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Qualitätshandbuch Leben mit Demenz - Tiergestützte Therapie und ...

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Die Sprachwissenschaftlerin Svenja Sachweh hat herausgef<strong>und</strong>en,<br />

dass viele Pflegende die gestörte Sprache von Menschen<br />

<strong>mit</strong> <strong>Demenz</strong> oder Aphasien spiegeln, also auch nur einzelne<br />

Wörter aneinander reihen <strong>und</strong> ihre Sätze so verkürzen. Ein Gespräch<br />

zwischen einem Schüler <strong>und</strong> einem älteren Herrn <strong>mit</strong> einer<br />

Broca-Aphasie hingegen zeigte, dass der Schüler „ganz normal“<br />

<strong>mit</strong> diesem Mann sprach <strong>und</strong> seine Sätze nicht verkürzte. Der<br />

Schüler gab allerdings kleinere Hilfestellungen: Beispielsweise<br />

stellte er viele Fragen, die der Klient nur <strong>mit</strong> „Ja“ oder „Nein“<br />

oder einem einzigen anderen Wort beantworten konnte (z. B. die<br />

Frage nach dem nächsten Fußballspiel oder nach dem Gegner der<br />

deutschen Mannschaft). Denn dem Klienten fiel es aufgr<strong>und</strong> seiner<br />

Erkrankung schwer, ganze Sätze zu bilden. Trotzdem konnte er<br />

sich so aktiv am Gespräch beteiligen. Natürlich siezte der Schüler<br />

den Klienten auch. Insgesamt gab er ihm das Gefühl, als Erwachsener<br />

<strong>und</strong> Gesprächspartner ernst genommen zu werden, <strong>und</strong><br />

konnte sich so – trotz Sprachproblemen – <strong>mit</strong> ihm über sein<br />

Befinden <strong>und</strong> seine Hobbies unterhalten (Sachweh 1999, S. 209).<br />

Bei Menschen <strong>mit</strong> einer Wernicke-Aphasie ist vor allem das<br />

Sprachverstehen beeinträchtigt, die Aussprache ist einigermaßen<br />

deutlich, aber inhaltlich häufig nicht verständlich (� Die Zusammenarbeit<br />

<strong>mit</strong> den Sprachheilpädagogen/Logopäden, S. iv/45). An<br />

einem Gespräch zwischen einer Altenpflegerin <strong>und</strong> einer älteren<br />

Frau <strong>mit</strong> diesem Typ der Aphasie machte die Sprachwissenschaftlerin<br />

Sachweh folgende Beobachtungen: Die Mitarbeiterin versuchte,<br />

die Tonhöhe der Klientin zu interpretieren, um zu wissen,<br />

wann diese einen Satz beendet. Sie sprach <strong>mit</strong> der alten Dame<br />

über die gerade notwendigen Handlungen, obwohl sie nicht genau<br />

wusste, wie viel die Frau davon verstehen konnte. Häufig leitete<br />

sie ihre Sätze <strong>mit</strong> dem Wort „so“ ein, um Aufmerksamkeit zu<br />

erregen („So, Frau Wiedek, jetzt sind Sie schon fertig.“). Auch<br />

wenn die Mitarbeiterin häufig nicht verstehen konnte, was die<br />

Klientin sagen wollte, signalisierte sie ihr, dass sie zuhört<br />

(„mhm“). Bei verständlichen Äußerungen fragte sie nach. Insgesamt<br />

schien sie ein Gespräch vor allem vorzutäuschen, da keine<br />

inhaltliche Verständigung möglich war. Aber die häufige Ansprache<br />

der Klientin <strong>mit</strong> ihrem Nachnamen sollte ihr zumindest<br />

das Gefühl einer richtigen <strong>und</strong> wertschätzenden Unterhaltung<br />

geben (Sachweh 1999, S. 203 f.).<br />

Ein weiteres Beispiel der Untersuchung ist ein Gespräch <strong>mit</strong><br />

einer Frau, die an einer amnestischen Aphasie leidet. Bei dieser<br />

Form können die betroffenen Menschen zwar grammatikalisch<br />

richtige Sätze bilden, ihnen fallen aber häufig die richtigen Wörter<br />

nicht ein (� Die Zusammenarbeit <strong>mit</strong> den Sprachheilpädagogen/<br />

Logopäden, S. iv/45). Im Gespräch <strong>mit</strong> der betreffenden Frau ließ<br />

ihr der Mitarbeiter viel Zeit zu antworten, da<strong>mit</strong> sie sich nicht<br />

unter Druck gesetzt fühlte. Er forderte sie sogar ausdrücklich auf,<br />

sich Zeit zu lassen. Manchmal versuchte er, ihre Wörter zu erraten<br />

<strong>und</strong> ihr eine Lösung anzubieten. Offensichtlich falsch verwendete<br />

Wörter akzeptierte er entweder durch Bestätigung oder<br />

1/9 KDA-<strong>Qualitätshandbuch</strong> <strong>Leben</strong> <strong>mit</strong> <strong>Demenz</strong>

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