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DER KONSTRUKTEUR 9/2021

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WERKZEUGMASCHINEN<br />

gilt deshalb als sicher, dass sich ähnliche Entwicklungen auch in<br />

unserem Bereich vollziehen werden. Stand heute sind wir noch<br />

sehr weit von Autonomie in der Produktion entfernt.<br />

NICOLE STEINICKE: Vor welchen fertigungstechnischen<br />

Herausforderungen stehen Komponentenhersteller heute?<br />

PROF. DENKENA: Tatsächlich sehe ich da sehr viele. Eine<br />

wichtige ist sicherlich die zunehmende Variantenvielfalt in der<br />

Fertigung und die abnehmenden Losgrößen. Die Komponentenhersteller<br />

suchen deshalb Maschinen, die sich mit geringstem<br />

Aufwand rüsten lassen oder dies idealerweise per Steuerung<br />

selbst durchführen.<br />

NICOLE STEINICKE: Sicher gibt es auch völlig neue Ansätze<br />

in der Metallbearbeitung, die noch in der Entwicklungsphase<br />

sind. Ein Beispiel ist die teilautonome Fertigung. Können Sie<br />

uns dies näher erläutern?<br />

PROF. DENKENA: Natürlich! Wir arbeiten beispielsweise seit<br />

einigen Jahren daran, dass Maßabweichungen bei der<br />

Zerspanung durch die Maschine erkannt und selbständig ausgeglichen<br />

werden. Hierzu verwenden wir neue strukturintegrierte<br />

Sensoren und modellgestützte Algorithmen. Andere<br />

Arbeiten fokussieren Prozessüberwachungssysteme, die nicht<br />

mehr zeitaufwändig parametriert werden müssen. Mit Partnern<br />

aus der Wirtschaft arbeiten wir auch bereits an der Umsetzung.<br />

NICOLE STEINICKE: Welche Rolle spielen diese Entwicklungen<br />

für Konstrukteure und Entwickler? Denn die schnellen technischen<br />

Veränderungen im Zusammenhang mit Industrie 4.0<br />

verlangen doch sicher auch neue Kompetenzen.<br />

PROF. DENKENA: Grundsätzlich wird es auch weiterhin darum<br />

gehen, die mechanischen Eigenschaften von Werkzeugmaschinen,<br />

wie die statischen und dynamischen Steifigkeiten oder das<br />

thermische Verhalten, günstig zu gestalten. Allerdings brauchen<br />

die Hersteller auch kreative Köpfe für Sensorik und Steuerungstechnik,<br />

die Zerspanprozesse im Detail verstehen und im Team<br />

mit anderen die oben skizzierten Ansätze entwerfen und bis zur<br />

Serienreife bringen.<br />

INNOVATIONEN AKTIV MITGESTALTEN<br />

Das IFW beschäftigt sich mit sämtlichen Aspekten der<br />

spanenden Fertigungstechnik: vom Zerspanprozess über<br />

die Maschinenentwicklung bis zur Fertigungsplanung.<br />

Das Spektrum reicht von der Grundlagenforschung bis<br />

hin zu experimentellen, theoretischen und simulationsgestützten<br />

Methoden. Unternehmen können sich<br />

beispielsweise im Rahmen von Verbundprojekten als<br />

aktive Forschungspartner mit eigenem Forschungsauftrag<br />

oder auch als Begleiter eines Projekts einbringen<br />

und so an zukunftsweisenden Entwicklungen teilhaben.<br />

Zudem können Interessenten – gefördert durch das<br />

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) –<br />

ihre Forschungsaktivitäten im IFW bündeln: Industrielle<br />

Gemeinschaftsforschung (IGF). Als Forschungsauftrag<br />

und Dienstleistungsprojekte entwickelt das IFW auch<br />

maßgeschneiderte Lösungen für Unternehmen.<br />

NICOLE STEINICKE: Welchen Stellenwert hat die Datenerfassung<br />

und -analyse für Werkzeugmaschinenhersteller?<br />

PROF. DENKENA: Dies sind ganz integrale Befähiger für die<br />

obengenannten Entwicklungstendenzen, egal ob sie<br />

konventionelle Steuerungstechnik betreiben oder ob sie<br />

sich einer der vielen KI-Methoden bedienen.<br />

NICOLE STEINICKE: Das Erreichen der Klimaziele ist auch<br />

für Werkzeugmaschinenhersteller ein wichtiges Thema.<br />

Wie denken Sie kommen wir in Richtung Effizienz einen<br />

Schritt weiter?<br />

PROF. DENKENA: Hier stellen wir eine deutlich zunehmende<br />

Motivation der Werkzeugmaschinenhersteller fest. Bei dem<br />

CO 2<br />

-Fußabdruck der Maschinenproduktion hat einer der<br />

großen deutschen Werkzeugmaschinenhersteller bereits die<br />

DIE GROSSEN FERTIGUNGSTECH-<br />

NISCHEN HERAUSFOR<strong>DER</strong>UNGEN<br />

SIND DIE ZUNEHMENDE VARIANTEN-<br />

VIELFALT IN <strong>DER</strong> FERTIGUNG UND<br />

DIE ABNEHMENDEN LOSGRÖSSEN<br />

CO 2<br />

-Neutralität erreicht. Aber auch bei der Anwendung der<br />

Maschinen gibt es noch extrem hohe Potenziale, beispielsweise<br />

in der bedarfsgerechten Steuerung der Maschinenperipherie<br />

wie Kühlschmierstoffanlagen, Kühleinrichtungen oder<br />

ähnlichem. Die Forschung hat viele dieser Potenziale<br />

bereits aufgezeigt.<br />

NICOLE STEINICKE: Werfen wir noch einen Blick in die<br />

Maschine, in der hydraulische Spannsysteme zunehmend<br />

durch pneumatische oder elektrische ersetzt werden. Welche<br />

Entwicklungen spielen eine zunehmend wichtige Rolle?<br />

PROF. DENKENA: Insbesondere die elektrischen Spannsysteme<br />

sind interessant, denn einiges spricht gegen Hydraulik. Im IFW<br />

haben wir beispielsweise schon vor mehreren Jahren ein hochinnovatives<br />

und sehr leistungsfähiges elektrisches Spannsystem<br />

entwickelt und in Langzeitversuchen getestet. Leider musste<br />

dieses aufgrund der höheren Systemkomplexität teurer angeboten<br />

werden als ein vergleichbares hydraulisches System. Aus<br />

diesem Grund hat sich die Innovation leider nicht durchgesetzt.<br />

Ich vermute deshalb sehr stark, dass wir in der Breite noch viele<br />

Jahre mit Hydraulik leben werden.<br />

NICOLE STEINICKE: Werfen wir noch einen Blick in die<br />

Zukunft. Woran wird in kurzen Sätzen gerade geforscht – am<br />

IFW und/oder gemeinsam mit Partnern aus der Industrie?<br />

PROF. DENKENA: Ein sehr großes Thema ist die Anwendung<br />

von künstlicher Intelligenz in Werkzeugmaschinen. Hierbei<br />

ist mir aber immer wichtig zu betonen, dass wir zunächst die<br />

„low hanging fruits“ dieser Technologie ernten müssen, um uns<br />

danach schrittweise zu den komplexeren Themen vorarbeiten<br />

zu können.<br />

Das Interview führte Dipl.-Ing. (FH) Nicole Steinicke, Chefredakteurin.<br />

Bilder: Aufmacher czdistagon@rambler.ru – stock.adobe.com, Porträt 01 IFW<br />

www.ifw.uni-hannover.de<br />

www.derkonstrukteur.de <strong>DER</strong> <strong>KONSTRUKTEUR</strong> <strong>2021</strong>/09 75

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