Monitoringbericht "Flüchten - Ankommen - Bleiben!?"
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Syrien
Deutschland
550.500
österreich
50.500
libanon
924.400
türkei
3.600.000
jordanien
661.700
Syrien: 6,1 Millionen
Binnenvertriebene
irak
228.000
5 Länder, die bis Mitte 2019 am meisten Geflüchtete aus Syrien aufgenommen hatten, plus Österreich zum Vergleich 30
Syrien ist ein sehr heterogener Staat mit verschiedenen
Bevölkerungsteilen, die sich sowohl in Sprache, Religion,
Lebensweise und kultureller Zugehörigkeit unterscheiden.
Auch Syriens Grenzziehung ist ein Konstrukt der englischen
und französischen Kolonialmächte. Nach einer umkämpften
Zeit im Zweiten Weltkrieg und zahlreichen Aufständen
wurde Syrien 1946 von der französischen Kolonialmacht in
die Unabhängigkeit entlassen. Es folgten unruhige Zeiten,
in denen sich diverse Regierungen durchsetzten und es immer
wieder zu Putschen kam. 1970 hievte sich der damalige
Verteidigungsminister der Baath-Partei, Hafiz al-Assad, mit
einem Coup an die Macht und regierte das Land autoritär bis
zu seinem Tod im Jahr 2000. Sein Sohn Bashar al-Assad übernahm
nach ihm die Herrschaft in Syrien.
Im Frühjahr 2011 entluden sich Proteste im ganzen Land,
inspiriert von den Ereignissen in Tunesien und Ägypten,
dem „Arabischen Frühling“. Vorangehend war eine fünfjährige
Dürreperiode, welche eine große Binnenmigration in
die Städte auslöste und soziale Spannungen und politische
Unzufriedenheit verstärkte. Was mit einem Aufstand der
Bevölkerung begann, mündete durch die brutale Reaktion
des Assad-Regimes rasch in einen blutigen Bürgerkrieg, der
zunehmend zum Spielball verschiedener regionaler Mächte
wurde. Der Iran unterstützt gemeinsam mit Russland das Regime
al-Assads. Die Türkei, Saudi-Arabien und die Golfstaaten
statteten verschiedene Milizen aus, was die demokratischen
Kräfte zunehmend in den Hintergrund drängte und
islamistischen Kräften Aufwind verschaffte. 2014 brachte die
islamistische Miliz Islamischer Staat in Irak und Scham (ISIS)
– später nur noch IS – Gebiete im Irak und in Syrien unter
ihre Herrschaft und rief einen eigenen Staat aus.
Das Vorrücken vom ISIS sowie der Beginn von russischen
Luftangriffen zur Unterstützung des Assad-Regimes auf
Gebiete, die unter der Kontrolle von verschiedenen Rebellengruppen
standen, lösten große Fluchtbewegungen aus.
Viele Personen, die davor in Nachbarregionen innerhalb des
Landes Schutz gesucht hatten, verließen nun das Land. Ein
Großteil suchte in den angrenzenden Staaten Libanon, Jordanien
und der Türkei Schutz, einige machten sich auf den
Weg Richtung Europa. Sie waren die tragenden Kräfte des
sogenannten „langen Sommers der Migration“, der 2015 und
2016 Europa in Atem hielt und die Grenzen der „Festung Europa“
für kurze Zeit durchlässig machte. 31
Konfliktherde in Nordsyrien
Erfolgreiche Gegenkräfte im syrischen Krieg waren die
mehrheitlich kurdischen Milizen im Nordosten, die sich entlang
der Grenze zur Türkei das autonom regierte Gebiet Rojava
erkämpften und dort mit dem Wiederaufbau des Landes
begannen. In dem zutiefst gespaltenen Land legten sie großen
Wert auf das friedliche Zusammenleben verschiedener
religiöser, ethischer und sprachlicher Gruppen, die in der
Region beheimatet sind. 2015 schlossen sich die kurdischen
Kräfte mit anderen Milizen zu den Syrischen Demokratischen
Kräften (SDF) zusammen und wurden von den USA
im Kampf gegen den ISIS unterstützt. Gemeinsam gelang es
diesen, den sogenannten Islamischen Staat zu zerschlagen.
Zahlreiche Gefangenenlager für ISIS-Kämpfer*innen und
ihre Familien wurden in Nordostsyrien errichtet.
Allerdings war die kurdisch dominierte Region entlang der
Grenze der türkischen Regierung ein großer Dorn im Auge,
da diese mit der Kurdischen Arbeiterpartei PKK in der Türkei
zusammenarbeitet, welche der türkische Staat schon lange
als „Terrororganisation“ bekämpft.
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UNHCR, Mid-Year Trends 2019, 10.03.2020.
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Yassin-Kassab/Al-Shami, Burning Country: Syrians in Revolution and War,
2018; Chatty, Syria: The Making and Unmaking of a Refugee State, 2017.
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