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baby&co 05/2023

BABY&CO ist die Zeitschrift, die junge Familien von der Zeit des Kinderwunsches über die Schwangerschaft bis in die ersten Lebensjahre des Kindes liebevoll begleitet und unterstützt. Eine bewegende Zeit voller Emotionen und neuer Eindrücke! Ob es um die richtige Ernährung und Pflege geht, um Geburtsvorbereitung, das erste Kinderzimmer, die optimale Förderung, um Erziehung oder Kitas: Unsere Leser finden eine große Bandbreite an nützlichen Tipps und Hilfestellungen von Experten für die neue Lebenssituation.

BABY&CO ist die Zeitschrift, die junge Familien von der Zeit des Kinderwunsches über die Schwangerschaft bis in die ersten Lebensjahre des Kindes liebevoll begleitet und unterstützt. Eine bewegende Zeit voller Emotionen und neuer Eindrücke!
Ob es um die richtige Ernährung und Pflege geht, um Geburtsvorbereitung, das erste Kinderzimmer, die optimale Förderung, um Erziehung oder Kitas: Unsere Leser finden eine große Bandbreite an nützlichen Tipps und Hilfestellungen von Experten für die neue Lebenssituation.

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interview<br />

„ÄNGSTE VOR DER GEBURT<br />

SIND GANZ NORMAL“<br />

Dr. Claudia Schumann von der Deutschen<br />

Gesellschaft für psychosomatische<br />

Frauenheilkunde und Geburtshilfe ist Gynäkologin<br />

und Psychotherapeutin<br />

Frauen haben schon Kinder auf die Welt gebracht“ ab.<br />

Das stimmt zwar. Aber eine Geburt bleibt trotzdem eine<br />

existenzielle Erfahrung. Ich betrachte es als wichtige Aufgabe<br />

von Hebammen, Ärztinnen und Ärzten, Ängste nicht<br />

einfach zu beschwichtigen, sondern sie anzusprechen und<br />

konstruktiv bei der Bewältigung zu helfen. Keine Schwangere<br />

sollte das Gefühl haben, es sei nicht richtig, wie sie<br />

empfindet.<br />

BABY&CO: Muss ich mir Sorgen machen, wenn<br />

ich mir die Geburt nicht nur als freudiges Ereignis<br />

vorstelle?<br />

DR. CLAUDIA SCHUMANN: Überhaupt nicht. Eine Geburt<br />

ist eine Grenzerfahrung. Mich würde es eher wundern,<br />

wenn eine Frau gar nicht unruhig ist.<br />

Was genau befürchten Schwangere?<br />

Manche stellen sich vor, dass sie von unerträglichen<br />

Schmerzen überwältigt werden. Andere ängstigt die Vorstellung,<br />

keine Kontrolle mehr über sich und die Situation<br />

zu haben. Oder sie empfinden Scham bei der Vorstellung,<br />

vor anderen Menschen fast nackt und mit gespreizten<br />

Beinen dazuliegen. Auch mögliche Verletzungen, etwa<br />

ein Dammriss, beunruhigen Schwangere. Seltener ist die<br />

Angst, dass das Kind Schaden erleiden könnte. Meist vermischen<br />

und überlagern sich verschiedene Gedanken und<br />

Befürchtungen.<br />

Wie kann ich damit umgehen?<br />

Am besten hilft, diese diffuse Gefühlslage aufzudröseln<br />

und konkret zu klären: Welche Fantasien habe ich? Was<br />

beunruhigt mich am meisten? Mit der Hebamme, beim<br />

Geburtsvorbereitungskurs oder den Vorsorgeterminen<br />

kann ich dann besprechen, was mir in diesen Situationen<br />

jeweils helfen könnte: Für die eine Frau ist das Wissen<br />

um Schmerzmittel beruhigend. Eine andere braucht die<br />

Gewissheit, dass da vertraute Menschen sein werden,<br />

die gut für sie sorgen und das Heft in die Hand nehmen,<br />

wenn sie nicht mehr kann. Manche Schwangere brauchen<br />

ganz viele kompetente Informationen, was in welchen Momenten<br />

geschieht, um das Gefühl von Sicherheit wiederzuerlangen.<br />

Aber auch die Rückmeldung: Es ist völlig in<br />

Ordnung, verunsichert zu sein, löst beklemmende Gefühle<br />

oft schon etwas auf.<br />

Bekommen Schwangere diese Rückmeldung?<br />

Frauen gestatten sich oft selbst nicht, diese Gefühle zu<br />

haben. Sie wiegeln sie mit Gedanken wie „Milliarden von<br />

Wirken sich Ängste auf den Geburtsverlauf aus?<br />

Durchaus! Angst führt zu erhöhter Anspannung und Verspannung<br />

– und das kann den Geburtsverlauf behindern.<br />

Die Geburt kann länger dauern, weil die Frau nicht „loslassen“<br />

kann.<br />

Ab wann sind Ängste problematisch?<br />

Sie gehen über das normale Maß hinaus, wenn eine Frau<br />

von ihren Gefühlen ganz und gar überflutet ist und auf<br />

Angebote, Lösungen zu finden, nicht mehr eingehen kann.<br />

Wie kommt es dazu?<br />

Man schätzt, dass jede vierte bis fünfte Frau im Laufe<br />

ihres Lebens Gewalterfahrungen macht. Ängste vor der<br />

Geburt vermischen sich dann mit Urängsten, die vor viel<br />

längerer Zeit entstanden sind. Aber auch die Vorerfahrung<br />

einer traumatischen Geburt, tagelange Wehen, extreme<br />

Ohnmachtsgefühle oder ein Notkaiserschnitt können dazu<br />

führen. Es ist wichtig, dass Ärzte und Hebammen im<br />

Krankenhaus darüber informiert sind, damit sie darauf<br />

eingehen können.<br />

Tun wir als Gesellschaft genug dafür, dass Schwangere<br />

der Geburt mit guten Gefühlen entgegensehen?<br />

Nein. Ich finde die Entwicklungen der vergangenen Jahre<br />

erschreckend. Viele Frauen haben Hemmungen, ihren Arbeitgeber<br />

über die Schwangerschaft zu informieren. Selten<br />

erleben sie Freude und Unterstützung, viel häufiger kommt<br />

es zu abwertenden Bemerkungen bis hin zu Mobbing. Arbeitgeber<br />

drängen schwangere Frauen etwa dazu, sich<br />

vom Arzt möglichst schnell ein Beschäftigungsverbot ausstellen<br />

zu lassen, damit sie keine schwangerengerechten<br />

Arbeitsplätze einrichten müssen. Statt sie einzubinden und<br />

ihnen Sicherheit zu geben, werden Schwangere aus der<br />

Arbeitswelt gedrängt und alleingelassen. Wir alle sollten es<br />

als unsere Aufgabe betrachten, Schwangeren besonders<br />

viel Aufmerksamkeit und Geborgenheit zu schenken: Eine<br />

Schwangerschaft ist keine Krankheit, aber eine körperlich<br />

und auch seelisch anstrengende Aufgabe!<br />

FOTOS: NENSURIA, ANNA KENNEDY, KATARZYNABIALASIEWICZ, ALEKSANGEL: ISTOCK (4)<br />

10 BABY&CO <strong>05</strong>/<strong>2023</strong>

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