münchen - Münchner Stadtmuseum
münchen - Münchner Stadtmuseum
münchen - Münchner Stadtmuseum
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Henri-Georges Clouzot<br />
82<br />
LE MYSTERE PICASSO<br />
sells wird; LA VERITE (1960) versucht den Zeitgeist der<br />
frühen 1960er Jahre zu erhaschen und schickt Brigitte<br />
Bardot ins Milieu der Pariser Bohème; bei LA PRISON-<br />
NIERE (1968) wendet Clouzot seine Obsessionen (Fetischismus,<br />
Sadomasochismus) bisweilen ins Banale,<br />
doch auch hier gelingen ihm faszinierende Passagen,<br />
wenn er die Wahrnehmungsweise der Op-Art filmisch<br />
zu erforschen versucht.<br />
Clouzot der Pionier: nicht nur bei seinen Suspense-Exzessen,<br />
sogar im Genre der Künstler-Dokumentation.<br />
In LE MYSTERE PICASSO (1956) holt er den exemplarischen<br />
Künstler des 20. Jahrhunderts ins Studio, setzt<br />
ihn vor eine durchscheinende Leinwand und protokolliert<br />
– auch das ein Suspense-Szenario – den schöpferischen<br />
Prozess.<br />
Es gibt Filmemacher, die jede Geste, jedes Bilddetail<br />
perfektionistisch formen wollen und den Zufall als Katastrophe<br />
betrachten: Fritz Lang, Michelangelo Antonioni,<br />
Clouzot. Den Gegensatz dazu markieren Regisseure<br />
wie Roberto Rossellini oder Jean Renoir, die improvisatorisch<br />
arbeiten und den Zufall als Geschenk in die<br />
Szene integrieren. Ein Gegensatz, der sich motivisch<br />
fortsetzt. Für Renoir ist die Umarmung das zentrale<br />
Motiv, für Clouzot das Ausgeschlossensein. Kein Zufall,<br />
dass bei ihm die Eifersucht zum größten Gefühlsdrama<br />
wird. Eifersucht: die Tragödie des ausgeschlossenen<br />
Dritten, der darunter leidet, dass sich die Wirklichkeit<br />
(die Frau) seinem Zugriff immerfort entziehen mag.<br />
Schon bei QUAI DES ORFEVRES drehte sich alles um<br />
Eifersucht, bei L’ENFER (1964) wollte Clouzot das<br />
Thema mit Romy Schneider ganz groß auffächern. Er<br />
erkrankte, das Projekt entglitt seiner Kontrolle und<br />
musste abgebrochen werden. So erzählt auch sein<br />
Œuvre von dem, was seine Filme meisterlich in Szene<br />
setzen: das Drama der scheiternden Ambition, und die<br />
Hoffnung, dass selbst das Scheitern noch als ein Gelingen<br />
gelesen werden kann. Rainer Gansera<br />
L’ASSASSIN HABITE AU 21 (DER MöRDER WOHNT<br />
IN NR. 21) – Frankreich 1942 – R: Henri-Georges<br />
Clouzot – B: Henri-Georges Clouzot, Stanislas-André<br />
Steeman, nach dem Roman von Stanislas-André Steeman<br />
– K: Armand Thirard – M: Maurice Yvain – D:<br />
Pierre Fresnay, Suzy Delair, Jean Tissier, Pierre Larquey,<br />
Noël Roquevert, Louis Florencie – 84 min, OmeU<br />
– Der Mörder hinterlässt seine Visitenkarte an den Tatorten.<br />
Sein Markenzeichen. Die Spur führt in eine Pension,<br />
in der eine Galerie bizarrer, exzentrischer Figuren<br />
logiert. Dort sortiert Pierre Fresnay als gewitzter Kommissar<br />
die Verdächtigen. Clouzots Regiedebüt, das die<br />
klassische Whodunit-Erzählform souverän variiert und<br />
ihr seinen unverwechselbaren persönlichen Stempel<br />
aufprägt: scharfer Blick für das realistische Detail, satirische<br />
Figurenzeichnung, raffinierte Konstruktion von<br />
Krimispannung.<br />
▶ Freitag, 18. Januar 2013, 21.00 Uhr ▶▶ Dienstag,<br />
22. Januar 2013, 18.30 Uhr<br />
LE CORBEAU (DER RABE) – Frankreich 1943 – R:<br />
Henri-Georges Clouzot – B: Louis Chavance, Henri-Georges<br />
Clouzot – K: Nicolas Hayer – M: Tony Aubin – D:<br />
Pierre Fresnay, Ginette Leclerc, Héléna Manson, Pierre<br />
Larquey, Noël Roquevert, Micheline Francey – 92 min,<br />
OmeU – Clouzots legendär »umstrittener« Film, der<br />
nach dem Krieg als »antifranzösische Propaganda« eingestuft<br />
wurde und beinahe seine Karriere ruiniert hätte.<br />
Heute hat sich weitgehend die Sicht durchgesetzt, dass<br />
der Film die Atmosphäre der Kollaboration und Denunziation<br />
im Frankreich der Vichy-Ära »ziemlich genau illustriert«<br />
(Truffaut). In einem Provinzstädtchen tauchen<br />
anonyme Briefe auf, die vorgeben, dunkle Geheimnisse<br />
der Einwohner (Ehebruch, Abtreibung, Korruption) zu<br />
enthüllen und eine giftige Atmosphäre vom Misstrauen<br />
und Hass erzeugen. Pierre Fresnay spielt einen ehebrecherischen<br />
Arzt, der sich auf die detektivische Suche<br />
nach dem hinterhältigen Briefeschreiben begibt.<br />
▶ Samstag, 19. Januar 2013, 21.00 Uhr ▶▶ Mittwoch,<br />
23. Januar 2013, 18.30 Uhr<br />
QUAI DES ORFEVRES (UNTER FALSCHEM VER-<br />
DACHT) – Frankreich 1947 – R: Henri-Georges Clouzot<br />
– B: Henri-Georges Clouzot, Jean Ferry, nach dem<br />
Roman »Légitime Défense« von Stanislas-André Steeman<br />
– K: Armand Thirard – M: Francis López – D:<br />
Louis Jouvet, Simone Renant, Bernard Blier, Suzy Delair,<br />
Pierre Larquey, Claudine Dupuis – 106 min, OmU<br />
– »Du bist nur neidisch auf die Reichen, weil du nicht<br />
weißt, wie man Geld macht!« Die karrieresüchtige<br />
Chansonsängerin Jenny L’Amour (Suzy Delair, Clouzots