münchen - Münchner Stadtmuseum
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Martin Scorsese<br />
18<br />
Martin Scorsese zum 70. Geburtstag<br />
Das Kino als Schmelztiegel<br />
Kein anderer Regisseur scheint derart von der Frei -<br />
gebigkeit des Kinos überzeugt wie Martin Scorsese.<br />
Die Filmgeschichte birgt für ihn Reichtümer, an denen<br />
er sich ausgiebig bedienen kann. Seine prunkende<br />
Ciné philie ist Ernte und Saat zugleich. Er versteht es<br />
wie kein zweiter Überlebender der ruhmreichen Epoche<br />
des New Hollywood, das neu zu erfinden, was er an seinen<br />
Vorbildern bewunderte und das Gelungene noch zu<br />
überbieten. Andere Filmemacher würden gewiss haushälterischer<br />
mit ihren Erzählideen umgehen und sie auf<br />
zwei, drei Filme verteilen. Er hingegen kann verschwen -<br />
derisch sein, denn die Quellen seiner Inspiration werden<br />
nicht so schnell versiegen. Wie viel Disziplin es ihn<br />
kostet, im Schneideraum Entscheidungen zu treffen,<br />
wird nur seine treue Cutterin Thelma Schoonmaker ermessen<br />
können.<br />
Womöglich kann er sich deshalb so gut in die Erlebniswelt<br />
von Gangstern einfühlen, die sich ihrerseits der<br />
Verfügbarkeit der Welt gewiss sind. Er nähert sich<br />
ihnen mit dem Blick eines skeptischen Eingeweihten. In<br />
langen, subjektiven Plansequenzen demonstriert er in<br />
MEAN STREETS und GOODFELLAS, wie sich seine jungen<br />
Protagonisten als Fürsten durch ihr Milieu bewe-<br />
gen, sich im Zentrum eines dichten Netzes aus Er -<br />
gebenheit und Loyalität wähnen. Wie im Rausch flanieren<br />
sie durch eine Welt, die ihnen als ein einziges, verlockend<br />
drapiertes Auslagenfenster erscheint.<br />
Ein gelehriger Meister<br />
Längst ist jeder neue Film von Martin Scorsese ein<br />
Ereignis; nicht nur in den Augen von eingeschworenen<br />
Bewunderern, sondern mittlerweile auch in den Bilanzen<br />
der Studios, für die er arbeitet. Er gilt vielen als der<br />
bedeutendste amerikanische Filmemacher seiner Generation.<br />
Sein Name steht für das große Publikum nicht<br />
mehr im Schatten seiner Hauptdarsteller, denen er in<br />
serieller Monogamie treu geblieben ist – anfangs<br />
Harvey Keitel, dann Robert De Niro und nun Leonardo<br />
DiCaprio –, er ist vielmehr zu einem Markenzeichen<br />
von großer eigener Strahlkraft geworden. Die unerschöpfliche<br />
Virtuosität seines Regiestils fasziniert<br />
selbst die strengsten Kritiker. Er hat jeden Aspekt seines<br />
Mediums reflektiert und beherrscht ihn. Es gibt<br />
keine Szene in seinem Werk, die er nicht durch ungekannte<br />
Kameraperspektiven und Rhythmen dynamisiert<br />
hätte. In seinen Filmen formiert sich der Blick auf das<br />
Vertraute neu.<br />
Martin Scorsese und Michael Ballhaus bei den Dreharbeiten zu THE DEPARTED