Das Magazin der Kölner Philharmonie NR. 4 / 2023
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Wege<br />
und<br />
Welten<br />
Reinoud Van Mechelen und<br />
a nocte temporis zu Gast in Köln<br />
Reinoud Van Mechelen<br />
Kraftvoll und klar ist es, sein hohes C. Doch das ist längst nicht alles.<br />
Klang und Stil, Erhabenheit, Esprit und Eleganz formt er zur kongenialen<br />
Einheit: zur in sich geschlossenen Welt. Für seine rasch wachsende<br />
Fangemeinde ist er längst einer <strong>der</strong> führenden Interpreten <strong>der</strong> Musik<br />
des 17. und 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts. Aber auch jene, die sich mit den Klängen<br />
jener Zeit wenig auskennen, die er erstmals mit Rameaus »Pygmalion«,<br />
dem sakralen Ernst stimmungsvoller Bach-Arien o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Beschwingtheit<br />
des Zauberflöten-Tamino in den Bann zieht, vermag er nachhaltig<br />
zu begeistern. Dies umso mehr, seitdem er sich auf die Spuren <strong>der</strong> großen<br />
Haute-Contres, die mit Inbrunst die Arien sangen, die ihnen Meister<br />
wie Charpentier, Lully und Rameau auf den Leib schrieben, begeben<br />
hat. Doch Reinoud Van Mechelen geht es nicht um schmale Pfade, son<strong>der</strong>n<br />
um große, klare Wege.<br />
Wie es begann? Mit zehn singt <strong>der</strong> 1987 in Löwen geborene Reinoud<br />
Van Mechelen im Kin<strong>der</strong>chor Clari cantuli. Schnell ist ihm klar, wohin<br />
seine Lebensreise gehen wird. Mit 18 nimmt er Gesangsstunden<br />
am Lemmensinstituut seiner Heimatstadt, um nur ein Jahr später sein<br />
Studium am Conservatoire royal in Brüssel aufzunehmen. Dort nimmt<br />
ihn die österreichische Mezzosopranistin Dina Großberger unter ihre<br />
Fittiche. Selbst bühnenerfahrene Solistin, för<strong>der</strong>t sie seinen beson<strong>der</strong>en<br />
Schwerpunkt. 2012 legt er einen Top-Abschluss hin und durchläuft<br />
– ebenfalls unter Begleitung Dina Großbergers – mehrere Meisterklassemodule.<br />
Die Stimmlage des Barocktenors ist ihm auf den Leib<br />
geschrieben. <strong>Das</strong> weiß er, und natürlich hat er längst wichtige Kontakte<br />
geknüpft. Schon 2011 war er William Christies und Paul Agnews<br />
»Jardin des Voix«, einer weltweit renommierten Gesangsakademie<br />
für junge Barocktalente, beigetreten. <strong>Das</strong> ebnet ihm nun den Weg für<br />
Soloauftritte in Christies Les Arts Florissants – einer in punkto historischer<br />
Aufführungspraxis weltweit führenden Barockformation. So fin-<br />
det sich <strong>der</strong> junge Tenor im Rampenlicht großer Bühnen wie<strong>der</strong>, wird<br />
umjubelt, erhält Top-Kritiken, erweitert seinen Radius, singt mit an<strong>der</strong>en<br />
namhaften Ensembles. Gibt 2014 den Evangelisten in Bachs Johannes-<br />
Passion, erhält Opernpartien, mit denen er sein Können wirkungsvoll<br />
in Szene setzen kann – vom Dardanus in Rameaus »Zoroastre« über<br />
den Jason in Marc-Antoine Charpentiers »Médée« bis zum Tamino in<br />
Mozarts »Zauberflöte«. An den Opernhäusern <strong>der</strong> Welt wird er umjubelt,<br />
wo er auftritt: in Bordeaux, in <strong>der</strong> Staatsoper Unter den Linden in Berlin,<br />
im Theater an <strong>der</strong> Wien, im Opernhaus Zürich. 2016 setzt er ein weiteres<br />
wichtiges Zeichen. Er gründet sein eigenes Ensemble: a nocte temporis<br />
wird schnell zum Markenzeichen Alter Musik. Die Magie, die die enge<br />
Verbindung des Ensembles mit seinem Leiter generiert, wird eine <strong>der</strong><br />
wichtigsten künstlerischen Säulen für Reinoud Van Mechelen. Die Konzerte<br />
sind hochgelobt, die CD-Produktionen werden mehrfach ausgezeichnet.<br />
»Die tiefe Verwurzelung in <strong>der</strong> französischen Barockmusik«,<br />
lobt die Kritik, »ist je<strong>der</strong>zeit spürbar.« Sie ist auch Plattform für neue Projekte<br />
– nicht zuletzt auch das dreiteilig angelegte Haute-Contre-Projekt,<br />
das 2019 mit den Partien Louis G. Dumesnys begann und nun mit Arien<br />
von Pierre de Jélyotte, dem Leib-und-Magen-Haute-Contre Rameaus,<br />
fortgesetzt wird. <strong>Das</strong> Spiel auf alten Instrumenten macht es authentisch<br />
und lebendig. Mit einer Balance von Werktreue in Verbindung mit einer<br />
ausgefeilten Klangkultur möchte Reinoud Van Mechelen »die Seele des<br />
Zuhörers direkt erreichen.«<br />
Cyrill Stoletzky<br />
Konzerttermin<br />
Sonntag, 22. Oktober <strong>2023</strong>, 20:00<br />
Reinoud Van Mechelen Tenor<br />
a nocte temporis<br />
<strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong><br />
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