tassilo - das Magazin rund um Weilheim und die Seen - Ausgabe November/Dezember 2020
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Interview mit Prof. Dr. Andreas Knez, Ärztlicher Direktor in <strong>Weilheim</strong><br />
„Auch mit Herzschwäche<br />
soll man Sport treiben“<br />
<strong>Weilheim</strong> | Die Deutsche Herzstiftung<br />
e.V. ist ein Verein, der<br />
<strong>die</strong> b<strong>und</strong>esweite Versorgung <strong>und</strong><br />
Therapiemöglichkeit von Herzpatienten<br />
verbessern möchte. Dazu<br />
gehören auch me<strong>die</strong>nwirksame<br />
Aktionen wie <strong>die</strong> alljährlichen<br />
„Herzwochen“. Sie finden immer<br />
vom 1. bis 30. <strong>November</strong> statt<br />
<strong>und</strong> sollen <strong>die</strong> breite Bevölkerung<br />
<strong>r<strong>und</strong></strong> <strong>um</strong>s Thema Herzkrankheiten<br />
sensibilisieren <strong>und</strong> aufklären. Das<br />
dazu passende Motto <strong>die</strong>ses Jahr<br />
lautet „Herzinsuffizienz“ (Herzschwäche).<br />
Im Interview spricht<br />
Prof. Dr. Andreas Knez, Ärztlicher<br />
Direktor der Krankenhaus GmbH<br />
<strong>Weilheim</strong>-Schongau sowie Chefarzt<br />
der dortigen Inneren Medizin,<br />
wie unscheinbar sich eine Herzschwäche<br />
zeigen kann, welche<br />
lebensbedrohliche Gefahr von ihr<br />
ausgeht <strong>und</strong> wie Betroffene am<br />
besten damit <strong>um</strong>gehen.<br />
Herr Prof. Dr. Knez, was führt zu<br />
Herzinsuffi zienz?<br />
Es gibt zwei gängige Ursachen<br />
für Herzschwäche. Einmal Bluthochdruck,<br />
oft lange Zeit nicht bemerkt,<br />
weil er vom Patienten nicht<br />
gemessen wird. Wenn Bluthochdruck<br />
jedoch über mehrere Jahre<br />
besteht, geht <strong>das</strong> Herz sprichwörtlich<br />
auseinander wie ein alter<br />
Schuh. Das beeinflusst wieder<strong>um</strong><br />
<strong>die</strong> P<strong>um</strong>pfunktion des Herzens,<br />
<strong>die</strong> sich infolgedessen stark verschlechtert<br />
– der Betroffene bekommt<br />
für seine alltäglichen Aktivitäten<br />
zu wenig Sauerstoff.<br />
Sonderveröffentlichung der<br />
Die zweite gängige Ursache?<br />
Die sogenannte Koronare Herzerkrankung.<br />
Hierbei handelt es sich<br />
<strong>um</strong> eine Erkrankung der Gefäße,<br />
<strong>die</strong> <strong>das</strong> Herz mit Blut versorgen.<br />
Wenn sich im Körper eines Menschen<br />
zu viele Engstellen befinden,<br />
bekommt <strong>das</strong> Herz zu wenig<br />
Blut, woraufhin der Herzmuskel<br />
seine Tätigkeit zunehmend einstellt.<br />
Weitere, eher seltenere Ursachen,<br />
<strong>die</strong> zu Herzinsuffi zienz führen?<br />
Z<strong>um</strong> Beispiel angeborene Herzfehler<br />
oder Herzmuskel-Entzündungen,<br />
welche immer wieder<br />
mal bei Sportlern, also auch jüngeren<br />
Menschen auftreten. Das<br />
Problem bei Herzschwäche generell<br />
ist, <strong>das</strong>s <strong>die</strong> Symptome oft<br />
derart unspezifisch sind, <strong>das</strong>s unsere<br />
Patienten erst nicht glauben<br />
wollen, tatsächlich Herzprobleme<br />
zu haben.<br />
Was wären denn typische Symptome,<br />
<strong>die</strong> auf Herzschwäche hinweisen?<br />
Luftnot. Man geht beispielsweise<br />
<strong>die</strong> Treppe hoch <strong>und</strong> tut sich beim<br />
Atmen auffallend schwerer als in<br />
den Wochen zuvor. Oder man legt<br />
sich nachts flach ins Bett <strong>und</strong> bekommt<br />
plötzlich weniger oder gar<br />
keine Luft. Ein anderes Symptom<br />
ist Gewichtszunahme – ist <strong>das</strong><br />
Herz geschwächt, kann <strong>das</strong> Blut<br />
nicht mehr so gut „rausgep<strong>um</strong>pt“<br />
werden. Dadurch verschlechtert<br />
sich auch <strong>die</strong> Durchblutung der<br />
Niere, <strong>die</strong> wieder<strong>um</strong> weniger<br />
Wasser ausscheidet. Das Wasser<br />
Prof. Dr. Andreas Knez, Ärztlicher Direktor der Krankenhaus GmbH <strong>Weilheim</strong>-Schongau<br />
sowie Chefarzt der Inneren Medizin.<br />
setzt sich stattdessen im Körper<br />
ab. Zu allererst im Bauchbereich<br />
<strong>und</strong> in den Beinen. Damit einher<br />
gehen oftmals auch häufigere<br />
Toilettengänge in der Nacht, <strong>um</strong><br />
<strong>die</strong> Flüssigkeit auszuscheiden, <strong>die</strong><br />
sich tagsüber angesammelt hat.<br />
Ein weiteres Merkmal für Herzschwäche<br />
ist außerdem trockener<br />
Husten.<br />
Wie reagieren Menschen beim Auftreten<br />
<strong>die</strong>ser Symptome?<br />
Die häufigste Erklärung der Menschen<br />
ist: „Mei, ich werde halt<br />
älter, bin deshalb nicht mehr so<br />
belastbar, was sicherlich normal<br />
ist. Das wird <strong>die</strong> Tage schon<br />
wieder werden.“ Leider gehen<br />
<strong>die</strong> meisten unserer Patienten<br />
erst z<strong>um</strong> Arzt, wenn sie im Bett<br />
nicht mehr flach liegen oder gar<br />
nicht mehr schlafen können.<br />
Dann ist es meistens schon zu<br />
spät, <strong>um</strong> Schlimmeres zu verhindern.<br />
Eine klassische Vorsorge-Untersuchung<br />
wie beispielsweise bei Hautkrebs<br />
gibt es für <strong>das</strong> Herz nicht. Wie<br />
fi nden Mann <strong>und</strong> Frau trotzdem<br />
rechtzeitig heraus, ob ihre „P<strong>um</strong>pleistung“<br />
noch gut funktioniert?<br />
Große Verantwortung liegt an<br />
<strong>die</strong>ser Stelle bei den Hausärzten,<br />
Menschen mit Herzproblemen<br />
„herauszufischen“. Das ist nicht<br />
immer leicht für <strong>die</strong> Kolleginnen<br />
<strong>und</strong> Kollegen in den Allgemeinmedizinischen<br />
Praxen. Nur ein<br />
Beispiel: Eine 65-jährige Dame<br />
kommt mitten in der Grippezeit<br />
mit Husten <strong>und</strong> Luftnot in <strong>die</strong><br />
Hausarztpraxis. Im ersten Moment<br />
ist davon auszugehen, <strong>das</strong>s ihre<br />
Probleme tatsächlich einer Grippe<br />
geschuldet sind. Sie könnten aber<br />
auch <strong>die</strong> Folge einer Herzschwäche<br />
sein. Das sollte immer berücksichtigt<br />
werden.<br />
Es gibt nicht nur zwei gängige Ursachen,<br />
sondern auch zwei Arten<br />
von Herzschwäche:<br />
Einerseits, in dem <strong>die</strong> Herzfunktion,<br />
<strong>die</strong> P<strong>um</strong>pleistung, schlechter<br />
wird. Das ist wie bei einem Motor,<br />
der irgendwann nur noch mit zwei<br />
anstatt vier Zylindern funktioniert.<br />
Im anderen Fall funktioniert <strong>die</strong><br />
P<strong>um</strong>pleistung des Herzens normal,<br />
der Herzmuskel aber weist<br />
eine gewisse Steifigkeit auf, kann<br />
sich nicht mehr so ausdehnen wie<br />
gewünscht.<br />
Dass <strong>die</strong> „P<strong>um</strong>pe“ noch funktioniert,<br />
obwohl der Muskel steif ist,<br />
klingt paradox.<br />
Noch tragischer ist, <strong>das</strong>s es für<br />
<strong>die</strong>se Art der Herzschwäche keine<br />
Therapie, keine Medikamente<br />
gibt. Dabei kommt <strong>die</strong>se Form<br />
immer häufiger vor, macht inzwischen<br />
fast <strong>die</strong> Hälfte aller Fälle von<br />
Herzinsuffizienz aus.<br />
Welche Behandlungsmöglichkeit<br />
gibt es bei Herzschwäche in Form<br />
von „schlechter P<strong>um</strong>pe“?<br />
G<strong>r<strong>und</strong></strong>sätzlich gibt es in der Kardiologie<br />
vier Stufen <strong>die</strong>ser Herzschwäche.<br />
Stufe eins: Man spürt<br />
nichts. Stufe zwei: Es geht nicht<br />
mehr so wie früher. Stufe drei: