Das Magazin der Kölner Philharmonie NR. 4 / 2023
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Tribute to<br />
Esbjörn Svensson Trio<br />
Erinnerungen an einen Freund<br />
Als es passierte, stand das Esbjörn Svensson Trio, das alle nur e.s.t.<br />
nannten, auf dem Zenit. Keine an<strong>der</strong>e Band hatte den Jazz in den<br />
Nuller-Jahren <strong>der</strong>maßen vitalisiert, erneuert und aufgemischt, ohne<br />
dabei dessen Fundament zu beschädigen. An<strong>der</strong>thalb Dekaden lang<br />
vollbrachten <strong>der</strong> Pianist Esbjörn Svensson, <strong>der</strong> Schlagzeuger Magnus<br />
Öström und <strong>der</strong> Bassist Dan Berglund ein klangliches Wun<strong>der</strong> nach<br />
dem an<strong>der</strong>en. Wun<strong>der</strong> deshalb, weil sie mit einem erztraditionellen Besetzungsformat,<br />
nämlich dem Pianotrio, sämtliche Schranken nie<strong>der</strong>rissen,<br />
in die sich <strong>der</strong> Jazz im Laufe <strong>der</strong> zurückliegenden Jahrzehnte<br />
selbst gepfercht hatte. Die drei Schweden erreichten eine Klientel, die<br />
den Jazz vorher nicht einmal mit <strong>der</strong> Kneifzange angefasst hätte, bei<br />
<strong>der</strong> aber erstaunlicherweise auch die Jazz-Aficionados alter Prägung<br />
Gnade vor Recht ergehen ließen. Sie seien eine »Rockband, die Jazz<br />
spielt«, lautete einer dieser Sätze, die Esbjörn für die Ewigkeit hinterließ.<br />
Dann kam <strong>der</strong> 14. Juni 2008. Als Esbjörn Svensson bei einem Tauchunfall<br />
tödlich verunglückte, gefror die Welle <strong>der</strong> Euphorie schlagartig zu<br />
Eis. Sein Verlust traf das gerade erst neu vermessene globale Dorf des<br />
Jazz, aber vor allem die alten Kumpel wie ein Keulenhieb. Lähmung,<br />
Entsetzen, Tränen, Schweigen. Ein unverkennbarer grauer Schleier<br />
breitete sich aus, alle wussten, dass Esbjörn nicht zu ersetzen war. Außerdem<br />
wollten sowohl Öström als auch Berglund selbst den geringsten<br />
Hauch des Eindrucks vermeiden, sie würden – wie dies lei<strong>der</strong> allzu<br />
häufig geschieht –, aus dem Tod eines berühmten Zeitgenossen Kapital<br />
schlagen.<br />
»Die Zeit heilt nicht alle Wunden, aber ein paar.« Magnus Öström lächelt<br />
wie<strong>der</strong>, und es wirkt keineswegs so melancholisch o<strong>der</strong> gar traurig wie<br />
damals, son<strong>der</strong>n eher, als wäre <strong>der</strong> 58-jährige Drummer mit sich im<br />
Reinen. Dies liegt auch an dem imposanten Tribute-Projekt, das er und<br />
sein Freund Dan Berglund zusammen mit ehemaligen Weggefährten<br />
Esbjörns wie dem Saxofonisten Magnus Lindgren, dem Gitarristen Ulf<br />
Wakenius, dem Pianisten Joel Lyssarides und dem Trompeter Verneri<br />
Pohjola – samt und son<strong>der</strong>s die Crème <strong>der</strong> schwedischen Jazzszene –<br />
auf die Beine gestellt haben. Damit bekämen sie endlich das Gefühl, <strong>der</strong><br />
Musik Svenssons eine würdevolle Gegenwarts- und Zukunftskomponente<br />
zu verleihen, sagt Öström. »<strong>Das</strong> Ganze ist etwas Beson<strong>der</strong>es, weil<br />
es nicht etwas kopiert, das irgendwann mal funktioniert hat, son<strong>der</strong>n<br />
weil es die Dinge auf eine schlüssige Weise weiterentwickelt.«<br />
14 <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>