altlandkreis - Das Magazin für den westlichen Pfaffenwinkel - Ausgabe Januar/Februar 2022
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Mit Kranzlerpaar, Münzenwerfen und Abdanken<br />
Die bayerische Bauernhochzeit<br />
Riegsee | Als Michael und Corina<br />
Krippel Erinnerungsfotos ihrer<br />
Hochzeit auf <strong>den</strong> Tisch legen, sind<br />
sie <strong>den</strong> Tränen nahe. Und wissen<br />
in diesem Moment auch nicht so<br />
recht, was <strong>den</strong>n das Highlight<br />
schlechthin an diesem Bilderbuchtag<br />
im Juni 2018 war. „Weil<br />
es wirklich von Frühmorgens bis<br />
Mitternacht ein wunderschöner<br />
war.“ Und einer mit Vorzeigepotential<br />
<strong>für</strong> all diejenigen, die sich<br />
im Rahmen einer traditionellen<br />
bayerischen Bauernhochzeit das<br />
kirchliche Ja-Wort geben möchten.<br />
Für Michael Krippel, hauptberuflicher<br />
Lederhosen-Macher, war von<br />
vorne herein klar, dass die „Kirchliche“<br />
ein traditioneller Festtag in<br />
„boarischm Gwand“ wer<strong>den</strong> soll.<br />
Aber auch <strong>für</strong> Corina? Sie ist zwar<br />
in Peißenberg, insofern auch auf<br />
dem Land geboren, allerdings in<br />
München, der bayerischen Landeshauptstadt<br />
aufgewachsen, insofern<br />
doch eigentlich prädestiniert<br />
<strong>für</strong> eine moderne Märchenhochzeit<br />
im reinweißen Kleid. „Wollte<br />
ich aber nicht“, sagt sie aus voller<br />
Überzeugung. Einerseits habe ihr<br />
das Bayerisch-Traditionelle schon<br />
immer gefallen. Andererseits lebt<br />
Wie aus dem Bilderbuch: Michael und Corina Krippel mit ihren Töchtern<br />
Fritzi und Vevi, fesch eingekleidet in historischer Tracht.<br />
sie schließlich mit ihrem Michi<br />
und <strong>den</strong> gemeinsamen Töchtern<br />
Fritzi und Vevi seit einigen Jahren<br />
im idyllischen 400-Seelen-Dorf<br />
Riegsee – ein Ort, in dem man<br />
sich nicht nur kennt und freundlich<br />
grüßt, sondern zusammenhält,<br />
sich gegenseitig hilft. Die<br />
Basis <strong>für</strong> dieses gute Miteinander<br />
sind wiederum Vereine wie Feuerwehr<br />
und Trommlerzug, in <strong>den</strong>en<br />
auch Michael Krippel seit vielen<br />
Jahren aktiv dabei ist. Insofern war<br />
<strong>für</strong> beide klar, dass ihre kirchliche<br />
Hochzeit ein traditioneller Festtag<br />
<strong>für</strong> Familie, Freunde, Bekannte<br />
und Vereinskollegen wer<strong>den</strong> soll.<br />
Allerdings schon eine, die zu Michael<br />
und Corina passt. Insofern<br />
haben sich die bei<strong>den</strong> <strong>für</strong> eine traditionelle<br />
bayerische Bauernhochzeit<br />
mit einem Hauch Moderne<br />
entschie<strong>den</strong>. Und somit <strong>den</strong> Kopf<br />
des Nagels ihres beruflichen wie<br />
privaten Lifestyles voll getroffen.<br />
Gehrock aus der<br />
Biedermeierzeit<br />
Corina hat sich ein originelles,<br />
mintgrün-graues Dirndl mit langen<br />
Ärmeln schneidern lassen.<br />
Dazu eine rosafarbene Schürze<br />
mit weißem Muster. Ihr farblich<br />
zum Dirndl passender, moderner<br />
mittelhoher Stöckelschuh steht<br />
dagegen exemplarisch <strong>für</strong> die Frau<br />
mit Großstadthintergrund. Ebenso<br />
die nach hinten gerichtete, lediglich<br />
dezent geflochtene Steckfrisur,<br />
frei und ohne Trachtenhut getragen.<br />
Die traditionelle Kropfkette<br />
um ihren Hals zeigt dagegen wiederum<br />
das traditionell Bayerische.<br />
Und Michael Krippel? Der hat sich<br />
ganz bewusst gegen einen klassischen<br />
forstgrünen Trachtenanzug<br />
entschie<strong>den</strong>, weil er, bei aller Traditionsverbun<strong>den</strong>heit,<br />
kein aktiver<br />
Trachtler ist, obendrein schon immer<br />
offen <strong>für</strong> Neues war. „Außerdem<br />
steht mir der gerade, weite<br />
Schnitt eines klassischen Trachtenanzugs<br />
nicht.“ Die Lösung: Ein<br />
von einer Herrenschneiderin maßgefertigtes<br />
Gewand, wie es Großbauern<br />
Ende des 18. Jahrhunderts<br />
getragen haben und wie es Michi<br />
Krippel beim Blick an die örtliche<br />
Kirchendecke entdeckte. Damit gemeint:<br />
Ein braunfarbiger Gehrock<br />
mit Taille, angelehnt an die Stilistik<br />
der Biedermeierzeit zwischen<br />
1815 und 1848. Ein zu Corinas<br />
Dirndl passendes, grünes Gilet.<br />
Darunter ein reinweißes Hemd mit<br />
ebenfalls grünem Plissee-Tuch als<br />
Krawatte. Und ein trachtenähnlicher,<br />
brauner Hut aus Hasenhaar,<br />
handgefertigt von Hutmacher Leonhard<br />
Wolf aus dem benachbarten<br />
Murnau-Weindorf. Außerdem<br />
eine schwarze, etwas weiter geschnittene<br />
Nadelstreifenhose und<br />
dazu schwarzlederne Haferlschuhe<br />
mit Absatz.<br />
In diesen feschen, maßgeschneiderten<br />
Gewändern sind Michael<br />
und Corina Krippel dann Hand in<br />
Hand aus ihrer Wohnung hinaus<br />
und die Straße hinab spaziert. Und<br />
zwar gemeinsam mit ihren Töchtern,<br />
damals vier und fünf Jahre<br />
jung und ebenfalls in prachtvoller,<br />
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