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G. Pico della Mirandola Über die Würde des Menschen - Lalegion ...

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<strong>Über</strong> <strong>die</strong> <strong>Würde</strong> <strong>des</strong> <strong>Menschen</strong> 11<br />

Gestalt, aber viele fremde und von außen kommende. Daher<br />

das Wort der Chaldäer: »Enōsh hu shınnūim ˇ<br />

vekammah<br />

e e<br />

těbhāoth baal haj« das heißt der Mensch ist ein Lebewesen<br />

von verschiedenartiger, vielgestaltiger und sprunghafter Natur.<br />

Aber wozu <strong>die</strong>s? Damit wir verstehen: da wir unter der<br />

Bedingung geboren worden sind, daß wir das sind, was wir<br />

sein wollen, müssen wir am ehesten dafür sorgen, daß man<br />

nicht von uns sagt, als wir in Ansehen standen, hätten wir<br />

nicht erkannt, daß wir dem vernunftlosen Vieh ähnlich geworden<br />

seien. Sondern vielmehr das Wort <strong>des</strong> Propheten<br />

Asaph: »Ihr seid alle Götter und Söhne <strong>des</strong> Höchsten«, damit<br />

wir uns <strong>die</strong> freie Wahl, <strong>die</strong> uns Gottvater gegeben hat, nicht<br />

durch Mißbrauch seiner gütigen Großzügigkeit von etwas<br />

Heilsamem zu etwas Schädlichem machen. Ein heiliger Ehrgeiz<br />

dringe in unsere Seele, daß wir, nicht zufrieden mit dem<br />

Mittelmäßigen, nach dem Höchsten verlangen und uns mit<br />

ganzer Kraft bemühen, es zu erreichen – denn wir können es,<br />

wenn wir wollen. Laßt uns das Irdische verschmähen, das<br />

Himmlische verachten, und indem wir alles zur Welt Gehörige<br />

schließlich hinter uns lassen, dem außerweltlichen Hof<br />

zueilen, der der erhabenen Gottheit am nächsten ist. Dort<br />

haben, wie <strong>die</strong> heiligen Mysterien überliefern, <strong>die</strong> Seraphim,<br />

<strong>die</strong> Cherubim und <strong>die</strong> Throni den ersten Rang inne. Ihrer<br />

<strong>Würde</strong> und ihrem Ruhm wollen wir nacheifern, unnachgiebig<br />

und ohne den zweiten Rang zu ertragen. Wir werden um<br />

nichts unter ihnen stehen, wenn wir nur wollen.<br />

Aber auf welche Weise? Und was müssen wir schließlich<br />

tun? Wir wollen sehen, was sie tun, welches Leben sie leben.<br />

Wenn auch wir <strong>die</strong>ses Leben führen (wir können es nämlich),<br />

haben wir ihr Glück schon erreicht. Der Seraph glüht<br />

vom Feuer der Liebe, der Cherub leuchtet vom Glanz <strong>des</strong><br />

Geistes, der Thronus steht durch <strong>die</strong> Festigkeit <strong>des</strong> Urteils.<br />

Wenn wir uns also dem tätigen Leben verschrieben und darin<br />

<strong>die</strong> Sorge für <strong>die</strong> geringeren Dinge mit rechter Prüfung auf<br />

uns genommen haben, werden wir durch <strong>die</strong> unerschütterliche<br />

Beständigkeit der Throni gefestigt werden. Wenn wir,<br />

befreit von den Tätigkeiten, über den Schöpfer in der Schöp-

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