Melange No25
Melange No25 - das Magazin im Süden Bayerns
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Team Orange<br />
„Mit dem Team ORANGE<br />
ist es uns gelungen,<br />
immens wichtige soziale<br />
Themen unserer Patientinnen<br />
und Patienten aufzufangen.“<br />
Die Pflegepraxis muss sich natürlich an festen Vorgaben, Strukturen<br />
und Abläufen orientieren. Dennoch müssen wir diese Vorgaben,<br />
Strukturen und Prozesse hinterfragen. Am Ende des Tages geht es<br />
um eine bestmögliche, effektive und gerechte Patientenversorgung.<br />
Hier können wir unterstützen und Hilfestellungen anbieten. An dieser<br />
Stelle müssen sich Wissenschaft und Praxis zusammenraufen und<br />
sowohl Erfahrung und Intuition, als auch aktuelle Forschungserkenntnisse<br />
in den Blick nehmen.<br />
Die Stabsstelle Pflegewissenschaft soll eine Unterstützung für die<br />
Kolleginnen und Kollegen in Sachen aktuelles Wissen sein. Natürlich<br />
wird es auch Situationen geben, in denen die Pflegewissenschaft<br />
neue Ideen, Konzepte und Verfahren implementieren möchte oder<br />
aufgrund von rechtlichen Vorgaben einführen muss.<br />
Ich hoffe, dass es uns gelingt, auch hier als Innovator und Begleiter<br />
wahrgenommen zu werden.<br />
Pflegeeinrichtungen gelten. Ich versuche das an einem Beispiel festzumachen:<br />
In der entsprechenden Leitlinie gibt es die Empfehlung,<br />
zur Therapie des Delirs (siehe Kasten) sogenannte nicht-medikamentöse<br />
Maßnahmen einzusetzen. Das ist eine recht lange Liste an<br />
Möglichkeiten, die dafür grundsätzlich in Frage kommen. Eine der<br />
Maßnahmen ist es, den Patientinnen und Patienten Ohrstöpsel und<br />
Pflegewissenschaft - Was ist das eigentlich<br />
Wie können Ihrer Meinung nach die Patientinnen und Patienten von<br />
einer Pflegewissenschaftlichen Stabsstelle profitieren?<br />
FB: Unser Ziel ist es, einen Beitrag zur bestmöglichen pflegerischen<br />
Versorgung zu leisten. Leitlinien geben Empfehlung und Expertenstandards<br />
machen Vorgaben, wie eine bestmögliche Patientenversorgung<br />
aussieht. Leitlinien und Expertenstandards sind aber so geschrieben,<br />
dass diese für möglichst viele Krankenhäuser und<br />
Schlafbrillen anzubieten und damit einen ruhigeren Schlaf zu ermöglichen.<br />
Das ist noch recht einfach umsetzbar. Schwieriger umzusetzen ist da<br />
schon der Hinweis, dass „kognitive Stimulation“ hilfreich ist.<br />
Was versteht man darunter? Was brauche ich dafür? Es handelt sich<br />
dabei um eine Vielzahl von Aktivitäten, die sich auf das Denken und<br />
das Gedächtnis auswirken. Puzzles, Musik, oder Bilder kommen hier<br />
in Frage. Auch Gespräche zu Themen, die den Menschen interessieren,<br />
können hilfreich sein.<br />
Hier ist die Orientierung an der individuellen Biografie ein zentrales Prinzip.<br />
Mit den Kolleginnen und Kollegen vom „Team Orange“ haben wir<br />
Expertinnen und Experten im Bereich Delir und Demenz, die auf diese<br />
speziellen Situationen eingehen können. Im Endeffekt geht es darum,<br />
einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess mitzugestalten. Am Ende<br />
werden Patientinnen und Patienten von diesen Neuerungen und Weiterentwicklungen<br />
profitieren.<br />
Pflegewissenschaft und deren<br />
Auswirkung auf die Patientenversorgung<br />
Das Team ORANGE zeigt, wie ein wissenschaftlich fundiertes Konzept<br />
in die Pflegepraxis implementiert wurde. Seit dem 1. Juli 2022<br />
werden vom Team ORANGE vor allem Menschen mit altersbedingten<br />
und chronischen Erkrankungen, Wahrnehmungs- und Angststörungen,<br />
Depressionen und Einsamkeit oder auch kognitiven und<br />
kommunikativen Einschränkungen betreut. Ziel ist es, die Versorgung<br />
dieser Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf in<br />
der BG Unfallklinik Murnau zu verbessern.<br />
„Vulnerable Menschen haben besondere Bedürfnisse. Mit dem Team<br />
ORANGE ist es uns gelungen, mit einem neuen, professionellen Ansatz<br />
nicht nur die medizinische und klinische Versorgung bis hin zur<br />
Therapie, Mobilisierung und optimaler Pflege interdisziplinär zu gewährleisten,<br />
sondern künftig auch immens wichtige ‚weiche‘ soziale<br />
Themen unserer Patientinnen und Patienten aufzufangen“, erklärt<br />
Pflegedirektorin Christina Sterk die neuen Aufgaben.<br />
Und weiter: „Entsprechend des nationalen Expertenstandards der<br />
Pflege wird das Team qualifiziert und gleichzeitig wertschätzend,<br />
personenzentriert und beziehungsorientiert handeln.“<br />
ORANGE steht für Orientierung, Aktivierung, Nähe, Gemeinsamkeit<br />
und Entwicklung. Das Team ORANGE gibt wertvolle Orientierungshilfen,<br />
unterstützt Aktivierung, leistet einen wichtigen Beitrag zur<br />
Prävention von Überforderungsreaktionen oder Komplikationen wie<br />
einem Delir und unterstützt so Patientinnen und Patienten während<br />
des Klinikaufenthalts.<br />
Journal Club Für das Jahr 2023 ist die Einführung<br />
eines sog. Journal Club in der Pflege geplant. Ergebnisse von wissenschaftlichen<br />
Forschungsarbeiten und Studien werden in Fachzeitschriften<br />
(sog. Journals) veröffentlicht. Diese Ergebnisse werden<br />
in einem Journal Club vorgestellt, diskutiert und beispielsweise auf<br />
die Übertragbarkeit in die BG Unfallklinik Murnau überprüft.<br />
Neben der Vermittlung von Fachwissen können Journal Clubs so<br />
dazu beitragen, übliche Abläufe und Prozesse zu hinterfragen und<br />
neue Ansätze in die Pflegepraxis zu integrieren.<br />
Unser Kollege Tim Schankweiler hat sich an der Erarbeitung dieses<br />
Konzeptes, das auch in anderen BG-Kliniken angeboten wird, beteiligt.<br />
Die Teilnahme an den Veranstaltungen wird allen Pflegenden<br />
der BG Unfallklinik Murnau offenstehen und soll auch die Vernetzung<br />
und den fachlichen Austausch untereinander fördern.<br />
BG UNFALLKLINIK MURNAU<br />
Pflegewissenschaft aus Sicht<br />
des Pflegemanagements<br />
Pflege im Klinikalltag bedeutet Patientenversorgung aus verschiedenen<br />
Blickwinkeln. Wesentliche Bausteine sind zum Beispiel die<br />
Beziehungsgestaltung zwischen Pflegefachkraft und den Patienten,<br />
Beratung sowie die Planung, Durchführung und Evaluation des Pflegeprozesses.<br />
Pflegefachkräfte verfügen über eine hohe Fachexpertise<br />
und einen großen Schatz an Erfahrungswissen.<br />
Die Pflegewissenschaft setzt sich sehr gezielt mit den unterschiedlichsten<br />
Themen in der pflegerischen Versorgung der Patientinnen<br />
und Patienten, mit der Arbeitsumgebung im pflegerischen Handeln<br />
und vielen weiteren Aspekten auseinander.<br />
Typische Fragestellungen sind: Wie schätzen Pflegende ihren Arbeitsalltag<br />
ein und welche Veränderungen gab es durch die Pandemie?<br />
Welche Hilfestellungen und welchen Unterstützungsbedarf<br />
haben Menschen mit Querschnittlähmung, um das Auftreten eines<br />
Dekubitus zu verhindern?<br />
Die Aufgabe der pflegewissenschaftlichen Mitarbeitenden als auch<br />
der pflegewissenschaftlichen Stabstelle in der BG Unfallklinik Murnau<br />
ist es, aus den Ergebnissen solcher Fragestellungen relevante und<br />
praxistaugliche Veränderungen herauszuarbeiten, diese in der Praxis<br />
umzusetzen und erlebbar zu machen. Zukünftig sollen unsere akademischen<br />
Pflegekräfte auch Daten erheben, um zusammen mit den<br />
Führungskräften Verbesserungsmaßnahmen für unsere Patientinnen<br />
und Patienten abzuleiten.<br />
Dies verdeutlicht ein Beispiel zum Thema Sturz im Krankenhaus: Es<br />
gibt diverse Maßnahmen im Krankenhaus, um Stürze zu vermeiden.<br />
Trotzdem ist es nicht komplett auszuschließen, dass Patienten stürzen.<br />
Die Aufgabe der Pflegewissenschaft ist es nun zu überprüfen:<br />
Wann stürzt die Patientin oder der Patient? Zu welcher Tageszeit? In<br />
welcher Situation, im Bad, vor dem Bett? Gibt es beeinflussende Faktoren<br />
wie bestimmte Medikamente? Auf der Basis der Auswertung<br />
dieser Fragen, gilt es im nächsten Schritt zu bewerten, was weiter<br />
zu Vermeidung von Stürzen zu tun ist. Was müssen wir ändern, um<br />
genau in dieser Situation einen Sturz zu vermeiden.<br />
Auch wirtschaftlich zahlt sich die Weiterentwicklung der Pflege aus.<br />
Eine bestmögliche pflegerische Versorgung kann sich beispielsweise<br />
positiv auf die Aufenthaltsdauer im Krankenhaus auswirken.<br />
Pflegewissenschaft wird die Pflege weiter stärken, die Attraktivität<br />
des Berufes positiv beeinflussen, Pflegefachkräfte im Arbeitsalltag<br />
unterstützen, sowie zur Weiterentwicklung und Verbesserung der<br />
Versorgungsqualität beitragen.<br />
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