2-2022
Fachzeitschrift für Elektronik-Produktion - Fertigungstechnik, Materialien und Qualitätsmanagement
Fachzeitschrift für Elektronik-Produktion - Fertigungstechnik, Materialien und Qualitätsmanagement
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Dienstleistung<br />
Über die TQ-Group:<br />
Die TQ-Group wurde 1994 als 2-Mann-Unternehmen gegründet<br />
und besteht heute aus rund 1.700 Mitarbeitern an 15 Standorten<br />
in Deutschland, der Schweiz, den USA und in China. Als einer<br />
der größten Technologiedienstleister und Elektronik-Spezialisten in<br />
Deutschland realisiert die TQ-Group maßgeschneiderte und innovative<br />
Lösungen für die unterschiedlichsten Branchen, sowohl im<br />
Hardware- wie auch im Softwarebereich – von der Entwicklung, Produktion<br />
und weiteren Dienstleistungen bis hin zum Produktlebenszyklusmanagement.<br />
weile produktiv eingesetztes Planungs-Tool<br />
zur Anwendung, das<br />
die Methode des Reinforced Learnings<br />
nutzt. Außerdem wird ein<br />
eigens dazu entwickelter Algorithmus<br />
eingesetzt, der sich aus den für<br />
den optimalen Fertigungsmix relevanten<br />
Vergangenheitsdaten der<br />
SMD-Fertigung speist. Dieser Algorithmus<br />
bringt es sich selbst bei, wie<br />
eine optimale Maschinenbelegung<br />
aussieht. Im Falle von TQ wurden<br />
historische Auftrags- und maschinenbezogene<br />
Daten aus über fünf<br />
Jahren bereitgestellt, um damit den<br />
Algorithmus zu trainieren und dessen<br />
Vorhersagen und Ergebnisse<br />
zu optimieren.<br />
Mit KI in der Produktion<br />
gelingt es, die Wettbewerbsfähigkeit<br />
zu verbessern. Das zeigt ein<br />
Beispiel aus der SMT-Fertigung, bei<br />
dem Machine Learning ein enormes<br />
Einsparpotenzial in der Bearbeitungszeit<br />
ermöglicht, indem es in<br />
der Feinplanung des Fertigungsprozesses<br />
zum Einsatz kommt: In<br />
weniger als 15 min übernimmt das<br />
Programm vollautomatisiert den<br />
gesamten Vorrat an Produktionsdaten<br />
aus SAP und überführt diesen<br />
automatisiert in eine optimale<br />
Fertigungsreihenfolge inklusive Linienzuordnung,<br />
Schichtplanung und<br />
Rüstreihenfolge. Manuell betrieben<br />
dauert das mehrere Stunden<br />
pro Fertigungsstandort.<br />
Der Schlüssel zum Erfolg ist hier<br />
die durch KI mögliche genaue Vorhersage<br />
der Fertigungsdauer einzelner<br />
Aufträge auf den unterschiedlichen<br />
Linien. Das ist besonders<br />
wichtig, da verschiedene Linien die<br />
Leiterplatten unterschiedlich schnell<br />
bestücken können. Der Grund ist,<br />
dass jede Linie aus unterschiedlichen<br />
Bestückern mit verschiedenen<br />
Bestückungsköpfen besteht.<br />
Bemerkenswert ist auch die Fähigkeit<br />
von KI, aus einer (fast) unendlichen<br />
Anzahl von Kombinationsmöglichkeiten<br />
in kurzer Zeit optimierte<br />
Lösungen zu finden. Dadurch lassen<br />
sich nicht nur bessere Ergebnisse<br />
erzielen, sondern auch viel<br />
Zeit einsparen. Dies macht sich<br />
besonders in der Linienbelegung<br />
bemerkbar, bei der eine große<br />
Anzahl an Randbedingungen die<br />
manuelle Belegung sehr zeitaufwändig<br />
gestaltet und viel Know-how<br />
des Planers nötig ist. Unabhängig<br />
vom Wissensstand kann durch den<br />
Einsatz von KI jeder Mitarbeiter die<br />
Planung durchführen.<br />
Um die Einbindung von KI in<br />
Produktionsumgebungen erfolgreich<br />
umzusetzen, gilt es, ähnlich<br />
wie beim Einsatz der Robotik, dem<br />
Change Management als wichtigste<br />
Säule im Implementierungsprozess<br />
ausreichend Aufmerksamkeit zu<br />
widmen. Diese Vorgehensweise<br />
empfiehlt sich bei jeder Form der<br />
Automatisierung. Dabei kommt es<br />
darauf an, sowohl die KI-Experten<br />
als auch die Produktionsprozessexperten<br />
im Unternehmen für eine<br />
gemeinsame Lösung zu begeistern<br />
und den Knowhow-Transfer sicherzustellen.<br />
Ein wesentlicher Aspekt<br />
zu Beginn eines Projekts ist, dass<br />
die Mitarbeiter einbezogen werden<br />
und an der Lösung teilhaben.<br />
KI in der Qualitätskontrolle<br />
sorgt für präzise Vorhersagen und<br />
Zeiteinsparung. Beispielsweise prüft<br />
TQ die Qualität von Elektromotoren<br />
mithilfe von KI. Der Anspruch an die<br />
Motoren ist dabei, dass diese 100 h<br />
fehlerfrei laufen. Als „gut“ eingestuft<br />
wird der Motor, wenn die Effizienz<br />
nach 3 h 73% oder mehr beträgt.<br />
Die dafür nötigen Prüfumfänge und<br />
auch die Prüfzeiten ließen sich durch<br />
maschinelles Lernen enorm reduzieren,<br />
und TQ konnte sehr viel präzisere<br />
Ergebnisse erzielen. Erreicht<br />
wurde dies durch die sogenannte<br />
Supervised-Learning-Methode, bei<br />
der der Algorithmus mit „Gut“- und<br />
„Schlecht“-Mustern trainiert wird.<br />
Auch hier gilt: Je größer der Pool<br />
an Trainingsdaten, desto präziser<br />
und schneller arbeitet der Algorithmus<br />
später im produktiven Einsatz.<br />
Mit steigender Anzahl an geprüften<br />
Motoren und damit einem stetig<br />
größer werdenden Pool an Trainingsdaten<br />
kann der Algorithmus<br />
immer früher „gut“ von „schlecht“<br />
unterscheiden – bei gleicher Vorhersagegenauigkeit.<br />
Vom Prinzip<br />
her entspricht das einem automatischen<br />
kontinuierlichen Verbessern<br />
der Endprüfung von Produkten ohne<br />
Eingriff des Mitarbeiters.<br />
Zusätzlicher Nutzen von KI<br />
lässt sich im EMS-Bereich ausmachen.<br />
Die zuvor beispielhaft<br />
beschriebenen Methoden lassen<br />
sich auf den gesamten Produktionsprozess<br />
ausweiten und nahtlos<br />
in bestehende Arbeitsprozesse einbinden.<br />
Somit beinhaltet die Integration<br />
von KI in Manufacturing Execution<br />
Systeme (MES) das größte,<br />
noch zu erschließende Potenzial.<br />
Die gesammelten Daten im<br />
Bereich der Elektronikfertigung in<br />
Unternehmen kann man auch noch<br />
anderweitig nutzen. So lassen sich<br />
Daten aus der Reparatur beschädigter<br />
Baugruppen für die schnellere<br />
Fehlersuche bei künftigen Reparaturen<br />
verwenden oder die defekten<br />
Bauelemente schneller finden.<br />
Ein weiterer Mehrwert firmeninterner<br />
KI entsteht durch die Auswertung<br />
von Kundendaten. Zum<br />
Beispiel können Abnahmeschwankungen<br />
der Kunden bedingt durch<br />
saisonale Einflüsse oder branchenübliche<br />
Unsicherheiten in die Planung<br />
der Produktionsprozesse, insbesondere<br />
der KI-gestützten Feinplanung<br />
mit einfließen. Dadurch lassen<br />
sich Liefertreue und Kundenzufriedenheit<br />
ausbauen.<br />
Fazit<br />
Es lässt sich zusammenfassen,<br />
dass für die Prozessoptimierung in<br />
der Elektronikfertigung KI-gestützte<br />
Anwendungen ein enormes Potenzial<br />
für Effizienz- und Effektivitätssteigerungen<br />
bereithalten. Daher<br />
nimmt bei TQ der schrittweise und<br />
systematische Einsatz von KI einen<br />
elementaren Stellenwert in der mittel-<br />
bis langfristigen Produktionsstrategie<br />
ein. ◄<br />
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