Das Magazin der Kölner Philharmonie NR. 4 / 2023
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Im Fokus<br />
Voller Wun<strong>der</strong><br />
Ein Konzertwochenende mit dem Ensemble Mo<strong>der</strong>n,<br />
George Benjamin und Anna Prohaska<br />
Es gibt so einiges zu feiern an diesem zweiten Septemberwochenende.<br />
Zum einen wäre da <strong>der</strong> Ernst von Siemens Musikpreis. Der wurde in<br />
diesem Jahr dem britischen Komponisten und Orchesterleiter George<br />
Benjamin zuerkannt. Gelegentlich als Nobelpreis <strong>der</strong> Musik apostrophiert,<br />
gilt die Auszeichnung nicht nur ihrer üppigen Dotierung wegen<br />
als eine <strong>der</strong> weltweit bedeutendsten in <strong>der</strong> Musikszene. Und die Ehrung<br />
gebührt einmal mehr einem hochverdienten Laureaten. Benjamin galt<br />
von früh an als Wun<strong>der</strong>kind. Mitte <strong>der</strong> 1970er Jahre zog es den Musikenthusiasten<br />
zum Studium ans Konservatorium nach Paris. Da war er<br />
gerade 15 und fand gleich Aufnahme in die Klasse von Olivier Messiaen,<br />
<strong>der</strong> seinem jüngsten Schüler »ein Talent wie Mozart« bescheinigte. Ein<br />
gewagter Vergleich, aber aus berufenem Mund. Tatsächlich ist Benjamin<br />
selbst den höchsten in ihn gesetzten Erwartungen vollauf gerecht<br />
geworden, als Komponist und Dirigent, und auch als Pianist zählt er zur<br />
Elite.<br />
Dessen Kammersinfonie markiert nicht nur den Übergang von <strong>der</strong> Romantik<br />
zur Mo<strong>der</strong>ne, sie führt auch das spätestens seit Gustav Mahler<br />
aus den Fugen geratene Sinfonieorchester auf kammermusikalische<br />
Prägnanz zurück. Als Komponist einer <strong>der</strong> bedeutendsten Weichensteller<br />
in <strong>der</strong> Musikgeschichte des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts schuf er 1918 mit <strong>der</strong><br />
Gründung des »Vereins für musikalische Privataufführungen« auch eine<br />
Art Prototyp aller heutigen Avantgarde-Formationen. Schönbergs Idee,<br />
»Künstlern und Kunstfreunden eine wirkliche und genaue Kenntnis mo<strong>der</strong>ner<br />
Musik zu verschaffen«, blieb allerdings auf nicht-öffentliche Veranstaltungen<br />
beschränkt, weshalb das Projekt schon nach drei Jahren<br />
In Köln gastiert <strong>der</strong> Brite nun in zwei Konzerten mit dem Ensemble Mo<strong>der</strong>n<br />
bzw. mit dem Ensemble Mo<strong>der</strong>n Orchestra. Und das ist gleich ein<br />
nächster Grund zum Feiern. Ganze 30 Jahre ist es jetzt her, dass <strong>der</strong> Dirigent<br />
ein erstes Mal mit den Neue Musik-Spezialisten aus Frankfurt konzertierte.<br />
Ein folgenreiches Zusammentreffen, in dem man rückblickend<br />
ohne jede Ironie und Übertreibung den Beginn einer wun<strong>der</strong>baren<br />
Freundschaft sehen darf. Eine <strong>der</strong> intensivsten, geradezu symbiotische<br />
und von höchster gegenseitiger Wertschätzung bestimmte künstlerische<br />
Partnerschaft nahm damals ihren Anfang.<br />
Vor einem beson<strong>der</strong>en Jahrestag steht auch Edgard Varèses Ensemblestück<br />
»Octandre«. Vor genau hun<strong>der</strong>t Jahren hat <strong>der</strong> gebürtige Franzose<br />
die Komposition abgeschlossen, mit <strong>der</strong> das zweitägige Gastspiel<br />
einen geradezu programmatischen Auftakt nimmt. Varèses scharf konturierte<br />
Melodik über resoluten Rhythmen, die Expressivität einer emanzipierten<br />
Klanglichkeit jenseits einer konventionellen Handhabung des<br />
Orchesterapparates waren seinerzeit spektakulär und formsprengend.<br />
Auf Grenzgänger und Grenzüberschreiter fokussiert auch die weitere<br />
Programmfolge. Auf Maurice Ravel etwa und seine stilprägenden Impressionismen.<br />
Und natürlich darf hier Arnold Schönberg nicht fehlen.<br />
Anna Prohaska<br />
<strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong><br />
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