Das Magazin der Kölner Philharmonie NR. 4 / 2023
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Unaufgeregter Überflieger<br />
Der Fagottist Mathis Stier<br />
Freundliche Knopfaugen, kurze Hose, das Handgelenk voller Festivalbändchen<br />
– ein lässiger junger Typ. So sitzt Mathis Stier im Interview<br />
und erzählt mit aufrichtiger Begeisterung von dem, was er am liebsten<br />
tut. Fagott spielen nämlich. Und das schon viele Jahre, nachdem sein<br />
Blockflötenlehrer ihm ein Fagott in die Hand gedrückt hat und damit die<br />
Liebe zu dem tiefen Holzblasinstrument entfachte. Eine Jugend in diversen<br />
renommierten Jugendorchestern läutete die Karriere ein, ohne dass<br />
es sich nach Karriere anfühlte. Der Erfolg hat sich mehr o<strong>der</strong> weniger<br />
angeschlichen. Seit 2016 ist Mathis Stier bereits Solofagottist im WDR<br />
Sinfonieorchester. Als er die Stelle antrat, war er gerade mal 22 Jahre<br />
alt, kam frisch aus <strong>der</strong> Karajan-Akademie <strong>der</strong> Berliner Philharmoniker<br />
und rechnete mit nichts. »Gib dir keine Mühe«, war ein wichtiger Rat seines<br />
Lehrers Eberhard Marschall, bei dem Mathis Stier zuvor in München<br />
studiert hatte. Ganz er selbst zu sein, ohne sich künstlich profilieren zu<br />
wollen – dieser Grundsatz begleitet den Künstler seither bei allen Projekten<br />
und Herausfor<strong>der</strong>ungen – auch am Tag des Probespiels beim WDR<br />
Sinfonieorchester. Da war er sogar krank – und die Stelle trotz allem<br />
zu bekommen, war für Mathis Stier eine doppelt große Überraschung.<br />
Bis heute freut er sich jeden Tag über seine Position und geht auch<br />
nach sieben Jahren immer gerne zum Dienst. Nicht immer sitzt er dann<br />
hinten in einer Reihe mit seinen Holzbläserkolleginnen und -kollegen,<br />
manchmal steht er auch als Solist vor dem Orchester und genießt den<br />
Perspektivwechsel. Mit dem eigenen Orchester aufzutreten ist etwas<br />
ganz Beson<strong>der</strong>es, weil man sich vertraut und er weiß, dass die Kolleginnen<br />
und Kollegen hinter ihm stehen.<br />
Beim ARD-Musikwettbewerb überzeugte er 2019 auch fremde Menschen<br />
von seinem Talent, als er nicht nur mit dem 2. Preis, son<strong>der</strong>n<br />
auch mit dem Publikumspreis ausgezeichnet wurde. Als<br />
»Rising Star” betritt Mathis Stier am 3. September nun die Bühne <strong>der</strong><br />
<strong>Kölner</strong> <strong>Philharmonie</strong> in Begleitung einer Pianistin. In dem vielseitigen<br />
Programm möchte <strong>der</strong> Fagottist die klanglichen Möglichkeiten seines<br />
Instruments präsentieren, das für sein Gefühl immer noch viel zu selten<br />
solistisch im Rampenlicht erscheint. Neben dem ältesten Stück für Fagott,<br />
<strong>der</strong> Sonata sopra »La Monica« für Fagott und Basso continuo von<br />
Philipp F. Boeddecker, stehen auch Werke auf dem Programm, in denen<br />
Mathis Stier mit elektronischen Effekten experimentiert. Die Komposition<br />
von Maria Sigfúsdóttir ist als Auftragswerk für die <strong>Kölner</strong> <strong>Philharmonie</strong>,<br />
Elbphilharmonie & Laeiszhalle Hamburg und European Concert<br />
Hall Organisation entstanden. Die Drei Romanzen op. 22 für Violine und<br />
Klavier von Clara Schumann hat Mathis Stier eigenhändig für sein Instrument<br />
bearbeitet. Der Konzertkalen<strong>der</strong> für die nächste Saison ist prall<br />
gefüllt. Was er in zehn Jahren machen wird, weiß <strong>der</strong> 29-Jährige aber<br />
noch nicht. »Vermutlich immer noch Fagott spielen«, sagt er schmunzelnd.<br />
Denn sollte er jemals etwas an<strong>der</strong>es machen, würde er die Musik<br />
vermutlich viel zu sehr vermissen.<br />
Katherina Knees<br />
Konzerttermin<br />
Sonntag, 3. September <strong>2023</strong>, 16:00<br />
Nominiert von <strong>Kölner</strong> <strong>Philharmonie</strong> und Elbhilharmonie & Laeiszhalle Hamburg<br />
Mathis Stier Fagott<br />
Rie Akamatsu Klavier und Cembalo<br />
Philipp F. Boeddecker Sonata sopra »La Monica« für Fagott und Basso continuo<br />
Paula Matthusen Of an implacable subtraction für Fagott und fixed media<br />
Maria Sigfúsdóttir Neues Werk für Fagott und Elektronik – Uraufführung<br />
Kompositionsauftrag von <strong>Kölner</strong> <strong>Philharmonie</strong> (KölnMusik),<br />
Elbphilharmonie & Laeiszhalle Hamburg und European Concert Hall Organisation<br />
Camille Saint-Saëns Sonate für Fagott und Klavier G-Dur op. 168<br />
Clara Schumann Drei Romanzen op. 22 für Violine und Klavier<br />
Einrichtung für Fagott und Klavier von Mathis Stier<br />
Alain Bernaud Hallucinations für Fagott und Klavier<br />
Heinz Holliger Klaus-ur aus: Drei Stücke für Fagott solo<br />
Daniel Schny<strong>der</strong> Sonate für Fagott und Klavier<br />
Podcast mit Mathis Stier<br />
https://www.koelner-philharmonie.de/de/podcast<br />
<strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong><br />
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