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David Copperfield lebte von dem Image „Gigant<br />

Illusionist“, das von einer amerikanischen PR-Ma-<br />

schinerie sorgfältig aufgebaut und gepflegt wur-<br />

de. Der Magier machte die Zauberei salonfähig,<br />

befreite sie vom Beigeschmack der Jahrmarkt-Attraktionen,<br />

von der durchsäbelten Jungfrau und<br />

dem Kaninchen im Zylinder. Mit spektakulären<br />

TV-Sendungen wurde er zum Zauberstar, spazierte<br />

durch die Chinesische Mauer, ließ die New<br />

Yorker Freiheitsstatue verschwinden und zauberte<br />

einen 70-Tonnen Speisewagen des „Orient-Express“<br />

aus einem engen Kreis staunender Zuschauer.<br />

Am Vorabend eines „Claudia-Schiffer-Showdown“<br />

in der Arena Oberhausen lud ich Nicole Cavanaugh<br />

− eine der Tour-Assistentinnen in der Produktionsleitung<br />

− zum Essen in das Restaurant<br />

„Veneto“ neben der Arena ein. Ich hatte mich in<br />

den vergangenen zehn Tourneetagen mit der<br />

schlanken Texanerin angefreundet, da wir täglich<br />

mit der Platzierung der Pressemeute und der Ausgabe<br />

von Text- und Fotomaterial an die Medien<br />

zusammen arbeiteten. Nach Spaghetti Von-<br />

gole, Piccata Milanese, Prosecco und Pinot Grigio<br />

löste sich zu später Stunde die Zunge der DC-Mitarbeiterin.<br />

Durch ihre persönlichen Eindrücke war<br />

sie geradezu sicher, dass von Liebe zwischen David<br />

und Claudia − geschweige von Treue des Zau-<br />

berers − nun wirklich nicht die Rede sein konnte.<br />

„Nicht selten trifft man Damen, die der Meister<br />

aus dem Publikum abends zur Assistenz auf die<br />

Bühne geholt hatte, morgens im Hotel beim Frühstück<br />

an“, plauderte Nicole. „Vor der Show sortieren<br />

DC- Assistentinnen im Publikum die Ladies<br />

schon aus, die in das Beuteschema des Magiers<br />

passen und platzieren sie zwecks Einladung auf<br />

die Bühne in der ersten Reihe.“<br />

Hektik bei den Fotografen rund um die Arena<br />

Oberhausen. Ich hatte den Auftrag, gezielt und<br />

„streng vertraulich“ die Information zu streuen,<br />

„am 18. November erwartet Copperfield<br />

seine Claudia zur Abendschau“.<br />

Und sie kam tatsächlich – mit zwei<br />

Mercedes-Limousinen, direkt und ohne<br />

Stop in den hinteren Parkbereich der<br />

Backstage-Area. Vater, Mutter, Schwester<br />

Ann-Carolin und das Model Schiffer<br />

plus Freundinnen marschierten<br />

ohne Umweg direkt auf ihre Plätze in<br />

der ersten Reihe. Heidi Gross, die ältliche<br />

Managerin Claudias, hatte zuvor<br />

angeordnet: ein Agentur fotograf<br />

für zehn Minuten nach der Show in<br />

Copperfields Garderobe. „Der Wille<br />

der Götter geschehe“, dachte ich<br />

und zog nach der Show, begleitet von<br />

zwei DC-Securities, mit dem dpa-Fotografen<br />

zur Garderobe des Stars.<br />

Dreißig Minuten vor der Tür warten,<br />

dann huldvoller Einlass mit der Anweisung<br />

„keine Kommandos für gewünschte<br />

Fotomotive!“ Motiv 1: DC<br />

und Claudia lächelnd auf der<br />

Couch. Motiv 2: DC mit Claudia<br />

stehend Arm in Arm. Motiv 3: DC<br />

umrahmt von der Familie Schiffer.<br />

hoffmanns erzählungen � quadrat 12/2012 55<br />

Nach knapp fünf Minuten „Thanks, good-bye!“<br />

und raus. Mehr „Verlobten-Fotos“ gab es auf der<br />

ganzen Tournee nicht. Für den späteren kleinen Imbiss<br />

beim Edel-Italiener neben der Arena klebten<br />

DC-Tourneehelfer die Fenster mit Zeitungspapier<br />

unteRlassen sie es, unaufgefoRdeRt misteR dc anzusPRecHen!<br />

Bei zuwideRHandlungen VeRtRagsstRafe Von 15.000 dollaR<br />

zu, damit es keine Paparazzi-Schnappschüsse<br />

vom familiären Nudelessen geben konnte. Kurz<br />

nach Mitternacht rollte der Schiffer-Clan inklusive<br />

Claudia zurück ins nahegelegene heimatliche<br />

Rheinberg.<br />

„Glaubst du immer noch an die große Liebe vom<br />

Magier und dem Model?“ fragte mich am nächsten<br />

Tag Nicole. „Ich war ja in Berlin dabei, als für eine<br />

Gala David Copperfield und Frau Schiffer vertraglich<br />

zum Schaulaufen verpflichtet waren. Mit dem<br />

Presserummel um das neue Glitzerpaar begann<br />

dann auch endlich die Zauberschau des Copperfield<br />

in Deutschland zu laufen. Der gigantische Image-<br />

Transfer machte DC an der Seite von Deutschlands<br />

schönster Frau zur Schlagzeile. Denn vorher war<br />

er ja fast unbekannt und nicht gerade sehr erfolgreich<br />

durch deutsche Säle getingelt“.<br />

Der Absturz der Magic-Man-Legende fand am<br />

16. Dezember 1989 in der Münchener Olympiahalle<br />

statt. Über zehn Jahre hatte der trickreiche<br />

John Gaughan für Copperfield die Final-Attraktion<br />

„Flying Illusion“ entwickelt. Das bestgehütete<br />

Geheimnis begann mit einem Trommelwirbel im<br />

halbdunklen Bühnenrund. Tief-schwarzer Hinter-<br />

grund, DC im schwarzen Anzug mit weißem T-Shirt.<br />

Ein paar Trippelschritte, ausgebreitete Arme, lang-<br />

sam stieg Copperfield in die Höhe. Lautes Staunen<br />

im Publikum. Immer höher, mit Bombastklängen<br />

untermalt, flog der Magier unter der Hallendecke<br />

hin und her. Lauter Aufschrei aus 8.000 Kehlen.<br />

Kopfüber zappelnd wie eine Schmeiß fliege im<br />

Spinnennetz hing Copperfield plötzlich über der<br />

Bühne. Arbeitslicht auf der Plattform ließ die für<br />

den „Zauber-Flug“ notwendigen vielen dünnen<br />

Drahtseile und Rollen erkennen, als Helfer den<br />

Magier abseilten. Totenstille! Die größte Illusion<br />

des größten Illusionisten war in Sekunden entzaubert.

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