Kinder Stärken erleben lassen
GSa165_Feb24_ES
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Praxis: <strong>Kinder</strong> <strong>Stärken</strong> <strong>erleben</strong> <strong>lassen</strong><br />
Häufig werden wir gefragt, was wir<br />
machen, wenn gemeine, negative oder<br />
unpassende Bemerkungen geäußert<br />
werden. Kaum zu glauben, aber die <strong>Kinder</strong><br />
zeigen in diesem Format sehr viel<br />
Einfühlungsvermögen für den anderen/<br />
die andere, auch wenn sie das im Alltag<br />
häufig nicht so schaffen. Deswegen<br />
ist uns die Zeigestunde als besonderer<br />
Rahmen so wichtig: Hier wird in hohem<br />
Maße darauf geachtet, das Positive zu<br />
sehen und ein „Wir werden zusammen<br />
besser“-Gefühl zu erschaffen.<br />
Tipprunde<br />
Zurück zu Mergim: Von dem zurückhaltenden,<br />
eher unsicheren Jungen ist<br />
gerade nichts zu sehen. Endlich war er<br />
einmal nicht Hilfesuchender, sondern<br />
hat anderen etwas beigebracht, sie für<br />
sein Thema begeistert und viele Fragen<br />
beantwortet. Nun ist Mergim auch<br />
emotional bereit, sich der Kritik zu stellen.<br />
Dabei darf er sich einen Tipp bei<br />
einem selbst gewählten Kind abholen.<br />
So erfahren die <strong>Kinder</strong> ohne Bewertung,<br />
was sie noch besser machen können.<br />
Paolo meldet sich und wird von Mergim<br />
für den Tipp aufgerufen: „Du hast<br />
das toll gemacht, aber ich finde, du musst<br />
noch länger und lauter reden. Ich weiß,<br />
du bist aufgeregt, da geht das oft nicht!<br />
Schreibe doch einen Spickzettel, dann<br />
kannst du kucken.”<br />
Mergim nimmt die Anregung dankbar<br />
an und geht stolz auf seinen Platz zurück.<br />
Wir als Lehrkräfte haben nun einen<br />
Anker, den wir ihm anbieten können,<br />
wenn er wieder einmal in einer schwierigen<br />
Situation denkt, er schaffe es nicht.<br />
Win-Win-Situation<br />
auf beiden Seiten<br />
Im schulischen Alltag passiert es immer<br />
wieder, dass der Fokus noch zu oft auf<br />
den Defiziten der <strong>Kinder</strong> liegt, die wir<br />
stets versuchen auszugleichen. Die<br />
Zeigestunde ist für uns Lehrkräfte eine<br />
Chance, jedes Kind in seinen <strong>Stärken</strong><br />
gemeinsam in der Klasse wahrzu-<br />
Ritualisierter, festgelegter Ablauf<br />
als Sicherheit für den Redner*innen:<br />
„Referat“<br />
Applaus<br />
Fragerunde<br />
Lobrunde<br />
Nur ein Tipp zur Weiterarbeit<br />
Applaus<br />
nehmen und lernplankompetenzorientiert<br />
zu fördern – und das ganz ohne<br />
Leistungsdruck. So wird das Format für<br />
alle Beteiligten mit zur schönsten Zeit in<br />
der Woche.<br />
„Da kann man sich auch für andere Sachen<br />
interessieren, die man vielleicht noch<br />
nie gesehen hat, und manches möchte ich<br />
dann auch haben.“ (Magdalena, 8)<br />
„Ich bin immer sehr gespannt, weil man<br />
da viel lernen kann und mit den mitgebrachten<br />
Sachen später mit anderen spielen<br />
kann.“ (Louisa, 8)<br />
„Ich finde es schön, dass ich zeigen<br />
kann, was ich gerne mag.“ (Lukas, 6)<br />
Viola Petersson, Irene Hoppe<br />
Ein Nachdenkprojekt zum<br />
<strong>Kinder</strong>buch „Rigo und Rosa“<br />
Das <strong>Kinder</strong>buch „Rigo und Rosa. 28 Geschichten aus dem Zoo und dem Leben“ 1<br />
wurde von Lorenz Pauli geschrieben und von Kathrin Schärer illustriert und<br />
mehrfach ausgezeichnet.<br />
Darum geht es im Buch<br />
Rigo ist ein Leopard und lebt in einem<br />
Gehege im Zoo, in dem ihm eines Tages<br />
die kleine Maus Rosa begegnet. Diese<br />
sucht bei Rigo – ausgerechnet einem<br />
Leoparden – Schutz, da sie Angst vor<br />
großen Tieren hat. Und tatsächlich verbindet<br />
das gegensätzliche Paar bald<br />
eine tiefe Freundschaft, bei der Rigo<br />
den väterlichen, lebenserfahrenen, weisen<br />
Part und Rosa den kindlichen,<br />
unbekümmerten, lebenslustigen Part<br />
einnimmt. In 28 Geschichten führen<br />
die beiden einen anregenden und kurzweiligen<br />
Gedankenaustausch über zentrale<br />
Fragen des Lebens. Wichtiges wird<br />
oft in wenigen Sätzen auf den Punkt<br />
gebracht. Die Illustrationen von Kathrin<br />
Schärer ergänzen nicht nur den<br />
tiefsinnigen, klugen Text, sondern veranschaulichen<br />
die außergewöhnliche<br />
Beziehung der beiden Figuren auf hinreißende<br />
Weise.<br />
Rigo und Rosa – ein ideales<br />
Vorlesebuch im Unterricht<br />
der Jahrgangsstufen 1–3<br />
Das Buch eignet sich hervorragend als<br />
Vorlesebuch in den Jahrgangsstufen 1 bis<br />
3. Zum Beispiel kann einmal wöchentlich<br />
eine Geschichte vorgelesen werden. Jedes<br />
Kind taucht so über einen längeren Zeitraum<br />
immer wieder in die Gedankenwelt<br />
der beiden Figuren ein und entwickelt<br />
dazu seine eigenen Deutungen.<br />
Nach dem Vorlesen jeder einzelnen<br />
Geschichte und dem Betrachten der Bilder<br />
sollte immer die Gelegenheit zur Anschlusskommunikation<br />
wahrgenommen<br />
werden: Jede der 28 Geschichten ist kognitiv<br />
herausfordernd und regt die <strong>Kinder</strong><br />
dazu an, zum Inhalt Stellung zu nehmen<br />
und eigene Gedanken zum Text zu<br />
entwickeln und mit anderen auszutauschen.<br />
Dabei <strong>erleben</strong> die <strong>Kinder</strong> in der<br />
Anschlusskommunikation die Offenheit<br />
der Deutungsspielräume. Sie lernen ähnliche<br />
und auch ganz andere Deutungen<br />
und Haltungen kennen und diese zu akzeptieren.<br />
So werden die Schülerinnen<br />
und Schüler zunehmend mit dem literarischen<br />
Austausch bzw. dem literarischen<br />
Gespräch vertraut.<br />
GS aktuell 165 • Februar 2024<br />
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