münchen - Münchner Stadtmuseum
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Filme – und das ist ihr hervorstechendes Merkmal –<br />
sind in einer besonders nachdrücklichen Weise auf das<br />
Große, Bedeutende, Schöne aus und bar jeglicher wie<br />
beiläufig oder nebenher gezeigten Begebenheiten. Sie<br />
kennen folglich weder Ambivalenz noch gar Widersprüche,<br />
interessieren sich weder für das Alltägliche noch<br />
das Absonderliche. Diese Filme suchen das ›Typische‹<br />
oder genauer: das Typisierte. Riefenstahls Kunstbegriff<br />
ist frei von Ironie und Humor, ihre Werke meiden reflexive<br />
Momente.« (Rainer Rother) Als Perfektionistin arbeitete<br />
Riefenstahl auch über die Premiere hinaus an<br />
ihrem Film. Sie änderte immer wieder Kleinigkeiten und<br />
ließ aus den 400.000 Metern Filmmaterial, die ihre<br />
43 Kameramänner aufgenommen hatten, noch kurze<br />
Sportlehrfilme herstellen. Als OLYMPIA 1958 in der<br />
Bundesrepublik von einem Verleih noch einmal in die<br />
Kinos gebracht wurde, musste sie, um eine Freigabe<br />
der Freiwilligen Selbstkontrolle der deutschen Filmwirtschaft<br />
(FSK) zu erhalten, alle NS-Symbole und den Auftritt<br />
von Adolf Hitler entfernen. 1967 schnitt Riefenstahl<br />
eine neue Fassung der englischen Version des Films,<br />
die anlässlich der Olympischen Sommerspiele 1968 in<br />
Mexiko laufen sollte. In der Bundesrepublik konnte der<br />
Film zu Lebzeiten Leni Riefenstahls nur mit ihrer persönlichen<br />
Genehmigung aufgeführt werden, wobei sie<br />
filmhistorische Einführungen oder Kommentierungen<br />
jedweder Art verbot.<br />
Das International Olympic Committee (IOC) in Lausanne<br />
ist seit Jahren bemüht, die offiziellen Olympia-Filme,<br />
die seit 1924 entstanden, zu restaurieren und zu archivieren.<br />
Die Arbeit an OLYMPIA dauerte vier Jahre.<br />
Da nur noch umgeschnittene Versionen des Films existierten,<br />
wurden Filmmaterialien aus 23 Archiven zusammengetragen,<br />
darunter Teile des originalen Nitro-<br />
Negativmaterials, das Leni Riefenstahl im George Eastman<br />
House in Rochester eingelagert hatte. In mühevoller<br />
Kleinarbeit wurden die Filmkopien Bild für Bild verglichen<br />
und in 4K-Auflösung gescannt. Die Aufführung<br />
im Filmmuseum München ist die erste öffentliche Präsentation<br />
der restaurierten Urfassung und wird von den<br />
Filmrestauratoren Adrian Wood und Robert Jaquier eingeführt.<br />
Begleitend zu ihrem Vortrag über ihre Restaurierungsarbeit<br />
werden zwei weitere Raritäten gezeigt:<br />
Ein von Riefenstahl 1937 produzierter Film über die<br />
Fertigstellung des OLYMPIA-Films, der im Ausland zur<br />
Vorabwerbung eingesetzt wurde, und der offizielle Film<br />
zu den Olympischen Winterspielen 1936 in Garmisch-<br />
Partenkirchen JUGEND DER WELT von Carl Junghans.<br />
Dieser weitgehend in Vergessenheit geratene Film ist<br />
besonders interessant, weil Junghans ähnliche Stilmittel<br />
wie Riefenstahl einsetzte.<br />
Fotos: Lothar Rübelt © International Olympic Committee<br />
Leni Riefenstahl bei den Dreharbeiten zu OLYMPIA<br />
Olympia 1936<br />
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