Wein-Boulevard 2009 - Pro Stuttgart eV
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<strong>Wein</strong>-<strong>Boulevard</strong><br />
Die Wiederentdeckung<br />
der<br />
<strong>Wein</strong>bergkräuter<br />
Neue Heimat für alte<br />
Kulturpflanzen<br />
Kräutergarten <strong>Wein</strong>berg<br />
Wie das duftet! Unweigerlich fühlt<br />
man sich in dem einen oder anderen<br />
Wengert – vor allem in so mancher<br />
Steillage an Tauber, Jagst, Kocher,<br />
Neckar oder Enz – an die <strong>Pro</strong>vence<br />
erinnert. Schon immer haben<br />
die Menschen die Wildpflanzen der<br />
<strong>Wein</strong>berge genutzt und auch wärmeliebende<br />
Würzkräuter und andere<br />
Pflanzen in die <strong>Wein</strong>berge eingebracht.<br />
Manche verwilderten und<br />
wurden im Laufe der letzten 1500<br />
Jahre Bestandteil der heimischen<br />
<strong>Wein</strong>bergvegetation. Mit der kulinarischen<br />
Begeisterung der Würt-<br />
temberger steigt wieder das Interesse<br />
an Kräutern und anderen für<br />
die Küche tauglichen Pflanzen. Und<br />
so kann neben einer guten Flasche<br />
<strong>Wein</strong> auch so manches Kräutlein<br />
dafür sorgen, dass das <strong>Wein</strong>erlebnisland<br />
Württemberg auch in der<br />
Küche erfahrbar und schmeckbar<br />
wird. Selbst in rebflurbereinigten<br />
Gebieten gibt es genug Platz – etwa<br />
am Beginn und Ende der Rebzei -<br />
len - um das eine oder andere Kraut<br />
zu pflanzen, das wiederum Lebensgrundlage<br />
für Schmetterlinge,<br />
Wildbienen und andere summende<br />
und brummende Helfer der Wengerter<br />
ist.<br />
Echter<br />
Salbei<br />
Das südliche<br />
Europa und das<br />
östliche Mittelmeergebiet<br />
sind Heimat des Echten Salbeis.<br />
Man nützt die Pflanze seit alters<br />
her nicht nur für Tees und Salbeibonbons,<br />
sondern auch als Würzbeigabe.<br />
Ein trockener heimischer<br />
Lemberger zu mit Salbei gewürztem<br />
Saltimbocca – dem typisch italienischen<br />
Kalbsmedaillon mit<br />
Schinken und Salbeiblättern –<br />
ist ein wahrer Genuss und zugleich<br />
ein internationaler kulinarischer<br />
Dialog.<br />
Während Spitzenköche wie<br />
Vincent Klink, Armin Karrer,<br />
Martin Öchsle und Bernhard<br />
Diers schon vor einigen Jahren<br />
<strong>Wein</strong>raute, Mauerpfeffer und<br />
Wilden Majoran für die Küche<br />
quasi als heimische Exoten wiederentdeckten,<br />
hat es doch einige<br />
Zeit gedauert, bis alte, früher<br />
weit verbreitete <strong>Wein</strong>bergbegleitpflanzen<br />
wieder mehr in<br />
das Blickfeld der Wengerter<br />
rückten. Wer weiß heute noch,<br />
dass die <strong>Wein</strong>raute wegen ihrer<br />
Gerbstoffe dem gärenden Traubenmost<br />
beigefügt wurde? Oder<br />
dass man mit den dunkelrotschwarzen<br />
Früchten<br />
der Kermesbeere<br />
den <strong>Wein</strong> färbte,<br />
womit diese<br />
Pflanze indirekt<br />
als der Vorläufer<br />
des ja ursprünglich<br />
als Deckwein gezüchteten<br />
Dornfelders gelten kann?<br />
Auch wenn wir gerne auf solche<br />
<strong>Wein</strong>e – wie sie unsere Vorfahren<br />
vor 100 Jahren trinken mus -<br />
sten – verzichten und erkennen,<br />
dass die scheinbar so gute alte<br />
Zeit beileibe nicht immer so gut<br />
gewesen sein kann, wie sie in verklärender<br />
Romantik immer noch<br />
beschrieben wird, ist es doch<br />
schade, wenn wir mit den alten<br />
<strong>Wein</strong>bergpflanzen auch ein Stück<br />
Kultur, blumenbunte Natur und<br />
damit Vielfalt in den <strong>Wein</strong>bergen<br />
verlieren. Sicherlich<br />
<strong>Wein</strong>raute<br />
Die in Südeuropa beheimatete<br />
Pflanze kam wohl schon mit<br />
den Römern nach Südwestdeutschland.<br />
Die Blätter hat man<br />
im Mittelalter wegen der Bitterstoffe<br />
einem aus Rot- und Weißwein<br />
bestehenden Würzwein beigegeben.<br />
Noch heute wird in Italien<br />
der Grappa della Ruta mit <strong>Wein</strong>raute<br />
gewürzt. Die<br />
Pflanze ist neben<br />
der Wilden<br />
Möhre für<br />
den Schwalbenschwanz,<br />
der daran sei-