BOKU Magazin 4/2023

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DIGTIALSTORM DIDAKTIK „Es geht vor allem darum, die Kreativität und das Engagement der Studierenden zu fördern“ Die Ars docendi 2023-Anerkennungspreisträger Daniel Dörler und Florian Heigl über die Lehre, die Citizen Science unterstützt. Interview: Alexandra Strauss-Sieberth und Verena Vlajo Die BOKU konnte bereits zum dritten Mal ihre exzellente Lehre mit dem Ars docendi Staatspreis 2023 sichtbar machen. Ziel des Staatspreises ist es, die große Bedeutung der Lehre im Wissenschaftssystem zu würdigen und die damit verbundene Qualitätsentwicklung in der Hochschullehre zu unterstützen. Mit der Lehrveranstaltung – Projekt „Citizen Science: Co-Creation in der transdisziplinären Lehre“ überzeugten Dr. Florian Heigl und Dr. Daniel Dörler die Jury in der Kategorie „Forschungsbezogene beziehungsweise kunstgeleitete Lehre“ mit ihrem innovativen Lehr- und Lernkonzept. Gerade in Zeiten der „Wissenschafts-Skeptik“ sind Citizen Science- Projekte, in denen Wissenschaftler*innen gemeinsam mit der Gesellschaft an wissenschaftlichen Themen arbeiten, ein Mehrwert für die universitäre Lehre. Wir möchten mit unseren Lehrveranstaltungen den Einstieg und das schrittweise Heranführen an CS fördern, damit die Studierenden am Ende mit unserem Projekt Citizen Science einen Aha-Effekt erleben. Daniel Dörler Was hat euch motiviert, für den Ars docendi einzureichen? Daniel Dörler: Generell war die Idee, unsere Lehrveranstaltung beim Ars Docendi einzureichen, recht spontan. Wir haben gesehen, dass die Einreichphase gerade geöffnet ist, haben uns angeschaut, welche Lehrveranstaltungen in den letzten Jahren gewonnen haben, und uns gedacht, dass es gar nicht so verschieden ist zu dem, was wir im Projekt Citizen Science anbieten. Und die Möglichkeit, eine Lehrveranstaltung zu Citizen Science (CS) einzureichen, und damit auch CS in der Lehre zu stärken, war dann ein zusätzlicher Ansporn für uns. Florian Heigl: Wir haben kurz gezögert, als wir gelesen haben, dass eine Einreichung nicht direkt erfolgen kann, sondern über die Universitäten und/oder Studierendenvertretungen, doch nach kurzem Kontakt mit euch war die anfängliche Skepsis sehr 48 BOKU Magazin 4 | 2023
schnell verflogen. Durch eure Unterstützung wurde unser Einreichtext viel präziser. Eure Erfahrung hat uns diesbezüglich sehr weitergeholfen. Was war die Idee für die Durchführung dieser experimentellen Lehrveranstaltung? Dörler: Unsere Aufgabe an der BOKU ist es, CS bekannter zu machen und auch Lehre zu CS anzubieten. Dies machen wir nun schon seit 2016 mit mehreren Lehrveranstaltungen. In diesen LVs achten wir immer darauf, dass es möglichst viele interaktive Elemente gibt und die Studierenden durch aktives Mitarbeiten wichtige Aspekte von CS kennenlernen können. Dennoch sind wir zu Beginn immer auf einer theoretischen Ebene geblieben, d.h. die Studierenden haben die theoretischen Grundlagen gelernt, aktive Citizen Science-Projekte kurz ausprobiert oder Präsentationen über CS-Projekte gehalten. Heigl: Die Studierenden kamen immer wieder auf uns zu und wollten auch selbst Citizen Science-Projekte in einer Lehrveranstaltung durchführen. Wir haben sehr lange hin- und herüberlegt, wie man ein solch komplexes Thema in einer LV unterbringen kann, die nach einem Semester wieder endet. Dadurch kamen wir auf die Idee, die LV „Projekt Citizen Science“ zu entwickeln, die diesen Anspruch erfüllen sollte. Die Initiative ging also von den Studierenden aus. Eine Lehrveranstaltung im Team zu konzipieren – was bedeutet das? Dörler: Es bedeutet zuerst einmal sehr viel Offenheit und Spontanität. Eine Vorlesung kann man etwa sehr gut vorbereiten, indem man Folien und Inhalte entsprechend verständlich vor- und aufbereitet. Das geht beim Projekt CS kaum. Wir haben zwar in der ersten Einheit einen Input, der die Basis für die restliche Arbeit im Semester legt, aber die Forschungsideen kommen von den Studierenden. Da ist unser Anspruch auch, dass wir keine Ideen von vornherein ablehnen, sondern dass wir gemeinsam mit den Studierenden diskutieren und auszuloten versuchen, welche Fragen sie sinnvoll bearbeiten können. Das Wichtige ist für uns, dass die Studierenden auch in Kontakt mit außeruniversitären Mitforschenden kommen und erfahren können, wie eine Zusammenarbeit in einem Forschungsprojekt funktionieren kann. Florian Heigl Heigl: Es geht vor allem darum, die Kreativität und das Engagement der Studierenden zu fördern und sie ausprobieren zu lassen. Wichtig ist, dass das gemeinsame Forschen im Projekt CS von uns nicht vorgegeben, sondern lediglich angeleitet wird. Wir möchten den Studierenden den Raum geben, selbst Erfahrungen zu sammeln. Diese Anleitung ist natürlich auch besonders dann wichtig, wenn sie Forschungsfragen wählen, die eine direkte oder indirekte Interaktion mit aktiven Citizen Scientists voraussetzt. Was versteht ihr unter transdisziplinäre Lehre? Dörler: Für mich bedeutet transdisziplinäre Lehre, dass „am lebenden Projekt“ gelehrt wird. Es geht also nicht so sehr um die theoretischen Grundlagen, sondern um die Arbeit in einem laufenden Forschungsprojekt, in dem bereits Bürger*innen mitforschen. Dafür benötigt es viele sogenannte Soft Skills, wie Kommunikation. Heigl: Genau. Das Wichtige ist dabei für uns, dass die Studierenden auch in Kontakt mit außeruniversitären Mitforschenden kommen und erfahren können, wie eine Zusammenarbeit in einem Forschungsprojekt funktionieren kann. Aber nicht nur im Projekt Citizen Science wird Transdisziplinäre Lehre bei uns durchgeführt, auch in Citizen Science in der Ökologie lehren wir gemeinsam mit Lehrenden aus der Statistik, der Geoinformation, den Medienwissenschaften und der Rechtsabteilung. Was ist eure Lehrphilosophie? Dörler: Wir möchten mit unseren Lehrveranstaltungen den Einstieg und das schrittweise Heranführen an CS fördern, damit die Studierenden am Ende mit unserem Projekt Citizen Science einen Aha-Effekt erleben. Sie sollen im „Citizen Science Seminar“ und in „Citizen Science in der Ökologie“ Citizen Science kennenlernen und die grundlegenden Konzepte verstehen und dann im „Projekt Citizen Science“ selbst anwenden und im besten Fall diesen Aha-Effekt erleben. Heigl: Wir möchten vor allem als Begleiter im Lernprozess gesehen werden, die gerne ihre Erfahrung teilen. Wir sehen uns eher nicht als die klassischen Dozenten, die vorne stehen und Fakten vortragen. Am meisten lernen die Studierenden, aus unserer Sicht, wenn sie sich Dinge selbst erarbeiten und neue Methoden ausprobieren dürfen, die sie selber spannend finden. Was bedeutet für euch persönlich gute Lehre? Dörler: Gute Lehre bedeutet für mich, mit dem bereits vorhandenen Wissen der Studierenden zu arbeiten und sie schrittweise an neue Themen heranzuführen. Wenn man es dann schafft, die Lehrveranstaltungsinhalte mit den persönlichen Interessen der Studierenden zu verknüpfen, dann kann Lehre für Lehrende und Lernende eine bereichernde und motivierende Erfahrung sein. Heigl: Dem schließe ich mich an, möchte aber noch hinzufügen, dass gute Lehre sowohl auf Seiten der Lehrenden als auch auf Seiten der Lernenden eine Bereitschaft zur Zusammenarbeit erfordert. Ohne diese Bereitschaft kann gute Lehre nicht funktionieren. W Projekt Roadkill BOKU Magazin 4 | 2023 49
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