Das Magazin der Kölner Philharmonie NR. 4 / 2023
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»Robert Schumanns ›Kin<strong>der</strong>szenen‹<br />
waren für mich immer ein Rätsel.«<br />
Komponist Brice Pauset<br />
über seine Version für Instrumentalensemble<br />
Schumann in neuem<br />
Mit dem Bariton Matthias Goerne hat das Remix Ensemble Casa da Música<br />
einen ausgewiesenen Schumann-Experten dabei<br />
Matthias Goerne<br />
Keine Frage, wenn das Remix Ensemble das Podium betritt, weht ein<br />
frischer Wind durch den traditionellen Konzertbetrieb, können sich<br />
die Ohren des Publikums auf eine überraschend neue Hörerfahrung<br />
einstellen. Seit <strong>der</strong> Gründung im Jahr 2000 hat das portugiesische<br />
Ensemble rund 100 Uraufführungen gespielt, darunter zahlreiche Auftragswerke<br />
von prominenten Komponisten wie Wolfgang Rihm, Pascal<br />
Dusapin, Georg Friedrich Haas o<strong>der</strong> Peter Eötvös, <strong>der</strong> auch als Dirigent<br />
mit dem Remix Ensemble verbunden ist. Von ihrer Heimat Portugal aus<br />
haben sich die Musikerinnen und Musiker längst einen festen Platz in<br />
den internationalen Konzerthäusern und bei Festivals erspielt und sind<br />
regelmäßig zu Gast bei Spezialfestivals für zeitgenössische Musik wie<br />
Wien Mo<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> die berühmten Donaueschinger Musiktage.<br />
Neu, unkonventionell und neugierig, so könnte man die Haltung des<br />
Remix Ensembles bezeichnen, als einen lebendigen Austausch des<br />
mo<strong>der</strong>nen Musikmachens mit <strong>der</strong> klassischen Musiktradition. 2004 hob<br />
das Ensemble die »Kin<strong>der</strong>szenen mit Robert Schumann« in Porto aus <strong>der</strong><br />
Taufe, vom französischen Tonschöpfer Brice Pauset für die unkonventionelle<br />
Besetzung mit Flöte, Oboe, Klarinette, Perkussion, Harfe, Klavier,<br />
Akkordeon, Geige, Bratsche und Cello geschrieben. Von Schumann ursprünglich<br />
für Klavier komponiert, steht das Werk von Brice Pauset für<br />
eben diese lebendige Auseinan<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> Vergangenheit, ein<br />
Weiterdenken des Romantikers Schumann ins 21. Jahrhun<strong>der</strong>t. »Robert<br />
Schumanns ,Kin<strong>der</strong>szenen’ waren für mich immer ein Rätsel«, sagt <strong>der</strong><br />
Komponist über seine Version für Instrumentalensemble. »Wie sollen<br />
die einzelnen Stücke des Zyklus miteinan<strong>der</strong> verknüpft werden? Was ist<br />
mit Schumanns eigenen Tempi zu tun, die manchmal völlig vom Thema<br />
eines Stücks abweichen, wie z. B. bei ,Träumerei’, das, wenn man<br />
so spielt, wie Schumann es verlangt, nicht wirklich Zeit zum Träumen<br />
lässt?« Seine Transkription versteht Brice Pauset dabei als »eine mögliche<br />
persönliche Interpretation eines beson<strong>der</strong>en Monuments aus <strong>der</strong><br />
Hinterlassenschaft <strong>der</strong> europäischen Musikgeschichte«.<br />
Ein weiterer Perspektivwechsel zwischen den Epochen ist eine neue<br />
Komposition Jörg Widmanns nach Schumanns berühmtem Lie<strong>der</strong>zyklus<br />
»Dichterliebe« auf Gedichte von Heinrich Heine aus dem Jahr 1840.<br />
Gemeinsam in Auftrag gegeben von <strong>der</strong> <strong>Kölner</strong> <strong>Philharmonie</strong>, <strong>der</strong> Casa<br />
da Música Porto und <strong>der</strong> Elbphilharmonie Hamburg erlebt das Stück<br />
in Köln seine deutsche Erstaufführung. Wie es schlussendlich klingt,<br />
bleibt dabei eine große Überraschung, denn noch im Frühsommer arbeitete<br />
Jörg Widmann an seiner Komposition, verpasste ihr den letzten<br />
Feinschliff. Für den Vokalpart des Zyklus steht mit Matthias Goerne einer<br />
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