<br />

2018 knackte sie zum ersten Mal die<br />

Marke von 1,2 Millionen Fahrzeugen.<br />

Eine Masse, deren Nutzung<br />

wohl auch nicht besser kontrolliert<br />

werden könnte, wenn sie langsamer<br />

durch die Stadt rollte.<br />

Nichtsdestotrotz gilt an der Invalidenstraße<br />

inzwischen Tempo 30.<br />

Blick in die Zukunft: Geschäfte und Restaurants sollen rund um den Stadtplatz des neuen Wohnviertels entstehen.<br />

Hausbau statt Häuserkampf<br />

Auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz der US-Armee in Lichterfelde Süd entstehen 2500 Wohnungen<br />

VonUlrich Paul<br />

Während sich manche<br />

Wohnungsunternehmen<br />

in diesen Tagen<br />

mit Hinweis auf den<br />

geplanten Mietendeckel von ihren<br />

Neubauplänen in Berlin verabschieden,<br />

soll eines der größten Projekte<br />

dessen ungeachtet verwirklicht werden:<br />

der Bau von rund 2500 Wohnungen<br />

auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz<br />

der US-Armee in<br />

Lichterfelde Süd durch die Groth<br />

Gruppe. „Der Mietendeckel berührt<br />

uns hier überhaupt nicht“, sagte Unternehmenschef<br />

Klaus Groth am<br />

Dienstag bei der Vorstellung der<br />

Pläne.Hintergrund: Neubauten sind<br />

vomMietendeckel ausgenommen.<br />

Dort, wo zu Mauerzeiten die US-<br />

Armee in einer Geisterstadt den Häuserkampf<br />

trainierte,soll zwischen Osdorfer<br />

Straße und Anhalter Bahn ein<br />

Stadtviertel mit 420 Reihenhäusern,<br />

rund 1540 Miet- und Eigentumswohnungen<br />

sowie 540 Sozialwohnungen<br />

entstehen. Sein Name: Neulichterfelde.<br />

Anfang 2021 sollen die Bauarbeiten<br />

beginnen und bis 2025/26 abgeschlossen<br />

werden. Das Investitionsvolumen<br />

beläuft sich auf rund<br />

900 Millionen Euro.<br />

Groth sagte, derzeit kalkuliere<br />

sein Unternehmen für die frei finanzierten<br />

Wohnungen mit Mietpreisen<br />

von etwa 10 bis 12 Euro je Quadratmeter.Die<br />

Kaufpreise für die Reihenhäuser<br />

würden in Anbetracht der<br />

starken Nachfrage sicher eine halbe<br />

Million Euro überschreiten. Die Sozialwohnungen,<br />

die derzeit im<br />

Schnitt für 6,50 Euro je Quadratmeter<br />

vermietet werden, sollen von der<br />

landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft<br />

Degewo errichtet werden.<br />

Zwar müssen private Bauherrn<br />

aktuell bei Projekten, für die ein Bebauungsplan<br />

erstellt werden muss,<br />

wie in Lichterfelde-Süd, einen Anteil<br />

von 30Prozent der Wohnfläche für<br />

Sozialwohnungen ausweisen. In<br />

Neulichterfelde liegt der Anteil, bezogen<br />

auf die Mehrfamilienhäuser,<br />

die als Maßstab gelten, aber nur bei<br />

25 Prozent der Wohnungen. Der<br />

Grund: Das Projekt wird noch nach<br />

den alten Bedingungen des sogenannten<br />

kooperativen Baulandmodells<br />

errichtet. Diese sahen einen geringeren<br />

Anteil mietpreisgebundener<br />

Wohnungen vor.<br />

DasQuartier Neulichterfelde,das<br />

mit 97 Hektar Fläche größer sein soll<br />

als 100 Fußballplätze, entsteht am<br />

südlichen Stadtrand Berlins. Herzstück<br />

des Quartiers soll ein Stadtplatz<br />

in der Nähe des S-Bahnhofs<br />

Lichterfelde Süd werden. Dort sind<br />

neben Wohnungen und Büros ein<br />

Supermarkt und Geschäfte des täglichen<br />

Bedarfs geplant. Auf rund 36<br />

Hektar sollen neben Spielplätzen<br />

und Grünflächen überwiegend fünfbis<br />

sechsgeschossige Wohnhäuser<br />

entstehen. Der weitaus größte Teil<br />

der Fläche entfällt mit etwa 61<br />

Blick zurück: Die US-Armee trainierte auf dem Areal die Verteidigung West-Berlins. U. PAUL<br />

Hektar auf die vorhandene Weidelandschaft,<br />

die erhalten bleibt. Wenn<br />

es nach den Anwohnern gegangen<br />

wäre, hätten allerdings deutlich weniger<br />

Flächen bebaut werden dürfen.<br />

Ein Aktionsbündnis hatte sich<br />

dafür ausgesprochen, nur 16 Hektar<br />

zu bebauen. Der Bund für Umwelt<br />

und Naturschutz Deutschland<br />

(BUND), der sich künftig um die<br />

Weidelandschaft kümmern soll, äußertsich<br />

trotzdem äußerst wohlwollend.<br />

Obwohl jede Bebauung einen<br />

GROTH GRUPPE<br />

Eingriff in die Natur darstelle,könne<br />

der BUND mit der hier gefundenen<br />

Lösung zum Erhalt großer Flächen<br />

für die Natur „gut leben“, so Vorstandsmitglied<br />

Andreas Faensen-<br />

Thiebes. Es werde auf dem Areal<br />

auch in Zukunft einen Artenreichtum<br />

zum Beispiel an Schmetterlingen,<br />

Wildbienen und seltenen Pflanzengeben,<br />

wie er in Berlin„kaum ein<br />

zweites Mal“ vorkomme.<br />

Überhaupt soll das neue Stadtviertel<br />

ganz innovativ und ökologisch<br />

werden. Mitder Toyota Kreditbank<br />

präsentierte die Groth Gruppe<br />

dabei am Dienstag das Geldinstitut<br />

eines der größten Automobilherstellers<br />

als Partner für ein „innovatives<br />

Mobilitätskonzept“. Seine Aufgabe<br />

ist es, den konventionellen Autoverkehr<br />

in Neulichterfelde zu reduzieren<br />

und die Bewohner zum Umsteigenauf<br />

denöffentlichen Nahverkehr<br />

sowie auf Elektroautos und wasserstoffbetriebene<br />

Fahrzeuge zubewegen.<br />

Strom und Wärme sollen vom<br />

Öko-Energieversorger Naturstrom<br />

geliefertwerden.<br />

Auch die Geschichte des Ortes<br />

spielt eine Rolle. Zwei Baracken, in<br />

denen im Zweiten Weltkrieg überwiegend<br />

französische Kriegsgefangene<br />

untergebracht waren, bleiben<br />

erhalten. Eine Baracke soll als Ausstellungsfläche<br />

hergerichtet, die<br />

zweite in Abstimmung mit der Denkmalbehörde<br />

als Jugendfreizeiteinrichtung<br />

genutzt werden.<br />

Ulrich Paul<br />

ist gespannt auf das Wohnquartier<br />

der Zukunft.<br />

NACHRICHTEN<br />

Jugendlicher beleidigt<br />

Mann antisemitisch<br />

Beieinem Angriff auf offener Straße<br />

ist ein 76-jähriger Mann in Pankow<br />

mit antisemitischen Sprüchen beleidigt<br />

und danach geschlagen worden.<br />

Dabei soll nach Angaben der Polizei<br />

vomDienstag ein 16-jähriger Junge<br />

am Montagmorgen in der <strong>Berliner</strong><br />

Straße aus einer Gruppe heraus den<br />

Mann, der nach Polizeiangaben kein<br />

Jude war,zunächst angepöbelt haben.<br />

Beide sollen dabei in einen<br />

Streit geraten sein, wobei der Jugendliche<br />

dem Mann mehrmals mit<br />

der Faustins Gesichtgeschlagen haben<br />

soll. Durchdie Wuchtder<br />

Schläge verlor der 76-Jährige das<br />

Gleichgewicht und stürzte zu Boden.<br />

Alarmierte Polizisten stellten den<br />

mutmaßlichen Schläger und übergaben<br />

ihn nach Feststellung der Personalien<br />

seinem Vater.Der Polizeiliche<br />

Staatsschutz hat die Ermittlungen<br />

übernommen. (dpa)<br />

Vattenfall warntvor<br />

betrügerischer Inkassofirma<br />

DerEnergieversorger Vattenfall hat<br />

vorfalschen Zahlungsaufforderungen<br />

gewarnt. Er forderte betroffene<br />

Kunden auf, auf keinen Fall die Forderung<br />

des Inkassobüros „Aleksander<br />

&CoKG“ zu bezahlen. In dem<br />

mit Rechtschreibfehlernbehafteten<br />

Schreiben wirdbehauptet, dass angeblich<br />

die Stromrechnung nicht beglichen<br />

wurde und Kunden die offene<br />

Summe zahlen sollen. DasUnternehmen<br />

handele nicht im Auftrag<br />

vonVattenfall, teilte der Versorger<br />

am Dienstag mit. Bundesweit haben<br />

weitereEnergieversorger und Verbraucherzentralen<br />

vorden Machenschaften<br />

gewarnt. (dpa)<br />

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Tag der offenen Tür<br />

Gymnasium Panketal<br />

Spreestr.2,16341 Panketal,S2Ri. Bernau<br />

T. 030-94418124, gymnasium-panketal.de<br />

Freitag<br />

22.11.<br />

15-19Uhr<br />

Mieterhöhungen sollen<br />

rückgängig gemacht werden<br />

DieMieterhöhungen in Wohnungen<br />

der AdoProperties,die vonder landeseigenen<br />

Gewobag erworben<br />

wurden, sollen nach Angaben von<br />

Stadtentwicklungssenatorin Katrin<br />

Lompscher (Linke) mit Inkrafttreten<br />

des Mietendeckels rückgängig gemacht<br />

werden –selbst wenn die Mieter<br />

der Erhöhung zugestimmt haben.<br />

Daserklärte Lompscher jetzt in<br />

der Antwortauf ein Schreiben des<br />

SPD-Bundestagsabgeordneten<br />

Swen Schulz. DieAdo hatte noch vor<br />

dem Verkauf vonfast 6000 Wohnungen<br />

an die Gewobag für 920 Millionen<br />

Euro die Mieten erhöht. Mitdem<br />

Mietendeckel sollen die Mieten auf<br />

den Stand vom18. Juni dieses Jahres<br />

eingefroren werden. (ulp.)<br />

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