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3. Facetten des Elementaren Musikunterrichts - KOMU

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Von neu hinzukommenden Studierenden werde ich oft gefragt, ob nicht die Gefahr<br />

besteht, dass die musikalisch- tänzerischen Inhalte von den Senioren als kindisch<br />

empfunden werden, da die fachlichen Ansprüche zumeist im unteren Bereich liegen<br />

müssen. Dieses Problem entsteht nicht, wenn es gelingt, jeden noch so einfachen<br />

musikalisch- tänzerischen Baustein mit eben demselben künstlerischen Gespür,<br />

Ausdruck und Engagement zu präsentieren, dass man einem komplexen Musikstück<br />

eines berühmten Komponisten entgegenbringt. Gleiches gilt auch für das Feilen an der<br />

Qualität der Ausführung. Schließlich gewährt nur ein solches, dem Können der<br />

Teilnehmer angepasstes Angebot Erfolgserlebnisse im Gegensatz zu Inhalten, die auf<br />

Grund ihres zu hohen Anspruches zu Frustration führen. Davon gibt es im Alter auf<br />

Grund <strong>des</strong> Abbauprozesses ein genügend hohes Maß, so dass wir durch unser<br />

Angebot helfen sollten, das Defizit zu verringern.<br />

Natürlich ist es sinnvoll, an Bekanntes anzuknüpfen z.B. auf Lieder oder Musikstücke<br />

zurückzugreifen, die von den Senioren in ihrem Vorleben viel gesungen oder gehört<br />

wurden. Das weckt Erinnerungen, lässt Erlebnisse aufsteigen und belebt<br />

Persönlichkeitsanteile, die vielleicht schon in den Hintergrund getreten sind. In der<br />

Biographiearbeit stellt <strong>des</strong>halb die Musik ein wichtiges Einstiegstor dar, dennoch ist es<br />

möglich, bisherige künstlerisch- ästhetisch Erfahrungen durch Neues und auch<br />

Ungewohntes zu erweitern und zu bereichern, so dass dann auch Reaktionen kommen,<br />

wie sie der bereits zitierte Ausspruch zeigt: „wir sind noch nicht zu alt“, ich ergänze<br />

„um Unbekanntes aufzunehmen“. Wie sagte eine Teilnehmerin so treffend nach einer<br />

Stunde, in der Abbildungen von Moriskentänzern (die Originale sind im Stadtmuseum<br />

in München) zu ungewöhnlichen Bewegungen mit Armen und Beinen und zu<br />

experimentellen Stimmklängen anregten: „da hab ich doch wieder was dazugelernt“.<br />

Wichtig ist es, Ungewohntes auf geschickte Weise einzuführen, bzw. vorzubereiten,<br />

z.B. durch den Aufbau von Hörerwartungen oder aber durch das Anregen eines<br />

emotionalen Bezuges, was sich vor allem bei Textvertonung anbietet wie z..B. bei<br />

Ligetis Nonsensmadrigal „the Cuckoo in the Pear-tree“, wo Kuckucksmann und<br />

Kuckucksfrau im Gespräch miteinander sind. Menschen sind auch im Alter<br />

bildungsfähig, aufnahmebereit und schöpferisch, wenn sie wie Hilarion Petzold es in<br />

einem Vortrag nannte, den „Feind von innen“, der sagt „ich bin alt, ich kann nicht“<br />

und den „Feind von außen“, der das Jungsein idealisiert und es durch Anti-Aging<br />

Angebote auf ewig erhalten haben möchte, vergessen können. Hat man erst einmal alte<br />

Menschen für die Mitarbeit gewonnen, und haben sie Erfolgserlebnisse gehabt, so<br />

lassen sich auch dauerhafte Verhaltens– und Einstellungsänderungen erreichen.<br />

Zum Abschluss möchte ich noch eine Erfahrung einbringen, die mir gerade im<br />

Unterricht mit alten und hochbetagten Menschen in der Heimsituation wichtig ist. Das<br />

bestens aufbereitete Stundenkonzept, die schönsten Inhalte werden nur halb soviel<br />

Positives bewirken wenn sie nicht mit einer sehr offenen, empathischen, von Herzen<br />

kommenden Zuwendung zur Gruppe aber gerade auch zum Einzelnen gepaart sind.<br />

Symbolisch dafür steht der Stundeneinstieg sowie der Ausklang, die persönliche mit<br />

Handschlag und Zuwendung verbundene Begrüßung bzw. Verabschiedung, die<br />

Elementare Musikpädagogik | <strong>Facetten</strong>berichte | 2007-12 Seite 46 von 64

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