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münchen - Münchner Stadtmuseum

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tragische Note: Die persönlichen Zwecke liegen eben<br />

manchmal mit allgemeineren im Streit. Diese aporetische<br />

Urerfahrung der Moderne, die ihre Wurzeln allerdings<br />

schon in der griechischen Tragik hat, wird in BIR<br />

ZAMANLAR ANADOLU’DA gewissermaßen »inkulturiert«.<br />

Im Weltkino sind es gerade Nationen, die sich in großen<br />

Veränderungsprozessen befinden, die in Autoren<br />

der Beobachtung ihre Chronisten gefunden haben: Jia<br />

Zhangke in China, Cristi Puiu in Rumänien, Nuri Bilge<br />

Ceylan in der Türkei – das sind die prononciertesten<br />

Registrierer. Man könnte sie als Geschichtsschreiber<br />

der Gegenwart begreifen. Sie beobachten das Geschehen,<br />

dessen Zeugen sie sind, mit einem Blick, der die<br />

Gegenwart durchsichtig macht für das, was an ihr essentiell<br />

ist. Dass dieses Essentielle häufig gerade in Details<br />

liegt, die man bei einem weniger fotografisch<br />

strukturierten Blick leicht übersehen könnte, ist eine<br />

Pointe, die Ceylans Werk einen Schein von Unendlichkeit<br />

verleiht. Bert Rebhandl<br />

KOZA – Türkei 1995 – R+B+K: Nuri Bilge Ceylan – D:<br />

Fatma Ceylan, Mehmet Emin Ceylan, Turgut Toprak –<br />

20 min, ohne Dialog – Zwei alte Leute leben in der<br />

Natur. Auf den Fotografien, die zu Beginn zu sehen<br />

sind, sind sie jung und einträchtig, ein Paar, das sich<br />

gemeinsam der Kamera darbietet. In den Szenen, die<br />

darauf folgen, sind sie mit sich allein, aber doch immer<br />

noch aufeinander bezogen. Und diese Bezogenheit ist<br />

das Geheimnis des Films, der immer wieder minutenlang<br />

durch die Wälder streift, zu Musik von Bach oder<br />

des russischen Komponisten Artemjev. – KASABA (DIE<br />

KLEINSTADT) – Türkei 1997 – R+B+K: Nuri Bilge Ceylan,<br />

nach einer Geschichte von Emin Ceylan – D: Mehmet<br />

Emin Toprak, Havva Saglam, Cihat Butun, Mehmet<br />

Emin Ceylan, Fatma Ceylan – 86 min, OmU – Die vier<br />

Jahreszeiten in einem türkischen Dorf, das nur geografisch<br />

fern vom Zentrum liegt: Die Schule, mit der die<br />

Bewegung des Films im Winter beginnt, dient der Integration<br />

in ein Gemeinwesen, das die beiden Kinder vorerst<br />

nur abstrakt begreifen können. KASABA ist eine<br />

politische Pastorale, ein Initiationsritus, der sich am natürlichen<br />

Kreislauf orientiert, diesem aber ein gesellschaftliches<br />

Ziel gibt.<br />

▶ Mittwoch, 5. September 2012, 21.00 Uhr<br />

MAYIS SIKINTISI (BEDRÄNGNIS IM MAI) – Türkei<br />

1999 – R+B+K: Nuri Bilge Ceylan – D: Mehmet Emin<br />

Ceylan, Muzaffer Özdemir, Fatma Ceylan, Mehmet<br />

Emin Toprak – 131 min, OmeU – Eine weitere Geschichte<br />

vom Land: Der Filmemacher Muzaffer, ein<br />

deutliches Alter ego von Ceylan, begibt sich in das Dorf<br />

seiner Herkunft, um dort mit den Menschen vor Ort<br />

einen Film zu machen. Zur Hauptfigur wird sein Vater,<br />

der mit den Behörden einen Kampf gegen die Abholzung<br />

eines Pappelhains führt. Gedreht in derselben Gegend<br />

wie KASABA, ist MAYIS SIKINTISI reich an autobiographischen<br />

Bezügen, die aber auf eine universale<br />

Ebene gehoben werden. Durch die Widmung an Tschechov<br />

(an dessen »Kirschgarten« man hier denken<br />

könnte) und durch die unübersehbaren Anleihen vor<br />

allem beim iranischen Kino stellt Ceylan hier sein Werk<br />

erstmals in einen konkreten ästhetischen Zusammenhang.<br />

Er ist ein Regisseur des Ostens, der aber nicht<br />

orientalisiert.<br />

▶ Mittwoch, 12. September 2012, 21.00 Uhr<br />

UZAK (WEIT) – Türkei 2002 – R+B+K: Nuri Bilge Ceylan<br />

– D: Muzaffer Özdemir, Mehmet Emin Toprak,<br />

Zuhal Gencer Erkaya, Nazan Kirilmis – 110 min, OmU –<br />

Auf eine pessimistische Weise ist UZAK der komischste<br />

Film von Ceylan: Zwei Männer, die sich den beschränkten<br />

Raum einer Wohnung in Istanbul teilen müssen.<br />

Der Fotograf Mahmut ist schon lange in der Stadt, er<br />

hat es geschafft und sich ein Leben geschaffen, während<br />

der jüngere Yusuf sich unter Berufung auf die familiäre<br />

Verbindung bei ihm einquartiert hat und nun seinerseits<br />

in Istanbul nach einem Leben sucht. Ein Film<br />

über misstrauisches Beobachten, über Beschattung<br />

und Erkundung, und über die sexuellen Bedürfnisse<br />

Nuri Bilge Ceylan<br />

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