23.12.2012 Aufrufe

Qualitätshandbuch Leben mit Demenz - Tiergestützte Therapie und ...

Qualitätshandbuch Leben mit Demenz - Tiergestützte Therapie und ...

Qualitätshandbuch Leben mit Demenz - Tiergestützte Therapie und ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Remenz statt <strong>Demenz</strong><br />

<strong>Demenz</strong> ist ein<br />

Kommunikationsproblem<br />

Nach dem gängigen Medizinmodell wird eine Heilung oder Verlangsamung<br />

des Hirnzellenabbaus fast ausschließlich von Medikamenten<br />

oder der Gentechnologie erwartet <strong>und</strong> versprochen. Andere<br />

Bewältigungsstrategien (wie zum Beispiel sozialpsychologische<br />

Ansätze) werden kaum beachtet. Nach diesen Vorstellungen<br />

erfolgt vielmehr ein stetiger Hirnabbau <strong>mit</strong> unumkehrbaren Funktionsverlusten,<br />

die unausweichlich zum Stadium des „Vegetierens“<br />

führen <strong>und</strong> dann zum Tod. Diese Einstellung gegenüber der<br />

Krankheit <strong>Demenz</strong> führt zu Hoffnungslosigkeit <strong>und</strong> Verzweiflung<br />

der betroffenen Menschen <strong>und</strong> der pflegenden Angehörigen.<br />

Immer mehr Bef<strong>und</strong>e sprechen allerdings dafür, dass das Gehirn<br />

eine sehr viel größere Plastizität besitzt als nach dem neuropathologischen<br />

Modell zu erwarten wäre. Neben <strong>Demenz</strong> gibt es<br />

auch eine Remenz bei einem Umgang <strong>mit</strong> dem Kranken, der seine<br />

Fähigkeiten <strong>und</strong> sein Selbstwertgefühl stärkt. Einer der engagiertesten<br />

Vertreter einer sehr viel optimistischeren sozialpsychologischen<br />

Betrachtung der <strong>Demenz</strong> ist Tom Kitwood. Er regt an,<br />

<strong>Demenz</strong> als eine Art Behinderung zu begreifen <strong>und</strong> zu akzeptieren,<br />

<strong>und</strong> alle Aufmerksamkeit darauf zu richten, das „Person-Sein“<br />

der Kranken zu stärken <strong>und</strong> ihnen zu einem möglichst hohen relativen<br />

Wohlbefinden zu verhelfen. Theoretische Gr<strong>und</strong>lage der<br />

unter seiner Leitung entwickelten „personenzentrierten Pflege“ ist<br />

die Überlegung, was es heißt, eine „Person“ zu sein, bzw. welchen<br />

Wert „Person-Sein“ für einen Menschen – <strong>und</strong> auch für einen<br />

Menschen <strong>mit</strong> <strong>Demenz</strong> – hat.<br />

Auch Menschen <strong>mit</strong> <strong>Demenz</strong> haben danach eine Persönlichkeit,<br />

die sie im Verlauf ihres <strong>Leben</strong>s entwickelt haben. Menschen <strong>mit</strong><br />

<strong>Demenz</strong> haben also ihren eigenen Willen, ihre Vorlieben, Bedürfnisse<br />

<strong>und</strong> Gewohnheiten, wie jeder andere Mensch auch. Der<br />

Unterschied ist jedoch, dass es ihrer Person <strong>und</strong> ihrem Handeln an<br />

einem inneren Zusammenhang fehlt, der für andere Menschen<br />

nachvollziehbar wäre. Für einen Außenstehenden ist es insofern<br />

meistens sehr schwer, den Sinn dessen, was ein Mensch <strong>mit</strong> <strong>Demenz</strong><br />

tut <strong>und</strong> sagt, zu verstehen.<br />

Ganz anders sieht die Sache aus der Perspektive eines Menschen<br />

<strong>mit</strong> <strong>Demenz</strong> aus: Ihm können die eigenen Handlungen <strong>und</strong><br />

Äußerungen durchaus als sinnvoll, zielgerichtet <strong>und</strong> einem inneren<br />

logischen Zusammenhang folgend erscheinen. Er versteht deshalb<br />

häufig nicht, was die anderen Menschen, die sich selbst als ges<strong>und</strong><br />

begreifen, tun <strong>und</strong> sagen. Aus seiner Perspektive sind die Menschen<br />

um ihn herum „verrückt“ <strong>und</strong> er versteht nicht, was sie von<br />

ihm wollen. Er versteht nicht, warum zum Beispiel eine für ihn<br />

wildfremde Frau behauptet, sie sei seine Tochter <strong>und</strong> sich entsprechend<br />

verhält. Er empfindet dies möglicherweise vielmehr als<br />

eine Grenzüberschreitung, die ihm Angst macht <strong>und</strong> der er sich<br />

zu entziehen versucht oder die er aggressiv abwehrt.<br />

Die Verwirrung besteht also gegenseitig. So gesehen ist <strong>Demenz</strong><br />

in erster Linie ein beiderseitiges Kommunikationsproblem.<br />

16

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!