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münchen - Münchner Stadtmuseum

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in seiner schwarzen Komödie, darin ähnlich selbstbewusst<br />

wie Sitaru und Jude, formal einen neuen Weg,<br />

den der Kombination unterschiedlicher Datenträgerformate,<br />

um die historischen Texturen sprechen zu lassen<br />

– und den des ironischen Zitats von Filmen, die die Gesellschaft<br />

kollektiv einten.<br />

Das emanzipatorische Spiel, in das Achim die VHS-<br />

Technik einbindet, die für die jetzige Garde der jungen<br />

rumänischen Filmemacher in den 1980ern der Königsweg<br />

der Filmrezeption war, erfasst die Neue Welle<br />

selbst. Alexandru Maftei dreht mit HALLO! WIE GEHT’S?<br />

einen Genrefilm, eine romantic comedy zwischen Mittvierzigern,<br />

die der Liebe im Internet verfallen. Anca Damian<br />

dreht mit CRULIC einen abendfüllenden, von<br />

einem tragischen Schicksal inspirierten Animationsfilm,<br />

der sich durch die Mischung von Techniken von den<br />

Fesseln der biographischen Erzählung befreit.<br />

Im Jahr 2000, ein Jahr vor Cristi Puius Debüt KOKS<br />

UND KOHLE, war in Rumänien kein einziger Film entstanden.<br />

Brüche sind konstitutiv für die Filmgeschichte<br />

des Landes. Das Programm wirft auch einen Blick zurück<br />

auf diese Geschichte, wie sie sich nicht nur aus<br />

der Gegenwart in die Zukunft schreibt, sondern auch<br />

erneut zu schreiben ist, aus dem Kinosaal als lebendigem<br />

Archiv einer unterdrückten Vergangenheit heraus.<br />

Nur vier Spielfilme konnte Mircea Saucan zwischen<br />

1960 und 1974, von beispielloser Zensur betroffen,<br />

dre hen. MÄANDER und DER 100 LEI-SCHEIN sind<br />

Meis terwerke, genuin europäische Filme, die das Formbewusstsein<br />

seiner sowjetischen Lehrmeister mit den<br />

Aufbrüchen westeuropäischer Kinematographien verbanden.<br />

Die Kulturpolitik des Landes drängte Saucan<br />

nahezu vollständig aus dem Kino, dem damaligen Leitmedium<br />

der Wirklichkeitswahrnehmung, wie aus dessen<br />

Rezeptionsgeschichte hinaus. Er ist neu zu ent -<br />

decken. Irene Rudolf<br />

Ein Programm im Rahmen der »Rumänischen Kulturtage München«<br />

(5. Oktober bis 2. Dezember 2012), in Kooperation mit<br />

der Gesellschaft zur Förderung der Rumänischen Kultur und<br />

Tradition e.V., Mün chen und dem Centrul National al Cinematografiei,<br />

Bukarest.<br />

CHIPURI (GESICHTER) – Rumänien 2002 – R: Anca<br />

Damian – B: Anca Damian, Laurentiu Damian – 6 min,<br />

OmeU – Sie machen ein Foto. Sie versuchen, eine Sekunde<br />

stillzuhalten. Die Zeit vergeht, das Foto hält eine<br />

Sekunde ihres Lebens fest. Auf dem Friedhof sind die<br />

Fotos Symbole des Totengedenkens. – CRULIC – DRU-<br />

MUL SPRE DINCOLO (DER WEG INS JENSEITS) – Rumänien/Polen<br />

2011 – R+B: Anca Damian – K: Ilija Zogowski<br />

– M: Piotr Dziubek – 73 min, OmeU – Claudiu<br />

Crulic aus Dorohoi ist tot, gestorben 33jährig in Krakau<br />

nach 90tägigem Hungerstreik, mit dem der schuldlos<br />

Inhaftierte das Gefängnis, das Gericht, das Konsulat<br />

zur Prüfung seines Falles bewegen wollte. Der Anima -<br />

tionsfilm von Anca Damian wirbelt alle Techniken seiner<br />

Kunst durcheinander: Aquarell und Realfilm, Fotografie<br />

und Zeichnung, Knetmasse und Computergrafik,<br />

um den Gehalt von Erfahrungen und den Geschmack<br />

von Erinnerungen einzufangen.<br />

▶ Donnerstag, 11. Oktober 2012, 19.00 Uhr (Zu Gast:<br />

Anca Damian)<br />

MEANDRE (MÄANDER) – Rumänien 1967 – R: Mircea<br />

Saucan – B: Horia Lovinescu – K: Gheorghe Viorel<br />

Todan – M: Tiberiu Olah – D: Margareta Pogonat,<br />

Mihai Paladescu, Dan Nutu, Anna Széles – 89 min,<br />

OmeU – Ein Film von geometrischer Schönheit.<br />

Schwarz/Weiß von chromatischer Dichte, extreme Perspektiven,<br />

experimenteller Ton, surreale Motive und<br />

eine Montage von Sensationen, in denen die Vergangenheit<br />

gegenwärtig und zugleich die Gegenwart eine<br />

vergangene ist. Gelu bewundert Petre, den Geliebten<br />

seiner Mutter, und lässt sich von diesem ins Erwachsensein<br />

initiieren, weil »die Wahrheit existiert, die Liebe<br />

existiert, weil dies keine Lügen sind«. Eine Liebe scheitert<br />

am Sicherheitsbedürfnis einer schönen Frau, eine<br />

Karriere an Konformismus und ästhetischem Mittelmaß,<br />

der Beat der 1960er bricht mit kühlem Kalkül in<br />

der Mitte des Films die von den Körpern entfremdeten<br />

Stimmen in den katakombengleichen Behausungen<br />

der stalinistischen Ära auf.<br />

▶ Freitag, 12. Oktober 2012, 21.00 Uhr (Zu Gast: Dan<br />

Nutu)<br />

100 DE LEI (DER 100 LEI-SCHEIN) – Rumänien 1974<br />

– R: Mircea Saucan – B: Horia Lovinescu – K: Gheorghe<br />

Viorel Todan – M: Anatol Vieru – D: Dan Nutu,<br />

Ion Dichiseanu, Ileana Popovici, Violeta Andrei –<br />

95 min, OmeU – Saucans vierter und letzter Spielfilm<br />

nach vierjährigem Arbeitsverbot fällt 1973 in die Zeit<br />

der neostalinistischen Restauration. Dem 1971 ausge-<br />

Rumänien<br />

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