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Berliner Zeitung 16.01.2020

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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 13 · D onnerstag, 16. Januar 2020 3<br />

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Film/Kinoprogramm<br />

Lance Corporal Schofield (George MacKay) im Schützengraben an der Westfront …<br />

Grabenkrieg und live dabei<br />

Ästhetisch überwältigend: In seinem Kriegsdrama „1917“ schickt Sam Mendes zwei junge britische Soldaten auf eine Mission durch die feindlichen Linien<br />

VonKarsten Munt<br />

Lance Corporal Schofield<br />

(George MacKay) und<br />

Lance Corporal Blake<br />

(Dean-Charles Chapman)<br />

stehen kurz davor, die Stufen zu erklimmen,<br />

die den Schützengraben<br />

vom tödlichen Niemandsland trennen.<br />

Ein vom Krieg gezeichneter<br />

Leutnant segnet sie noch mit dem<br />

Weihwasser seines Flachmanns,<br />

dann breitet sich vor ihnen das mit<br />

Stacheldraht, Granattrichtern, Pferdekadavern<br />

und menschlichen<br />

Überresten übersäte Schlachtfeld<br />

der Westfront aus.<br />

Es ist das Antlitz eines Kriegs, der<br />

mit europaweiter Begeisterung begann<br />

und sich schnell als ein vonnationalistischem<br />

Wahnsinn angetriebenes<br />

und von moderner Kriegstechnologie<br />

ausgeführtes Gemetzel<br />

manifestierte. Umein weiteres von<br />

vielen Blutbädernabzuwenden, brechen<br />

Schofield und Blake mit dem<br />

Befehl eines britischen Generals in<br />

der Tasche auf. Ihre Mission soll einen<br />

Offensive verhindern, die in einen<br />

Hinterhalt der deutschen Armee<br />

zu geraten droht.<br />

Der Regisseur Sam Mendes<br />

(„American Beauty“, „Jarhead“, Skyfall“)<br />

zeichnet den Wegbeider Soldaten,<br />

der durch die Gräben bis tief in<br />

die französische Landschaft führt,<br />

ohne einen sichtbaren Schnitt nach.<br />

In einer einzigen, tatsächlich aber<br />

aus mehreren Einstellungen zusammengesetzten<br />

Sequenz, hetzen die<br />

Soldaten durch das, was nach drei<br />

Jahren Grabenkrieg vom Land übrig<br />

geblieben ist: Zerbombte Wälder,<br />

ruinierte Städte, verwaiste Bauernhöfe.Die<br />

Sichtweise wahrtdie räumliche<br />

und zeitliche Kontinuität der<br />

Mission. Ein Effekt, der eine permanente<br />

Authentizität vorgibt und zugleich<br />

dafür sorgt, dass es keine<br />

Atempause gibt, um das Ausmaß der<br />

Zerstörung zu erfassen.<br />

Kaum haben Schofield und Blake<br />

einen leeren Graben der deutschen<br />

Armee betreten, detoniert eine<br />

Mine, um sie zu begraben. Kaum<br />

sind sie auf einem verlassenen Hof<br />

angekommen, stürzt ein deutsches<br />

Jagdflugzeug direkt vorihrer Nase in<br />

eine Scheune. Einzig eine Szene, in<br />

der ein Transportlaster im Schlamm<br />

stecken bleibt, unterbricht für wenige<br />

Augenblicke das unaufhörliche<br />

Spektakel, das Mendes und sein Kameramann<br />

Roger Deakins mit erstaunlicher<br />

Virtuosität auf die Leinwand<br />

bringen. Es ist eine der schönsten<br />

Szenen des Films: Ein symbolischer<br />

und zugleich menschlicher<br />

Moment, in dem sich bis dahin<br />

fremde Soldaten gemeinsam mit<br />

den Protagonisten gegen das Fahrzeug<br />

stemmen, das sie an die Front<br />

und damit höchstwahrscheinlich in<br />

den Tod führen wird. Ein trügerisches<br />

Bild, denn die Kriegsmaschinerie<br />

soll dabei freilich nicht angehalten,<br />

sondern beschleunigt und<br />

aus dem tödlichen Stillstand gezogen<br />

werden, der in drei Kriegsjahren<br />

Millionen Menschen getötet, verstümmelt<br />

und zerschmetterthat.<br />

Die unsichtbar und nahtlos ineinander<br />

übergehenden Sequenzen<br />

formen die Realität der Westfront zu<br />

einem fiebrigen Tagtraum. Keines<br />

der Terrains, durch die beide Soldaten<br />

hetzen, scheint tatsächlich an<br />

das nächste anzuschließen. DieGräben,<br />

die endlosen Front- und Waldlandschaften<br />

und die Ruinen der<br />

französischen Kleinstädte wirken<br />

nicht wie historische Orte, sondern<br />

wie die Pixel eines Computerspiels,<br />

die sich nur dann manifestieren,<br />

wenn sie in das Sichtfeld des Spielers<br />

geraten. Eine Perspektive, die den<br />

Krieg als eineWelt ohne Horizont beschreibt.<br />

Es ist einer der wenigen<br />

bleibenden Eindrücke dieser so unmittelbaren<br />

Ästhetik des Films, die<br />

über weite Strecken mehr einer Geisterbahnfahrtdurch<br />

dieWestfront ähnelt.<br />

Die fabrizierte Kontinuität von<br />

Zeit und Raum erzeugt eine nie abklingende<br />

Spannung. Doch die<br />

Atemlosigkeit, die ständige Bewegung<br />

und die daraus resultierende<br />

Dynamik bilden letztlich eine Erfahrung<br />

ab,die dem Stellungskrieg, von<br />

dem Mendes hier erzählt, nicht gerecht<br />

wird. Nie lässt der Film genug<br />

VERANSTALTUNGEN<br />

BERLIN Tempodrom<br />

Leerstellen, um dem Zuschauer einen<br />

Blick auf die tödliche Pattsituation<br />

der Westfront zu ermöglichen.<br />

Statt der unerträglichen Routine<br />

des Stellungskriegs, des ängstlichen<br />

Wartens auf den nächsten Angriff,<br />

statt des Terrors der Artillerie, statt<br />

eines dauerhaften Extremzustandes,<br />

der Tausende Soldaten zu Kriegszitterern<br />

machte, sucht „1917“ allein<br />

den Adrenalinkick der unmittelbaren<br />

Todesgefahr. Grabenkrieg und<br />

live dabei. Die Bilder dazu sind beeindruckend.<br />

Nicht weniger beeindruckend<br />

als die Worte, mit denen<br />

Ernst Jünger seine Fronterfahrung<br />

beschrieb. Eine Szene, inder Schofield<br />

die Ruinen einer Stadt durchquert,<br />

während der Himmel buchstäblich<br />

in Flammen steht, scheint<br />

das, was Jünger Stahlgewitter<br />

nannte, direkt auf die Leinwand zu<br />

zeichnen. Es sind Eindrücke die vom<br />

gleichen Pathos strotzen, die gleiche<br />

Faszination für das Abenteuer Krieg<br />

vermitteln, das auch Jüngers Buch<br />

beschreibt. „1917“ hat dabei zwar<br />

keinerlei nationalistische Agenda<br />

und der für das Heldentum stehende<br />

Orden wird schnell als der wertlose<br />

Blechanhänger entlarvt, der er eigentlich<br />

ist. Doch die Dynamik der<br />

brillanten Kameraführung und des<br />

nicht weniger beeindruckenden<br />

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Sounddesigns lenken schnell davon<br />

ab,dass die Front ein Fleischwolf ist,<br />

der alle Beteiligten verschlingt.<br />

Als Schofield ein letztes Mal den<br />

Graben verlässt, läuft er nicht wie<br />

seine Kameraden diesem Totmacher<br />

entgegen, sondern rennt parallel<br />

zum Schlachtfeld, um das Ziel seiner<br />

Mission zu erreichen. Ein Weg, der<br />

ihn der gleichen Gefahr aussetzt,<br />

aber eben doch an der tödlichen Lotterie<br />

der Westfront vorbei führt.<br />

1917 USA 2019. Regie: SamMendes. Buch:<br />

Sam Mendes, KrystyWilson-Cairns; Darsteller:<br />

GeorgeMacKay, Dean-CharlesChapman, Colin<br />

Firthu.a., 119 Minuten,Farbe. FSK:ab12<br />

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