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Monitoringbericht "Flüchten - Ankommen - Bleiben!?"

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Einführung

Empowernde und lösungsorientierte

Perspektiven auf

Flucht, Migration und Asyl

Der erste Teil des Berichtes thematisiert Fluchtursachen und

Fluchtrouten und deren multidimensionale Auswirkungen

in einer hochgradig globalisierten Welt. Dabei werden auch

die Aus- und Nachwirkungen der Geschehnisse von 2015 und

2016 bis heute beleuchtet. Im zweiten Teil werden die mit

der Ankunft von schutzsuchenden Menschen in Europa und

Österreich in Verbindung stehenden Herausforderungen

genauer untersucht und diverse Faktoren thematisiert, welche

zu großen Unterschieden zwischen den verschiedenen

Staaten führen. Der dritte Teil des Berichtes fokussiert auf

die Integration in Europa und die aktuellen Entwicklungen

in Österreich. Neben den politischen und gesetzlichen Veränderungen,

welche die Vorgängerregierung verabschiedet

hat und die nach wie vor für viele Menschen zu großen Verunsicherungen

und zu einer Verschlechterung ihrer Lebenslage

führen, werden positive und gelungene Modelle aus

der Praxis vorgestellt. Die gesellschaftspolitischen Bereiche

Unterbringung, Betreuung, Beratung sowie Bildung und Arbeitsmarkt,

in denen das Integrationshaus langjährige Praxiserfahrung

vorweist, werden in Augenschein genommen.

Aber auch das gesellschaftliche Klima und Diskurse über Geflüchtete

werden analysiert.

Methoden

Der Monitoring-Bericht arbeitet mit einer Vielzahl von

Quellen, um die aktuelle Situation sowie Entwicklungen in

allen Bereichen kritisch zu analysieren. Ausgewählte wissenschaftliche

Forschungsarbeiten aus den verschiedenen verhandelten

Bereichen wurden eingearbeitet, um ausgehend

vom aktuellen Forschungsstand, den Bericht wissenschaftlich

in die laufenden Debatten einzubetten und zu positionieren.

Um die Aktualität der Entwicklungen und Diskurse

einzubeziehen, wurde zudem intensiv mit Stellungnahmen

und Publikationen von NGOs aus den relevanten Bereichen

gearbeitet, insbesondere von Netzwerken, in denen das Integrationshaus

aktiv beteiligt ist, wie das European Council for

Refugees and Exiles (ECRE) oder der österreichischen Agenda

Asyl. Darüber hinaus wurden zahlreiche Presseartikel

verwendet. Auch wurden Berichte und Veröffentlichungen

von internationalen Organisationen, wie dem Hochkommissariat

der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) oder

der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA),

sowie von Regierungsstellen herangezogen.

Eine weitere Basis für den Bericht bilden leitfadengestützte

Interviews mit Expert*innen aus der Praxis. Durch ihre tägliche

Arbeit besitzen sie den besten Einblick in Entwicklungen

und Veränderungen in ihren jeweiligen Fachbereichen. Für

den Bericht wurden sechs qualitative Interviews mit neun

Expert*innen aus den Bereichen psychosoziale Betreuung,

psychosoziale Beratung, Rechtsberatung, Bildung, Arbeitsmarktintegration

sowie Freiwilligenarbeit durchgeführt. Dabei

wurden vorwiegend mit langjährigen Mitarbeiter*innen und

Fachbereichsleiter*innen des Integrationshauses Gespräche

geführt. Schwerpunktmäßig wurde dabei immer auch über

die spezialisierte Arbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen,

mit Frauen sowie mit Personen mit erhöhtem

Betreuungsbedarf, insbesondere Menschen, die psychische

Krankheitsbilder aufweisen, gesprochen. Dadurch fließt die

Expertise des Integrationshauses in den Bericht ein und es

entsteht ein Überblick über die relevanten gegenwärtigen

Debatten, die mit den Analysen aus der Praxis auf produktive

Weise zusammengeführt werden.

Der Bericht schafft dadurch einen Überblick über wichtige

aktuelle Entwicklungen. Im Rahmen dieses Berichtes ist es

allerdings nicht möglich, alle relevanten Themenbereiche

in ihrer gesamten Ausführlichkeit und Tiefe zu analysieren

und diskutieren. Vielmehr zielt der Bericht darauf ab, ein

grundlegendes Verständnis für die komplexen Themenfelder

Flucht, Migration und Asyl zu schaffen, sowie Kernproblemfelder

und mögliche Lösungsvorschläge vorzustellen.

Wissenschaftliche Verortung

Der Bericht verortet sich theoretisch in der aktuellen kritischen

Migrationsforschung und arbeitet bewusst nicht mit

veralteten Modellen, wie beispielsweise dem von Push- und

Pull-Faktoren, welche Migration „steuern“, oder mit veralteten

Top-Down Ansätzen aus der Entwicklungshilfe, welche

teils als „Lösung“ für Fluchtursachen präsentiert werden. 1

Ausgangsbasis ist eine Wissenschaftstradition, die Geflüchtete

als handelnde Subjekte erfasst und Migration als soziale

Bewegung verortet. Migration nimmt durch ihre stetige

Bewegung einen erheblichen Einfluss auf die Ausbildung

europäischer Grenzpraktiken und -politiken sowie auch auf

soziopolitische Entwicklungen, welche das europäische Migrationsregime

bilden. Dieses wird als ein von verschiedenen

Kräften beeinflusstes, ausgehandeltes und umkämpftes Konstrukt

verstanden, welches beweglich ist und von oftmals

antagonistischen Kräften gestaltet wird. Das Grenzregime,

wie es heute funktioniert, wird immer auch als Reaktion auf

Migrationsbewegungen interpretiert. Wie sich 2015/2016 gezeigt

hat, verändert es sich stetig und kann unter bestimmten

Umständen auch zusammenbrechen. Schutzsuchende

und migrierende Menschen werden dabei nicht als bloße

Opfer verstanden, sondern als Personengruppen, welche neben

einer beeindruckenden Resilienz auch eine erhebliche

Handlungsmacht besitzen. Allerdings müssen dabei immer

auch die vielschichtigen strukturellen und institutionalisier-

1

Hirt, Die Afrika-Strategie der EU: Abschottung statt Fluchtursachenbekämpfung,

GIGA Focus Afrika, 2017; Kohlenberger, Der sozioökonomische

Hintergrund bestimmt darüber, ob ich überlebe oder nicht,

10 Asyl Aktuell - Zeitschrift der asylkoordination österreich, 2019. 11

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