Kirchen, Religionen, Bioethik - Freie Christengemeinde
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Christengemeinschaft<br />
Eine entscheidende Rolle für die Begründung<br />
der Christengemeinschaft spielte der protestantische<br />
Prediger Friedrich Rittelmeyer<br />
(1872–1938), der später ihr erster „Erzoberlenker“<br />
wurde. Er beschäftigte sich mit der<br />
Frage, wie eine Erneuerung der Kirche von<br />
innen heraus erreicht werden könne; sein<br />
Ziel war eine „neue Reformation“. Als er<br />
Rudolf Steiner (1861–1925), dem Begründer<br />
der Anthroposophie, 1911 begegnete, fühlte<br />
er sich durch ihn angeregt und ermutigt, den<br />
Weg konsequent weiter zu gehen. So kam es<br />
in den Zwanzigerjahren des 20. Jh zur Gründung<br />
einer eigenen Kirche, der Christengemeinschaft,<br />
die wesentlich vom Gedankengut<br />
Steiners geprägt war.<br />
Die Christengemeinschaft kennt keine irgendwie<br />
geartete Festlegung auf eine Lehre.<br />
Sie bemüht sich, auf die Inhalte der Evangelien<br />
des Neuen Testaments, überhaupt der<br />
Bibel, einzugehen. Sie versteht Gott als eine<br />
Wirklichkeit und sieht in der Tat von Jesus<br />
Christus eine Welt und Mensch verwandelnde<br />
Realität. Dem Mensch schreibt sie auf diesem<br />
Feld ein wachsendes Erkenntnisvermögen zu,<br />
das durch Predigt, Gespräch und Vortrag<br />
gefördert werden soll.<br />
Gebet und Meditation werden als Verbindungsmittel<br />
zu Gott. Es wird von einer pränatalen<br />
Existenz (vor der Empfängnis) und einer<br />
Wiederverkörperung (Reinkarnation) nach<br />
dem Tod ausgegangen. Der Kultus wird vor<br />
allem durch die Feier von sieben Sakramenten<br />
(Taufe, Konfirmation, Messe, Beichte,<br />
Trauung, Priesterweihe, Heilige Ölung) vollzogen.<br />
Die Christengemeinschaft versteht sich neben<br />
einer Bewegung für religiöse Erneuerung,<br />
Verkündigung des Christentums, Vollzug der<br />
erneuerten Sakramente, Pflege der religiösen<br />
Gemeinschaft und Seelsorge auch als Gemeinschaft<br />
mit karitativem Wirken.<br />
Die Christengemeinschaft ist seit 11. Juli<br />
1998 staatlich eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaft<br />
gemäß BekGG. 12<br />
12 Der Christengemeinschaft, insbesondere der Priesterin<br />
Ute König, sei für die Bemühungen herzlich gedankt.<br />
Kirche, Religione, <strong>Bioethik</strong><br />
Positionen der Glaubensgemeinschaft<br />
zu Fragen der Bio- und Medizinethik<br />
Die Christengemeinschaft verweist in den<br />
vom vorliegenden Projekt angesprochenen<br />
Fragen auf das Dilemma, dass diese in ihrer<br />
Religionsgemeinschaft nicht durch Ethiknormen<br />
bzw. allgemein gültige Positionen, oder<br />
von dafür bestimmten Autoritäten ausgearbeitet<br />
und sodann festgelegt werden.<br />
Die Fragen der Bio- und Medizinethik, die<br />
sich in den Grenzbereichen des Lebens abspielen,<br />
fordern jeden einzelnen Menschen<br />
dazu auf, seine individuelle Haltung dazu zu<br />
finden. Die Christengemeinschaft ist daher<br />
der Auffassung, dass eine Religions- oder andere<br />
gesellschaftliche Gemeinschaft nicht für<br />
den Einzelnen Position beziehen kann, ohne<br />
dass seine Freiheit (die gleichwohl nicht als<br />
Willkür verstanden wird) angetastet wird.<br />
Es ist das Individuum, das erst in der ganz<br />
konkreten Lebenssituation (z.B. in der Frage<br />
des Schwangerschaftsabbruchs oder in der<br />
Frage der In-vitro-Fertilisation) vor das Problem<br />
gestellt ist, welche Konsequenzen sein<br />
Handeln hat, wenn der Mensch sich für oder<br />
gegen das eine oder das andere entscheidet.<br />
Die Tatsache der Möglichkeiten in der modernen<br />
Biomedizin stellen den Menschen<br />
vermehrt vor solche Fragen und Entscheidungssituationen,<br />
so dass auch die Frage<br />
nach der Verantwortung sehr real wird.<br />
Anders als in der Vergangenheit – in der übergreifende<br />
gesellschaftliche Normen<br />
selbstverständlich waren – zeigt sich, dass es<br />
für das richtige oder falsche Verhalten keine<br />
äußeren Normen mehr gibt und damit auch<br />
nicht mehr die Instanz, die dem Menschen<br />
die Verantwortung für sich selbst bzw. für<br />
sein Handeln abnehmen könnte.<br />
Charakterisierung aus ethischer<br />
Sicht<br />
In der Position der Christengemeinschaft<br />
spiegelt sich zum einen die für Freikirchen<br />
typische Konzentration auf die Kirche vor Ort<br />
wider, zum anderen auch die Konzentration<br />
auf das Individuum, das in den Handlungen<br />
seines Lebens vor der persönlichen Verantwortung<br />
vor Gott steht.<br />
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