altlandkreis Das Magazin für den westlichen Pfaffenwinkel Ausgabe Mai Juni 2024
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Über die Kinderhilfe in Weilheim-Schongau<br />
Der Ursprung<br />
gelebter Inklusion<br />
Hohenpeißenberg | Weilheim-<br />
Schongau ist in Sachen „Integrative<br />
Einrichtungen“ gut aufgestellt.<br />
„Es gibt in fast allen Landkreisorten<br />
einen oder mehrere integrative<br />
Kindergärten und Horte“,<br />
sagt Hermine Sagmeister. Die<br />
69-jährige Sozialpädagogin aus<br />
Hohenpeißenberg ist seit wenigen<br />
Monaten neue Vorsitzende<br />
des Vereins „Kinderhilfe im Landkreis<br />
Weilheim-Schongau e.V.“<br />
Ein Verein, dem die Region viel zu<br />
verdanken hat. Denn damals, vor<br />
gut 50 Jahren, hat es landkreisweit<br />
keine einzige Einrichtung <strong>für</strong><br />
Kinder mit besonderem Förderbedarf<br />
gegeben. Mit „besonderer<br />
Förderbedarf“ sind körperlich,<br />
geistig oder mehrfach behinderte,<br />
von Behinderung bedrohte<br />
sowie entwicklungsverzögerte<br />
Kinder im Alter bis sechs Jahren<br />
gemeint. Eben jene, die in ihrer<br />
mit wichtigsten Entwicklungsphase<br />
auf professionelle Hilfe von<br />
Fachkräften angewiesen sind. Der<br />
ehemalige Weilheimer Kinderarzt<br />
Dr. Albrecht Schaetz erkannte damals<br />
<strong>den</strong> Bedarf, ergriff Initiative<br />
und gründete mit Gleichgesinnten<br />
1973 die Kinderhilfe im Landkreis<br />
Weilheim-Schongau e.V. Ziel des<br />
Vereins: Kinder mit besonderem<br />
Förderbedarf nicht wie bisher auszusondern,<br />
sondern ganz gezielt<br />
in Gruppen zu betreuen. Da<strong>für</strong><br />
gründete der Verein gleich mehrere<br />
Facheinrichtungen. Zunächst<br />
eine heilpädagogische Tagesstätte<br />
in Polling, gefolgt von heilpädagogischen<br />
Horten in Weilheim und<br />
Etting, obendrein entstan<strong>den</strong> in<br />
Weilheim und Polling eine Frühförderstelle<br />
<strong>für</strong> behinderte und<br />
von Behinderung bedrohte Säuglinge<br />
und Kleinkinder. Kurzum:<br />
Kinder mit besonderem Förderbedarf<br />
sowie deren Eltern waren<br />
plötzlich nicht mehr allein, nicht<br />
mehr die Außenseiter der Gesellschaft<br />
und bekamen professionelle<br />
Unterstützung. Gleichzeitig<br />
wurde über die besonderen Probleme<br />
der Kinder und Jugendlichen<br />
aufgeklärt, was zu mehr Akzeptanz<br />
und Toleranz in der breiten<br />
Masse der Gesellschaft führte.<br />
Insofern war die Initiative der<br />
Kinderhilfe damals ein echter Meilenstein<br />
gewesen, wenngleich das<br />
Konzept dieser heilpädagogischen<br />
Tagesstätten, die ausschließlich <strong>für</strong><br />
Kinder mit besonderem Förderbedarf<br />
vorgesehen waren, nicht<br />
aufging. „Man stellte fest, dass<br />
Gruppen, die ausschließlich aus<br />
behinderten, von Behinderung<br />
bedrohten oder entwicklungsrückständigen<br />
Kindern bestehen, sich<br />
in ihrer Entwicklung mehr blockieren<br />
als gegenseitig befruchten“,<br />
sagt Christine Soder, 62, und zweite<br />
Vorsitzende der Kinderhilfe im<br />
Landkreis Weilheim-Schongau. Es<br />
brauchte damals schlichtweg Zeit<br />
und Erfahrungswerte, um festzustellen,<br />
dass die wesentlich bessere<br />
Entwicklungschance <strong>für</strong> Kinder<br />
mit besonderem Förderbedarf<br />
eine andere ist: So wurde 1984<br />
Hermine Sagmeister (li.) und<br />
Christine Soder hauchen dem<br />
Verein „Kinderhilfe im Landkreis<br />
Weilheim-Schongau e.V.“ wieder<br />
Leben ein.<br />
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