Kinder Stärken erleben lassen
GSa165_Feb24_ES
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Praxis: <strong>Kinder</strong> <strong>Stärken</strong> <strong>erleben</strong> <strong>lassen</strong><br />
32-minütige Einheit<br />
pro Spieler:in<br />
Sieben-gegen-sieben<br />
Drei-gegen-drei<br />
BALLAKTIONEN 50 200<br />
ZWEIKÄMPFE 30 100<br />
TORSCHÜSSE 5 25<br />
Wissenschaftliche Studien zu „Funiño“ (eigene Grafik); (Quelle: DFB)<br />
<strong>Kinder</strong> abseits von Erwartungen der<br />
Erwachsenen entwickeln und wachsen<br />
zu <strong>lassen</strong> und letztlich in ihrer Selbstständigkeit<br />
und Kreativität zu stärken ist das<br />
Ziel eines veränderten Regelwerks. Die<br />
Persönlichkeitsbildung rückt in den Vordergrund.<br />
Selbstständigkeit, Kreativität,<br />
Umgang mit (Miss-)Erfolg, Lernverhalten<br />
und Entscheidungsfindung werden gefördert<br />
und durch eine verringerte Möglichkeit<br />
zur Einflussnahme der Trainer:innen<br />
und Eltern auf das Nötigste minimiert.<br />
Der zuletzt oft angebrachte Kritikpunkt,<br />
dass <strong>Kinder</strong> durch den neuen<br />
Spielmodus nicht mehr lernen, mit Gewinnen<br />
und Verlieren umzugehen, ist<br />
nur unzureichend aufgearbeitet. Im Regelwerk<br />
von „Funiño“ ist der sogenannte<br />
„Champions League Modus“ hinterlegt,<br />
der eine Festivalorganisation so vorsieht,<br />
dass das Siegerteam nach jedem Spiel ein<br />
Feld aufrückt und das Verliererteam ein<br />
Feld zurückrückt. Durch diesen Modus<br />
wird gewährleistet, dass möglichst gleich<br />
starke Spieler:innen und Teams aufeinandertreffen<br />
und das „Gewinnen oder<br />
Verlieren“ eine Berücksichtigung in der<br />
Umsetzung der Festivals findet.<br />
Neben bereits skizzierten persönlichkeitsbildenden<br />
Aspekten sind weitere<br />
sportlich-inhaltliche Pluspunkte des<br />
neuen Spielmodus auszumachen:<br />
● altersgerechte Spielfeldgrößen<br />
(„Felder wachsen mit den <strong>Kinder</strong>n“)<br />
● viel Spielzeit für jedes Kind<br />
Weiterbildungsabend bei Werder Bremen<br />
● viele Ballkontakte für jedes Kind<br />
● viele Erfolgserlebnisse für jedes Kind<br />
gemäß seinen individuellen Fähigkeiten<br />
● viele Aktionen mit und ohne Ball für<br />
jedes Kind<br />
● hohe Aktivität, Bewegungsrate und<br />
Beteiligung eines jeden Kindes<br />
● altersgerechte Herausforderungen<br />
(Torgröße etc.)<br />
● positionsunabhängiges Spielen und<br />
Lernen<br />
Wissenschaftliche Studien der Deutschen<br />
Sporthochschule Köln und Universität<br />
Rostock untermauern diese<br />
Aspekte mit Zahlen.<br />
Nichtsdestotrotz gehen die Meinungen<br />
zu den Reformen im <strong>Kinder</strong>fußball<br />
und dem „Funiño“-Spielmodus weiterhin<br />
auseinander und polarisieren sowohl<br />
bei Trainer:innen, Lehrer:innen als<br />
auch den Eltern und in der Öffentlichkeit<br />
(„Aufgabe des Leistungsanspruchs“).<br />
Die Kritik, dass der Modus beispielsweise<br />
dazu führt, dass keine Torhüter:innen<br />
mehr ausgebildet werden, ist nicht<br />
vollkommen aus der Welt zu schaffen.<br />
Für diesen und weitere Kritikpunkte<br />
(Organisationsaufwand eines Festivals<br />
für Vereine etc.) gilt es letztlich, adäquate<br />
Lösungsansätze zu diskutieren<br />
und zu entwickeln. Ein Ansatz für das<br />
Torhüter:innen-Problem könnte sein,<br />
sogenannte „Mixed-Games“ zu organisieren,<br />
bei denen die Teams sowohl auf<br />
dem „Funiño“-Feld ohne Torhüter:innen<br />
im Drei-gegen-drei als auch parallel im<br />
Vier-gegen-vier plus Torhüter:innen<br />
auf größere Tore antreten und so das gesamte<br />
Team/der Kader parallel auf unterschiedlichen<br />
Feldern zum Einsatz und<br />
zu Spielzeit kommt.<br />
Wichtig ist das Verständnis, dass „Funiño“<br />
nicht die einzige und ausschließliche<br />
Spielform im Trainings- und Spielbetrieb<br />
sein muss, sondern es durchaus<br />
sinnvoll sein kann, diesen kombiniert<br />
(„Mixed-Games“) umzusetzen. Eine<br />
vollständige Nichtberücksichtigung bzw.<br />
Nichtumsetzung macht jedoch sportlichinhaltlich<br />
und entwicklungstechnisch<br />
aus Sicht des Kindes wenig Sinn und<br />
lässt viele Potenziale liegen.<br />
Der SV Werder möchte in seiner Rolle<br />
als einziger Profifußballklub des Bundeslandes<br />
als Impulsgeber wirken, der<br />
durch die Organisation von Weiterbildungsabenden<br />
für Trainer:innen, Lehrer:innen<br />
und Eltern, zusätzlichen Kleinfeld-Festivals<br />
und Schulligaformaten für<br />
die Reform sensibilisiert, Chancen und<br />
Mehrwerte der Reform ausreichend beleuchtet,<br />
Kritikpunkte diskutiert und Lösungsansätze<br />
gemeinsam mit den Beteiligten<br />
ausarbeitet.<br />
Werder versteht sich dabei als Sozialakteur<br />
im Bereich Sport- und Bewegungsförderung,<br />
der im Rahmen seiner<br />
eigenen Kernkompetenz, dem Sport,<br />
versucht, den Aufbau einer möglichst<br />
kindgerechten Bewegungslandschaft so<br />
zu unterstützen, dass möglichst viele<br />
<strong>Kinder</strong> eine Sportbiografie im Fußball,<br />
aber auch in anderen Sportarten schreiben<br />
können!<br />
Werders SPIELRAUM-Konzept bietet<br />
dafür die Basis und verfolgt die Mission,<br />
möglichst vielen <strong>Kinder</strong>n mit und ohne<br />
Beeinträchtigung und/oder Migrationshintergrund<br />
eine Sportbiografie in Bremen<br />
und der Region zu ermöglichen, sie<br />
für Sport und Bewegung nachhaltig zu<br />
begeistern und die Gesellschaft durch<br />
Sport positiv zu verändern. Kurzum:<br />
<strong>Kinder</strong> sollen sich bewegen, in einem<br />
möglichst freudbetonten Umfeld die<br />
Vielseitigkeit des Sports kennenlernen<br />
dürfen – in der Betreuungszeit, in ihrer<br />
Freizeit und in der Ferienzeit. Die angeschobenen<br />
Reformen im <strong>Kinder</strong>fußball<br />
leisten hierfür einen wichtigen Beitrag,<br />
dieser Mission ein Stück näher zu kommen,<br />
dies zeigen nicht zuletzt auch die<br />
jüngsten wissenschaftlichen Studien.<br />
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GS aktuell 165 • Februar 2024