Golf_u_Business_03-2023_web

TITELTHEMA
20
Foto: Henriette Schilling
Trafen sich vor kurzem beim 1. Craig Miller Invitational
ProAm in Herzogenaurach, das Max Kramer (rechts) gewann
und Bernd Ritthammer somit auf Platz zwei verwies.
runde habe ich dann aber versemmelt und
bin 20. geworden. Da saß der Frust schon tief
und meine Energie ging zur Neige. Nach der
Runde war ich trotzdem noch im Fitnessstudio
und habe von dort meinem Coach eine
Voicemail geschickt. Ich habe ihm gesagt,
dass ich meine Karriere beende, wenn ich
mir für das nächste Jahr keine volle Tourkarte
für die DP World Tour erspiele.
Und dann kam noch ein „familiäres Upgrade“
dazu…
Ritthammer: Eine Woche nach dieser Nachricht
an meinen Coach kam ein Anruf von
meiner schwangeren Frau und sie sagte mir,
dass wir Zwillinge bekommen… Zu realisieren,
was da auf uns als Familie zukommt,
hat mich völlig aus der Bahn geworfen. Ich
wusste gar nicht mehr, wo oben und unten
ist und so habe ich auf den Turnieren dann
auch gespielt. Im November 2022 hatte ich
vorerst mein letztes Turnier und wusste
auch schon, dass ich es ziemlich verkackt
hatte. Für 2023 hatte ich dann nur noch
eine ganz schlechte Spielberechtigung für
die Challenge Tour.
Was ging da alles in deinem Kopf vor?
Ritthammer: Auf einmal ging es für mich
um so viel mehr als nur um meine Jahresleistung,
die aber nun mal darüber entscheidet,
welche Möglichkeiten du in der
nächsten Saison bekommst und wo du dann
aufteen darfst. Hast du einen guten Job gemacht,
kannst du tolle und große Turniere
mit viel Preisgeld spielen. Auf einmal hatte
ich aber das Gefühl, dass es egal ist, wie gut
ich jetzt noch spiele. Denn auch wenn ich
supergut bin und eine volle Berechtigung
erspiele – wir bekommen im Winter Zwillinge,
wir werden privat völlig überfordert
sein und dann ist eh alles komplett anders.
Vier Tage vor Weihnachten kamen dann die
Zwillinge auf die Welt…
Ritthammer: In den Wochen danach haben
wir uns natürlich nur darauf konzentriert.
Es war klar, dass ich zu Hause gefordert sein
werde und über Monate erstmal sehr wenig
an das Golfspielen denken würde. Und ich
wollte das zu Hause mit meiner Frau und den
Kindern ja auch unbedingt miterleben.
Andere Profigolfer gehen irgendwann mit ihrer
Familie auf die Tour und engagieren eine Nanny.
Das kommt für dich nicht infrage?
Ritthammer: Ein Leben, in dem ich 25 bis 30
Wochen im Jahr auf Reisen bin, kann ich mir
nicht mehr vorstellen. Und es wie diese ja
meist sehr erfolgreichen Profis zu machen,
das könnte ich mir auf Grund meiner Performance
gar nicht leisten.
Die Geburt war dann auch nicht die letzte einschneidende
Nachricht, die das Jahr für dich
bereithielt…
Ritthammer: Vier Wochen später, Ende Januar
2023, habe ich dann die Diagnose bekommen,
dass ich einen Hirntumor habe.
Der zwar gutartig ist, der aber auch wächst
und langsam bedrohlich groß wurde. Dann
wurde auch noch mein erster OP-Termin am
Tag zuvor für mehrere Wochen verschoben.
Das war ziemlich ätzend.
Wie kam es überhaupt zu dieser Diagnose?
Ritthammer: Es wurde zufällig entdeckt,