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Kirchen, Religionen, Bioethik - Freie Christengemeinde

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heißt und realistische Möglichkeiten überzieht.<br />

Dem gegenüber gilt es, die natürlichen<br />

Grenzen des menschlichen Lebens, des<br />

menschlichen Körpers und seines Geistes anzuerkennen.<br />

Krankheit ist etwa Nicht-Sein-Sollendes, dem<br />

mit Hilfe der medizinischen Kunst entgegen<br />

getreten werden soll. Durch nicht bloß die<br />

medizinische Wissenschaft kann in der<br />

Krankheit helfen, diese verlangt vielmehr<br />

eine ganzheitliche Betreuung des Menschen,<br />

wozu auch die seelische Dimension zählt;<br />

insofern ist aus katholischer Sicht eine institutionalisierte<br />

Krankenhausseelsorge sehr zu<br />

begrüßen. Bei der Krankenbehandlung wird<br />

immer wieder betont, dass der Arzt nicht<br />

heilen kann, sondern nur den Heilungsprozess<br />

unterstützen kann.<br />

Gesundheit und Krankheit werden als integrale<br />

Bestandteile des menschlichen Lebens<br />

aufgefasst; gerade auch Krankheit gehört<br />

dazu: semantisch äußert sich dies etwa darin,<br />

nicht nur „ein Kranker“ zu sagen, sondern<br />

„ein Mensch mit seiner Krankheit“. Ohne die<br />

prinzipielle Akzeptanz von Krankheit im<br />

menschlichen Leben kommt es nämlich vor<br />

allem gegen Ende des Lebens zu einer Ausgrenzung<br />

der kranken Menschen aus der Gesellschaft.<br />

Freiheit und Verantwortung<br />

Der Mensch besitzt einen freien Willen, der<br />

ihn dazu befähigt, sich zu entscheiden. Diese<br />

Entscheidung wird oftmals zwischen Gut und<br />

Böse stattfinden müssen. Für alle Entscheidungen,<br />

die der Mensch in Freiheit trifft,<br />

kommt ihm nach katholischer Lehre eine<br />

Verantwortlichkeit zu: Er ist zu allererst verantwortlich<br />

gegenüber sich selbst (Gewissen),<br />

sodann gegenüber seinen Mitmenschen<br />

und in Synthese dieser beiden auch gegenüber<br />

Gott.<br />

Die Verantwortungslast, die auf dem modernen<br />

Menschen lastet, wird als überaus groß<br />

empfunden. Die katholische Morallehre will<br />

ihm daher dabei helfen, eine Orientierung in<br />

den endlosen Möglichkeiten seiner Entscheidungsfreiheit<br />

zu finden. Gerade im Bio- und<br />

Medizinbereich wird die moralische Überforderung<br />

des Einzelnen überdeutlich.<br />

Immer wieder weist die katholische Kirche in<br />

ihren Dokumenten darauf hin, dass ein Mehr<br />

an (technischen) Möglichkeiten auch ein<br />

mehr an Verantwortung bedingt. So mahnt<br />

Kirche, Religione, <strong>Bioethik</strong><br />

sie insbesondere von den Entscheidungsträgern<br />

in der Forschungs- und Gesundheitspolitik,<br />

aber auch von den Wissenschaftern<br />

selbst, eine moralisch verantwortungsvolle<br />

Haltung ein. Die Strategie, die die katholische<br />

Moralphilosophie dabei wählt, ist eine<br />

primär individualethische: Es wird an das<br />

Gewissen des Einzelnen appelliert.<br />

Bioethische Fragenkomplexe<br />

Beginn des menschlichen Lebens<br />

Das menschliche Leben beginnt nach katholischer<br />

Lehre ganz klar mit Verschmelzung von<br />

Ei- und Samenzelle (Empfängnis). Dies war in<br />

den vergangenen Jahrhunderten, bedingt<br />

durch mangelnde naturwissenschaftliche Erkenntnisse,<br />

nicht immer so, zeigt aber, dass<br />

auch die katholische Morallehre in der Lage<br />

ist, zusätzliche empirische Erkenntnisse in<br />

ihre Systematik zu integrieren.<br />

Die Annahme des Beginns menschlichen Lebens<br />

mit der Empfängnis bedeutet in erster<br />

Linie, dass auch dem werdenden Leben<br />

(Embryo, Fötus) uneingeschränkte Würde<br />

zukommt. Alle relativistischen und utilitaristischen<br />

Überlegungen werden von der katholischen<br />

Kirche strikt zurückgewiesen. Die<br />

Würde muss geschützt werden, weshalb die<br />

katholische Kirche für einen umfassenden<br />

und strengen Embryonenschutz eintritt. Aus<br />

philosophischer Sicht kommt nach Auffassung<br />

der katholischen Morallehre schon dem Embryo<br />

menschliche Würde zu, weil damit ein<br />

Prozess gestartet wurde, der in Folge in der<br />

Regel zu einem Kind, einem Erwachsenen und<br />

einem alten Menschen führt – die menschliche<br />

Entwicklung wird als Kontinuum verstanden,<br />

das an keiner Stelle abgebrochen werden<br />

darf.<br />

Probleme rund um die In-vitro-Fertilisation<br />

Die IVF stellt für die katholische Kirche insbesondere<br />

deshalb ein Problem dar, weil an<br />

ihrem Rand verschiedene moralische Probleme<br />

aufgeworfen werden: Erstens stellt sich<br />

die Frage, was mit den bei der IVF überzähligen<br />

Embryonen geschehen soll; sie dürfen<br />

weder weggeworfen (vernichtet) noch zu<br />

Forschungszwecken verwendet werden, weil<br />

beides eine Verletzung der menschlichen<br />

Würde wäre, die ja auch schon dem Embryo<br />

zukommt. Zweitens ist mit der IVF oftmals<br />

eine Mehrlingsschwangerschaft verbunden,<br />

die die Frau (bzw. das Paar) vor zusätzliche<br />

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