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#365-375 2010

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April KONTAKT <strong>2010</strong><br />

Zum Thema:<br />

Kindesmissbrauch durch Kleriker<br />

Ein (sexueller) Missbrauch verletzt einen<br />

jungen Menschen zutiefst an Leib und Seele.<br />

Über das schlimme Geschehen hinaus beschädigt<br />

der Täter auch den Ruf der anderen Priester<br />

und erschwert so vielen Menschen den Weg zu<br />

Gott. DARUM IST EINE SOLCHE TAT GANZ<br />

STRIKT ZU VERURTEILEN, und es muss vor<br />

allem den Geschädigten geholfen werden, ihr<br />

Trauma zu überwinden und heil zu werden.<br />

Um aber nicht nur diesen — wenn auch wichtigsten<br />

- Aspekt der ganzen Problematik herauszuheben,<br />

sollte man auch Folgendes in die Bewertung<br />

mit einbeziehen. (Ein paar Fakten aus<br />

Deutschland. Aber in Österreich ist die Situation<br />

ähnlich):<br />

Die deutsche Polizeikriminalstatistik des<br />

Jahres 2008 spricht von etwa 12.000 erfassten<br />

Fällen sexuellen Kindesmissbrauchs. Der Großteil<br />

dieser schrecklichen Übergriffe geschieht im<br />

familiären Umfeld; zum priesterlichen Stand<br />

gehört nur ein winziger Bruchteil der Täter.<br />

1970 sagte der angesehene Sexualwissenschaftler<br />

E. Schorsch im Deutschen Bundestag<br />

wörtlich: „Ein gesundes Kind in einer intakten<br />

Umgebung verarbeitet nichtgewalttätige sexuelle<br />

Erlebnisse ohne negative Dauerfolgen." Aber<br />

keiner widersprach ihm!<br />

Von einer bestimmten Partei gab es 1985 einen<br />

Antrag auf Entkriminalisierung von Sex mit<br />

Kindern.<br />

Noch 1989 erschien im renommierten Deutschen<br />

Ärzteverlag ein Buch, das offen für die<br />

Erlaubnis von Sex mit Kindern warb.<br />

Solche Fakten bleiben nicht ohne Auswirkung<br />

auf das Denken und Handeln der Gesellschaft.<br />

—<br />

Was ist nun zu tun? Man muss mit noch<br />

mehr Eifer das Unrecht, das in der Kirche geschieht,<br />

ausmerzen. Aber man darf nicht den<br />

Klerikerstand als ganzen verurteilen, wie das in<br />

den Medien so oft geschehen ist. Und es muss<br />

breiteren Schichten der Gesellschaft geholfen<br />

werden, damit es nicht zu so schrecklichen Auswüchsen<br />

kommt - auch in manchen Familien.<br />

(Wem vertrauen die Kinder mehr als den Eltern<br />

und anderen nahen Verwandten?!)<br />

Wir in der Kirche müssen noch näher an<br />

Gott heranrücken, damit er uns helfen kann, das<br />

Böse durch Gutes zu überwinden. Die Kirche<br />

gibt ja eigentlich nicht vor, eine Anstalt von Makellosen<br />

zu sein, sondern von solchen, die sich<br />

bewusst sind, dass sie - wie alle anderen — Sünder<br />

sind und Verzeihung und Hilfe von Gott<br />

erbitten müssen - jetzt noch inständiger.<br />

HIRTENWORT<br />

Mag. Daniel Kulovits<br />

Brüder und Schwestern im Herrn,<br />

liebe Mitbrüder!<br />

Unsere katholische Kirche ist in mehreren Ländern<br />

und nun auch in Österreich mit der Verletzung<br />

von Kindern und Jugendlichen durch sexuellen<br />

Missbrauch seitens kirchlicher Verantwortlicher<br />

und besonders Priester konfrontiert. Auch<br />

unsere Diözese ist von diesen Problemen betroffen.<br />

In dieser Situation dürfen wir nicht wegschauen,<br />

sondern müssen uns alten und neuen<br />

Problemen ehrlich stellen. Unsere Sorge muss<br />

dabei vor allem den Opfern und der Verhinderung<br />

von weiterem Missbrauch gelten. Nur dann<br />

stehen wir wirklich in der Nachfolge Christi. Im<br />

Umgang mit Anschuldigungen haben wir als<br />

Kirche auch Fehler gemacht, es ist aber in Österreich<br />

daraus schon Wichtiges gelernt worden.<br />

Pauschalverdächtigungen und falschen Anschuldigungen<br />

gegenüber Priestern werden wir kompetent<br />

entgegentreten müssen. Viel Vertrauen in<br />

die Kirche ist geschwächt oder zerstört worden.<br />

Dies verdeckt die Tatsache, dass unsere Kirche<br />

einen großen Teil der Gesellschaft in hohem<br />

Maße trägt und beseelt und dass unzählige katholische<br />

Frauen, Männer und Jugendliche und<br />

besonders auch viele Priester und Ordensleute<br />

treue und glaubwürdige Zeugen Jesu Christi und<br />

seines Evangeliums sind.<br />

Die jetzige Krise enthält auch eine Chance zur<br />

Erneuerung der Kirche. Bauen wir miteinander<br />

an einem Klima des Vertrauens und der Wahrhaftigkeit.<br />

Im Gebet mit allen verbunden grüßt herzlich<br />

Bischof von Eisenstadt<br />

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