Kirchen, Religionen, Bioethik - Freie Christengemeinde
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die allgemeinen Regeln für fremdnützige Forschung<br />
zu achten, wenn nicht eigene adulte<br />
Stammzellen verwendet werden. Ansonsten<br />
spricht aus katholischer Sicht prinzipiell<br />
nichts gegen diese Forschung.<br />
Medizinethische Fragenkomplexe<br />
Lebensschutz am Anfang (Schwangerschaftskonflikte)<br />
Da das menschliche Leben nach katholischer<br />
Sicht mit der Empfängnis beginnt, kommt<br />
ihm auch von diesem Zeitpunkt an der uneingeschränkte<br />
Schutz zu. In einer extremen<br />
katholischen Moralansicht – welche jedoch<br />
von einer Vielzahl der Theologen nicht mehr<br />
vertreten wird – kann das werdende Leben<br />
auch nicht gegen jenes der schwangeren Mutter<br />
abgewogen werden; die Konsequenz aus<br />
dieser deontologischen Betrachtungsweise<br />
wäre im Extremfall, dass beide sterben müssten.<br />
Dem gegenüber vertritt heute jedoch<br />
eine Mehrzahl an katholischen Moraltheologen<br />
die Auffassung, dass es im Notfall zulässig<br />
wäre, das Leben der Mutter auf Kosten<br />
des Fötus zu retten.<br />
Abgesehen von derartigen Extremsituationen<br />
– die niemals als Maßstab für eine allgemeine<br />
Regel dienen können – setzt sich die katholische<br />
Kirche vehement für den Lebensschutz<br />
von Anfang an ein. In Österreich wird dieser<br />
Einsatz vor allem durch die so genannte<br />
„Fristenlösung“ (§ 97 StGB) herausgefordert;<br />
die Vertreter der katholischen <strong>Kirchen</strong> sind<br />
sich dabei uneins, wie auf die gesetzliche<br />
Regelung zu reagieren sei: eine kleine Minderheit<br />
würde die Straflosigkeit der Fristenlösung<br />
am liebsten streichen, während der<br />
Großteil der kirchlichen Verantwortllichen<br />
insbesondere jene „flankierenden Maßnahmen“<br />
einfordert, welche der Kirche bei Einführung<br />
der Fristenlösung von politischer Seite<br />
versprochen wurden. Damit sind insbesondere<br />
jene institutionellen Vorkehrungen gemeint,<br />
die eine verpflichtende, unabhängige<br />
und umfassende Beratung der Frauen in Konfliktsituationen<br />
garantieren sowie gesellschaftspolitische<br />
Maßnahmen, welche die<br />
Annahme eines Kindes (u.U. auch eines behinderten)<br />
erleichtern.<br />
Scharf kritisiert wird von katholischer Seite<br />
allgemein die so genannte Indikationenlösung,<br />
insbesondere jene, die eine fristlose<br />
Abtreibung aufgrund einer Behinderung des<br />
Kindes ermöglicht. Die Regelung müsste nach<br />
Kirche, Religione, <strong>Bioethik</strong><br />
Ansicht mancher gänzlich gestrichen werden,<br />
nach Ansicht anderer zumindest eine Fristsetzung<br />
erfahren, nach der die Abtreibung<br />
nicht mehr straflos bleiben dürfte.<br />
Die katholische Kirche selbst versucht mit<br />
Einrichtungen, schwangeren Frauen Aufklärung<br />
und Hilfe zukommen zu lassen.<br />
Werte im Arzt-Patienten-Verhältnis<br />
Zahlreiche katholische Theologen haben sich<br />
in den letzten Jahrzehnten in der Medizinethik<br />
engagiert, so auch in Österreich. Dadurch<br />
ist diese zwar nicht „katholisch“ geworden,<br />
wohl aber von grundlegenden Werten<br />
mit geprägt, welche auch die katholische<br />
Morallehre bejaht. Im Arzt-Patienten-<br />
Verhältnis, das zu den Kernbereichen der<br />
klassischen Medizinethik gehört, sind dabei<br />
insbesondere folgende Werte für die katholische<br />
Morallehre leitend:<br />
Achtung vor der Würde jedes Menschen: Diese<br />
Würde verlangt vom Arzt ein sensibles<br />
Abwägen zwischen der prinzipiellen Autonomie<br />
jedes Individuums und der Fürsorgepflicht,<br />
die jedoch nicht in Paternalismus<br />
abgleiten darf.<br />
Wahrhaftigkeit: Dieser Wert ist für jede<br />
menschliche Kommunikation und Interaktion<br />
wichtig, besonders für die Arzt-Patienten-<br />
Beziehung, die von einem starken Vertrauenverhältnis<br />
geprägt ist. Wahrhaftigkeit bedeutet<br />
jedoch nicht, dass der Arzt dem Patienten<br />
jederzeit (etwa auch ungefragt) alles<br />
mitteilen muss; wenn die Wahrheit unmittelbaren<br />
Schaden anrichten würde, so gilt es,<br />
eine Güterabwägung durchzuführen.<br />
Gewissen: Das Gewissen ist nach katholischer<br />
Moralauffassung die oberste moralische Instanz<br />
jedes Menschen. Daher darf weder Arzt<br />
noch Patient zu einer Handlung gezwungen<br />
werden, welche das eigene Gewissen verletzen<br />
würde.<br />
Fürsorge und Nicht-Schaden: Das Fürsorgeprinzip<br />
ist in der Medizin prägend; es verlangt<br />
die Hilfe des Sachkundigen (Arzt) für<br />
den Schutzbedürftigen (Patienten). Das ärztliche<br />
Ethos ist dabei von der Maxime geprägt,<br />
alles Mögliche zum Wohle des Patienten zu<br />
unternehmen und diesem durch die Behandlung<br />
nicht zu schaden; dies ist insbesondere<br />
auch bei der medizinischen Forschung zu beachten,<br />
vor allem dort, wo diese fremdnützig<br />
erfolgt.<br />
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