Kirchen, Religionen, Bioethik - Freie Christengemeinde
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Medizinethische Fragenkomplexe<br />
Lebensschutz am Anfang (Schwangerschaftskonflikte)<br />
Alle Eingriffe innerhalb der ersten vierzehn<br />
Tage (also auch empfängnisverhütende Mittel)<br />
sind kein Gegenstand kirchlicher Gebote.<br />
Schwangerschaftsabbruch ist grundsätzlich<br />
kein ethisch argumentierbares Grundrecht.<br />
Im Sinne der Güterabwägung können aber im<br />
begründeten Einzelfall auch ethische Argumente<br />
eine Abtreibung tolerierbar erscheinen<br />
lassen. Übliche religiöse Begriffe wie Sünde<br />
und Schuld verbauen jedenfalls zumeist einen<br />
sensiblen und allen Beteiligten gerecht<br />
werdenden Zugang zum Einzelfall und seiner<br />
Bewertung.<br />
Werte im Arzt-Patienten-Verhältnis<br />
Im Arzt-Patienten-Verhältnis ist das gegenseitige<br />
Vertrauen eine Grundvoraussetzung. Der<br />
Arzt hat sich dieses Vertrauen durch seine<br />
ständige medizinische und ethische Weiterbildung<br />
zu erarbeiten. Er muss sich immer<br />
darüber im Klaren sein, dass er nicht an Stelle<br />
des (mündigen) Patienten entscheidet,<br />
sondern diesem als Ratgeber zur Seite steht.<br />
Bevormundungen oder Desinformation sind<br />
kontraproduktiv.<br />
Ebenso darf der Patient die begründete Meinung<br />
des Arztes nicht unbeachtet lassen,<br />
sondern muss sich mit dieser Meinung und<br />
allfälligen Behandlungsalternativen verantwortungsvoll<br />
auseinandersetzen.<br />
Lebensschutz am Ende (Euthanasiedebatte)<br />
Grundsätzlich ist der volle und ungebrochene<br />
Wille des einzelnen Betroffenen Richtschnur<br />
allen Handelns. Aktive Euthanasie wird<br />
grundsätzlich abgelehnt. Sehr wohl aber sind<br />
Schmerztherapien auch dann zu begrüßen,<br />
wenn sie lebensverkürzende Nebenwirkungen<br />
haben. Dem Ausbau der Palliativmedizin ist<br />
oberste Priorität einzuräumen.<br />
Positionen der Kirche zur staatlichen<br />
Bio- und Gesundheitspolitik<br />
Die altkatholische Kirche äußert gegenüber<br />
der staatlichen Bio- und Gesundheitspolitik<br />
insbesondere folgende Wünsche:<br />
� Mehr Mittel für präventive Gesundheitsund<br />
Vorsorgemaßnahmen<br />
Kirche, Religione, <strong>Bioethik</strong><br />
� Bessere Unterstützung der Heimpflege im<br />
steuerlichen und direkt bezuschussten<br />
Bereich<br />
� Mehr Kompetenz an Ethikkommissionen<br />
� Bessere Ausbildung der Mediziner im ethischen<br />
Bereich<br />
� Schaffung eines gesamtgesellschaftlichen<br />
Konsenses durch Beteiligung aller gesellschaftlich<br />
relevanten Gruppen und <strong>Kirchen</strong><br />
am Dialog und an der Entscheidungsfindung<br />
� Aktivere Information der Bevölkerung<br />
� Massiver Ausbau der Palliativmedizin und<br />
Unterstützung der Hospize<br />
� Einbringung österreichischer Positionen in<br />
der EU<br />
� Anerkennung des Prinzips, dass nicht das<br />
wissenschaftlich Machbare zum Maßstab<br />
des gesellschaftlich Erlaubten werden<br />
darf<br />
� Markieren von weitgesteckten, aber klaren<br />
Grenzen der wissenschaftlichen Forschung<br />
Charakterisierung der Positionen<br />
aus ethischer Sicht<br />
Die Positionen der altkatholischen Kirche<br />
Österreichs zu bio- und medizinethischen<br />
Fragenkomplexen sind differenziert und argumentieren<br />
mit Hilfe der für die aufgeklärte<br />
Ethik charakteristischen Vernunft. Gleichwohl<br />
haben sie starke religiösoffenbarungstheologische<br />
Wurzeln, die insbesondere<br />
im konkreten mit- und zwischenmenschlichen<br />
Umgang sichtbar werden. Die<br />
altkatholische Kirche zeichnet sich konsequenterweise<br />
– obwohl sie zahlenmäßig nicht<br />
zu den großen <strong>Kirchen</strong> gehört – durch ihre<br />
diakonische Größe aus (vgl. insbesondere den<br />
Einsatz im Hospizbereich). Wie auch andere<br />
reformatorische <strong>Kirchen</strong> hat die ethische<br />
Güterabwägung einen hohen Stellenwert in<br />
der Entscheidungsfindung; sie ist gut begründet,<br />
unterscheidet sich jedoch in ihrer Anwendung<br />
auf die Lebensfrage (z.B. Stammzellenforschung)<br />
von Positionen anderer<br />
Glaubensgemeinschaften, insbesondere der<br />
römisch-katholischen Kirche.<br />
Die konkreten Wünsche der Kirche an die<br />
staatliche Bio- und Gesundheitspolitik zeugen<br />
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